Am Donnerstag, 15. Mai, griff Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung als Präsident des Deutschen Städtetages zu deutlichen Worten. Am selben Tag hatte der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil die aktuelle Steuerschätzung für Deutschland vorgestellt. Und die verheißt für die Kommunen nichts Gutes. „Die Steuerschätzung ist höchst alarmierend und bestätigt eine katastrophale kommunale Finanzlage. Sie verdeutlicht zudem: Deutschland wird die Probleme der öffentlichen Haushalte auf absehbare Zeit nicht durch Wirtschaftswachstum lösen können“, sagte Jung.
Und: „Die Kommunen, deren Haushalte zum Großteil durch gesetzliche Vorgaben fremdbestimmt sind, benötigen neben mehr Finanzmitteln von Bund und Ländern auch endlich mehr Beinfreiheit und Entscheidungsspielräume.“
Strukturell unterfinanziert
Der Arbeitskreis Steuerschätzung prognostiziert für die Städte und Gemeinden eine Steigerung ihrer Steuereinnahmen im Jahr 2025 um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für den Bund werden Einnahmesteigerungen von 3,8 Prozent erwartet, für die Länder von 3,2 Prozent.
Die Gewerbesteuer ist die wichtigste eigene Steuer der Städte. Ihr Gesamtaufkommen wird 2025 voraussichtlich bei 74,7 Milliarden Euro liegen. Dies ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr von -0,8 Prozent.
Im Jahr 2026 liegt das Aufkommen der Gewerbesteuer voraussichtlich bei 78,7 Milliarden Euro.
Im Vergleich zur Steuerschätzung vom Oktober 2024 wurden für das Jahr 2025 die Einnahmeerwartungen der Städte und Gemeinden um 3,5 Milliarden Euro nach unten korrigiert. Für die Folgejahre wurden die Einnahmeerwartungen jeweils um circa 6 Milliarden Euro nach unten korrigiert.
Vor allem beim Blick auf die mittelfristige Entwicklung der Steuereinnahmen zeige sich, dass besonders die Kommunen strukturell unterfinanziert sind, schätzt der Deutsche Städtetag ein, denn die Sozialausgaben steigen ungebremst, während gleichzeitig die Steuereinnahmen unter Berücksichtigung der Inflation nahezu auf der Stelle verharren. Dadurch können Städte immer weniger in die notwendige Infrastruktur investieren.
Hoffnung auf das Sondervermögen
„Das neue Sondervermögen verhindert hoffentlich, dass die kommunalen Investitionen im Zuge der Haushaltskrise nicht zu stark einbrechen“, so Jung in seiner Wortmeldung. „Aber das reicht nicht. Bund und Länder müssen die Kommunen deshalb schnellstmöglich nachhaltig und langfristig stärken. Dafür müssen wir uns in Deutschland an wirksame Reformen machen, die den Ausgabenzuwachs der Kommunen bei den Sozialausgaben begrenzen. Wir brauchen dafür ein neues Miteinander von Bund, Ländern und Kommunen und ein gemeinsam vereinbartes Verständnis für Aufgaben und wer dafür verantwortlich ist. Es gilt, die knappen vorhandenen Mittel auf den einzelnen Eben wirkungsvoller einzusetzen. Solange die kommunalen Haushalte der Städte durch Gesetze und Standards weitgehend fremdbestimmt sind, können die Kommunen selbst nur kleinere Konsolidierungsbeiträge erbringen.“
Und das betrifft eben auch die Kommunen in Sachsen, die ebenso finanziell längst mit dem Rücken zur Wand stehen. Dafür gab es dann am Donnerstag auch gleich mal warme Worte aus der Regierungskoalition.
Ohne neue Schulden geht es nicht mehr
„Die Steuerschätzung des Bundes ist niedriger als erwartet. Sie bringt keine Entspannung für unseren Haushalt – im Gegenteil. Für unsere Städte, Gemeinden und Landkreise ist die Lage besonders ernst, die Gewerbesteuereinnahmen brechen ein“, meldete sich SPD-Fraktionsvorsitzende Henning Homann zu Wort.
„Der Freistaat muss jetzt dabei helfen, die akuten Mehrbelastungen der Kommunen zu vermeiden. Darüber sind wir uns in der Koalition einig. Wir lassen unsere Kommunen nicht im Regen stehen!
Die Steuerschätzung gibt uns für die kommenden Jahre einen klaren Auftrag: Wir müssen alles dafür tun, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Dafür muss Sachsen massiv in die Zukunft investieren. Genau deswegen setzen wir in der Perspektive auf den Sachsenfonds, der auch für die Kommunen geöffnet wird. Die Steuerschätzung bestätigt zudem, dass wir in dieser Legislatur nicht auf neue Kredite verzichten können. Da stehen wir klar an der Seite der Kommunen.
Am wichtigsten ist jetzt aber Planungssicherheit. Alle demokratischen Fraktionen im Landtag sind in der Verantwortung, den Haushalt in einem gemeinsamen Kraftakt vor der Sommerpause zu beschließen.“
Angespannte Finanzlage
Und ganz ähnlich klang das auch in der Wortmeldung des Vorsitzenden der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages, Christian Hartmann: „Die heute vom Bundesfinanzminister veröffentlichte Steuerschätzung zeigt, wie angespannt und unsicher die Finanzlage der öffentlichen Haushalte ist. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind nach wie vor schlecht. Das wirkt sich besonders negativ auf die Gewerbesteuereinnahmen und damit direkt auf die Kommunen aus.
Die schwierige Situation der Kommunen nehmen wir ernst. Die konkreten Auswirkungen im kommunalen Finanzausgleich werden wir uns in den kommenden Tagen genau anschauen und verantwortungsvoll im Sinne unserer Kommunen reagieren. Es gilt weitere Belastungen der Gemeinden, Städte und Landkreise zu vermeiden. Das erwarten wir auch von allen anderen Fraktionen im Landtag.“
Das Steuersystem ist unfair und dysfunktional
Aber in Wirklichkeit hat die Regierungskoalition überhaupt kein Rezept, wie sie die Finanzierungsklemme lösen soll. Denn, so Hartmann: „Das strukturelle Defizit von 4 Milliarden Euro für Sachsens aktuellen Doppelhaushalt macht eine konsequente Konsolidierung notwendig. Jetzt gilt es umso dringlicher, dass wir klare Prioritäten setzen. Als CDU-Fraktion stehen wir für einen Haushalt ohne neue Schulden. Eine generationengerechte und nachhaltige Haushaltspolitik bleibt unser Grundsatz.“
Konsolidierung aber bedeutet nichts anderes, als was jetzt im Haushaltsentwurf für 2025/2026 schon ablesbar ist: Kürzungen an allen mögliche Enden und Ecken.
Und es ist kein Zufall, dass die Finanzprobleme jetzt geballt auf allen drei Ebenen zugleich auftreten – im Bund, in den Ländern und bei den Kommunen. Das hat nicht nur mit der Schuldenbremse zu tun (die auch Sachsen in besonders verschärfter Form in seine Verfassung geschrieben hat), sondern mit einem dysfunktionalen Steuersystem, das vor allem Arbeit besonders stark besteuert, während Spitzeneinkommen und Vermögen in großem Maß verschont werden.
Lars Klingleil möchte zwar die Schuldenbremse reformieren. Aber das bringt nicht mehr Geld in die Kassen. Solange das ungerechte Steuersystem nicht reformiert wird, wird sich die Finanzlage in Deutschland nicht verbessern, sondern weiter verschärfen.