Berlin – Schon wieder wird ein Berliner Polizist angegriffen und schwer verletzt. Diesmal direkt vor einer Polizeiwache. Nur wenige Stunden später kommt der Tatverdächtige wieder auf freien Fuß.

Gegen 22 Uhr am Freitagabend eskaliert die Situation vor dem Abschnitt 55 in Berlin-Neukölln: Ein 28-jähriger Deutscher will offenbar dort eine Anzeige aufgeben. Weil ihm alles zu lange dauert, rastet der Mann aus. Er trägt ein Messer bei sich, verlässt die Wache und beschädigt direkt davor ein Einsatzfahrzeug der Polizei.

Dennoch: Nach aktuellem Stand verletzte er den Polizisten nicht mit Absicht. Die Staatsanwaltschaft erklärt am Morgen, dass der 28-Jährige nicht gezielt auf den 31-jährigen Polizeikommissar eingestochen habe – anders als zunächst berichtet, auch von BILD.

Zu der Attacke kam es vor der Wache in Berlin-Neukölln

Zu der Attacke kam es vor der Wache in Berlin-Neukölln

Foto: Olaf Wagner

Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Berlin sagt: „Momentan gibt es keine gesicherten Erkenntnisse für einen gezielten Messereinsatz.“ Es liege kein dringender Tatverdacht auf ein vorsätzliches Tötungsdelikt vor. Die rechtliche Bewertung der Tat ist noch nicht abgeschlossen.

Laut bisherigem Ermittlungsstand sieht der Ablauf so aus: Ein Beamter einer Hundertschaft will den Mann kontrollieren, nachdem dieser ein Polizeiauto beschädigt hat. Als sich der 28-Jährige umdreht, kommt es zum Gerangel. Der Polizist versucht, ihn zu Boden zu bringen – dabei wird er mit einem Messer am Hals verletzt.

Gegen 2.15 Uhr morgens wird der Verdächtige wieder entlassen. Die 5. Mordkommission hat im Auftrag der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen des Verdachts des versuchten Totschlags übernommen.

Polizei am Tatort

Die Polizei in der Nacht am Tatort

Foto: Olaf Wagner

Der verletzte Polizist schwebte zunächst in Lebensgefahr. Er wird in einer Klinik notoperiert. Später heißt es, sein Zustand habe sich bis zum Morgen stabilisiert. Zuvor hatte ein Sprecher noch erklärt, es bestehe keine Lebensgefahr.

Gewerkschaft fordert mehr Schutz für Polizisten

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert mehr Schutz für die Beamten. GdP-Bundesvorsitzender Jochen Kopelke erklärt: „Das ist nicht die erste Messerattacke auf einen Polizisten. Wir warten noch immer auf die politisch versprochene Stichschutzausrüstung. Die neue Bundesregierung muss endlich für härtere Strafen und besseren Schutz für uns sorgen.“

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Auch Stephan Weh, Landeschef der GdP Berlin, zeigt sich am Samstagmorgen entsetzt: „Wir sind absolut fassungslos und in Gedanken bei unserem schwer verletzten Kollegen. Unser Dank gilt den Ersthelfern und Ärzten, die ihm in der Nacht das Leben gerettet haben.“

Bereits am Donnerstag wurde ein Polizist in Berlin verletzt. Bei einer judenfeindlichen Demo in Neukölln wurde er in die Menge gezogen und getreten. Er verlor kurz das Bewusstsein und kam mit einem gebrochenen Arm und Verletzungen am Oberkörper ins Krankenhaus.

Korrektur:

In einer früheren Version dieses Artikels haben wir geschrieben, dass der Tatverdächtige nach sieben Stunden wieder auf freien Fuß gekommen sei. Inzwischen wissen wir, dass der Mann sogar nur rund vier Stunden auf der Wache bleiben musste. Dies haben wir korrigiert.