Anders als üblich wird es zur GeForce RTX 5060 zum Marktstart keine unabhängigen Reviews und Benchmarks geben – mutmaßlich, weil der Hersteller die „native“ Leistung oder etwaige Probleme mit dem nur 8 GB großen Grafikspeicher verstecken möchte. „Previews“ ausgewählter Publikationen sollen diese Schwäche jetzt kaschieren.

Kuratierte Previews statt unabhängiger Tests

Gerüchte hatten bereits verlauten lassen, dass es zur am 19. Mai erscheinenden GeForce RTX 5060 voraussichtlich keine Tests geben wird. Grund ist nicht nur, dass Nvidia – wie zuvor bei der GeForce RTX 5060 Ti 8 GB (Test) – keine Testmuster verschickt hat, sondern außerdem auch keinen Review-Treiber bereitstellt. Üblicherweise gibt es beides ein bis zwei Wochen vor Release unter NDA. Selbst Redaktionen, die sich über Boardpartner oder Händler bereits vor Release eine Grafikkarte besorgen, können also frühestens zum Marktstart mit Tests beginnen, wenn der gewöhnliche GeForce-Treiber aktualisiert wird. Auch von ComputerBase wird es daher am Montag noch keinen Test geben.

Tatsächlich geht der Hersteller aber noch einen Schritt weiter, wie am Samstag­nachmittag deutlich wurde: Erste „Previews“ der GeForce RTX 5060 sind aufgetaucht. Hintergrund ist, dass Nvidia ausgewählten Publikationen durchaus eine Grafikkarte und einen passenden Treiber bereitgestellt hat – aber nur, wenn sich diese im Gegenzug bereiterklärt haben, die Grafikkarte ausschließlich in einem von Nvidia kuratierten Licht zu präsentieren. Im deutschsprachigen Raum hat GameStar Tech an diesem Programm teilgenommen und erklärt, dass Nvidia sowohl bezüglich der teilnehmenden Grafikkarten als auch bei Spielen und Grafikeinstellungen strikte Vorgaben gemacht hat, von denen im Rahmen der „Preview“ nicht abgewichen werden darf.

Nvidia hat sich dazu entschieden, den für die Tests der GPU zwingend nötigen Treiber vorab nur unter bestimmten Vorgaben und sehr wenigen Medien weltweit zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören auch wir. […]

Folgende Vorgaben hat Nvidia uns gemacht:

  • Grafikkarten: Es sind nur Messungen der RTX 5060, RTX 3060 und der RTX 2060 Super gestattet. […]
  • Spiele: Wir dürfen nur in den fünf Spielen Avowed, Doom: The Dark Ages, Marvel Rivals, Cyberpunk 2077 und Hogwarts Legacy Benchmarks durchführen.
  • Einstellungen: Sowohl die Auflösung (1080p) als auch die Grafikeinstellungen sind jeweils fest vorgegeben. Entscheidender Faktor dabei: Während die RTX 5060 vierfache Multiframegeneration nutzen kann, ist es bei den älteren GPUs nicht möglich, zusätzliche Bilder per KI generieren zu lassen.

GameStar Tech

Deswegen schränkt Nvidia die Presse ein

Die Beweggründe dieser Einschränkungen sind offensichtlich. Einerseits verhindert der Hersteller Vergleiche mit dem direkten Vorgänger, der immerhin einfaches Frame Generation unterstützt. Und andererseits werden stärkere Grafikkarten oder aber Modelle der Konkurrenz – also maßgeblich von AMD – komplett ausgeblendet. Lesern der „Previews“ sollen entsprechend Scheuklappen aufgesetzt werden.

Andererseits kann Nvidia über die Vorgabe konkreter Spiele verhindern, dass die Grafikkarte vor oder zum Marktstart in Games getestet wird, die gar kein Multi Frame Generation unterstützen oder aber hohe Anforderungen an den Grafikspeicher beziehungsweise dessen Kapazität stellen. Denn selbst in Full HD lassen sich 8 GB im Jahr 2025 in immer mehr Spielen zum Überlaufen bringen – auch in Einstellungen, die von der GPU prinzipiell noch gefahren werden können.

Apropos Full HD: Die niedrige Auflösung hat Nvidia mutmaßlich aus denselben Beweggründen vorgeschrieben. Zwar wäre die GB-206-GPU dank des tollen DLSS Super Resolution problemlos in der Lage, viele Spiele auch in höheren Auflösungen wie beispielsweise WQHD oder sogar UHD wiederzugeben; das benötigt aber mehr Grafikspeicher. In diesen Vergleichen hätte die GeForce RTX 5060 also gegenüber der mit 12 GB VRAM ausgestatteten GeForce RTX 3060 potenziell Federn lassen müssen.

Nvidia spielt Medien gegeneinander aus

Die Debatte um Nvidias irreführende Hersteller-Benchmarks und Marketing-Märchen zu einer Grafikkarte, die über vier Jahre nach der GeForce RTX 3060 mit 12 GB VRAM in der 300-US-Dollar-Preisklasse abermals nur 8 GB bietet, kriegt damit eine neue Schärfe. Ohnehin schon, weil die GeForce RTX 5060 – wie auch bereits der direkte Vorgänger – wenig mit dem alten Versprechen der 60er-Klasse zu tun hat, knapp die Leistung der 80er-Klasse der vorherigen Generation bieten zu können, wie es beispielsweise noch bei der GeForce GTX 1060 oder RTX 2060 (Super) der Fall war. Und diesmal zusätzlich, weil Nvidia mit dem „Preview“-Programm Publikationen gegeneinander ausspielt, um weniger versierten Spielern ein potenziell beschönigtes und und insbesondere unvollständiges Bild der neuen Brot-und-Butter-Klasse zu präsentieren.

Indem Nvidia einzelnen ausgewählten Publikationen die Möglichkeit gibt, vorbestimmte Benchmark-Ergebnisse als Test-Ergebnisse verkaufen zu können, um gegenüber anderen Medien einen Vorsprung bei der Berichterstattung und damit finanzielle Vorteile zu erlangen, befeuert der Hersteller einerseits Access Journalism und untergräbt andererseits die Arbeit der gesamten Branche.

Hinzu kommt freilich, dass Spieler potenziell an der Nase herumgeführt werden. Schon bei der GeForce RTX 4060 hat Nvidia einen ähnlichen Weg eingeschlagen. Ein Hersteller, der von seinen eigenen Produkten überzeugt wäre, sollte das eigentlich nicht nötig haben. Die Schlussfolgerung kann insofern nur lauten: Nvidia schämt sich, Spielern im Jahr 2025 einmal mehr 8 GB Grafikspeicher für rund 300 Euro zu verkaufen; die GeForce RTX 5060 ist ihrem Hersteller peinlich.

Unsere Empfehlung: Nicht kaufen

Mit unabhängigen Reviews und Benchmarks der GeForce RTX 5060 ist erst im Laufe der kommenden Woche zu rechnen. Im Zweifelsfall zieht sich die Testarbeit noch länger, weil insbesondere kleinere Redaktionen aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Computex in Taiwan gebunden sind. ComputerBase rät grundsätzlich vom Kauf von Hardware ab, die nicht nur noch nicht unabhängig getestet worden ist, sondern sogar zum Marktstart gar nicht unabhängig getestet werden darf.

Nvidia GeForce RTX 50 – Spezifikationen

Die Redaktion dankt zahlreichen Lesern für die Hinweise zu dieser Meldung.