In der Debatte um eine Termingarantie für gesetzlich Versicherte haben Ärzteverbände eine Strafgebühr für Patientinnen und Patienten gefordert, die vereinbarte Arzttermine nicht wahrnehmen. Sie begründeten dies mit der hohen Zahl versäumter Termine, die dann für andere Patienten nicht mehr zur Verfügung stünden. 

Mittlerweile würden 10 bis 20 Prozent der gebuchten Arzttermine nicht mehr wahrgenommen, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der Bild. Er forderte eine Ausfallgebühr für Patienten in Höhe von bis zu 20 Euro. Diese „No-Show-Gebühr“ sollte „von den Krankenkassen zu zahlen sein“, sagte Gassen.

Eine noch höhere Gebühr forderte der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. Er halte ein „Ausfallhonorar von bis zu 100 Euro, je nach Länge des vorgesehenen Termins“, für erforderlich, sagte Vorstandsmitglied Jakob Maske der Bild. Die Ausfallgebühr solle Patienten für diesen Missstand „sensibilisieren“.

„Patienten bekommen keine Arzttermine“

Ärzte-Vorstöße zu Strafgebühren wegen ungenutzter Termine sind bereits mehrfach aufgekommen, zuletzt im vergangenen Herbst. Die Kritik an den Forderungen ist aber weiterhin groß. „Es ist unvorstellbar, dass gerade ärmere Eltern 100 Euro bezahlen, wenn sie einen Arzttermin mit ihrem Kind nicht wahrnehmen können“, sagte Gesundheitsminister Lauterbach. „Unser wichtigstes Problem ist nicht, dass Patienten ihre Arzttermine nicht wahrnehmen. Das Problem ist vielmehr, dass Patienten keine Arzttermine bekommen oder sehr lange auf Termine warten müssen.“

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Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen warnte vor einem „beschämenden Überbietungswettbewerb, wer kranken Menschen am meisten Geld abnehmen möchte“. Alltagserfahrungen der Patientinnen und Patienten seien vielmehr volle Wartezimmer, in denen trotz eines Termins lange gewartet werden müsse, sagte Sprecher Florian Lanz der Nachrichtenagentur dpa.

Versicherte unter Generalverdacht

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Vorschläge der Ärzteverbände als „absurd“. Die Versicherten würden so „unter Generalverdacht gestellt, Praxen auszunutzen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Nötig sei „eine funktionierende, flächendeckende ambulante Versorgung, damit Terminnot erst gar nicht entsteht“.

© Lea Dohle

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Ähnlich argumentierte die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Als größtes Problem bezeichnete es Stiftungsvorstand Eugen Brysch, dass Praxen für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten oft nicht ausreichend zur Verfügung stünden.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht auch die Ärzte in der Pflicht. „Sollte das flächendeckend umgesetzt werden, müssen Gegenmaßnahmen ergriffen werden“, sagte Brysch. „Für ärztlich abgesagte Termine sind Patienten und Krankenkassen dann Ausfallgebühren zu erstatten.“

Union und SPD vereinbaren Termingarantie

In den laufenden Koalitionsverhandlungen von Union und SPD hatte sich die Arbeitsgruppe Gesundheit damit befasst, dass gesetzlich Versicherte oft nur schwer an Facharzttermine kommen. Die AG schlug ein „verbindliches Primärarztsystem“ vor. Das bedeutet, dass Hausärzte die erste Anlaufstelle sein sollen und dann Patienten bei Bedarf an Fachpraxen weiterleiten. Union und SPD versprechen sich von den Maßnahmen eine schnellere Terminvergabe und eine zielgerichtetere Versorgung. Lauterbach sagte, es brauche eine „Termingarantie“.

KBV-Chef Gassen kritisierte den Plan hingegen im Deutschlandfunk als „nicht wirklich durchdacht“. Eine Termingarantie mache wenig Sinn, wenn viele Termine von den Patienten nicht wahrgenommen würden. „Der Ruf des Gesetzgebers, die Praxen müssten mehr Termine vergeben, verhallt da im Raum“, sagte Gassen.