„Es war eine schöne Zeit“, schaut Ferdinand Nießen auf 30 bewegte Jahre zurück. Der Tierarzt feierte am Samstag mit seinem Team, vielen Kunden und deren Vierbeinern sein Praxisjubiläum. Ende des Jahres will er sich aus dem aktiven Geschäft zurückziehen und sich nur noch auf seine Lehrtätigkeit konzentrieren.

Angefangen hat alles an der Cheruskerstraße. Dort übernahm Ferdinand Nießen 1995 von Wilfried Hermann seine erste eigene Praxis. 2006 zog er mit seinem Team um in größere Räume an die Anulfstraße 22. Schon Ende der 1990er-Jahre interessierte sich der Veterinär für alternative Behandlungsansätze, die er in seine schulmedizinische Arbeit integrieren könnte. „Ich habe mich mit Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM), Akupunktur und Osteopathie beschäftigt“, zählt der 61-Jährige auf. Wann immer möglich, besuchte er Weiterbildungen, reiste dafür bis nach USA, Taiwan und China.

Sein Ansatz – Tiermedizin ganzheitlicher zu betrachten – kam bei seinen Kunden gut an. „Als ich anfing, war es noch einfacher, alternative Heilmethoden zu etablieren“, sagt Nießen bedauernd, der längst selbst Kollegen an der QiAcademy in TCM weiterbildet. „Leider haben wir kaum noch Studierende, die dieses Angebot annehmen, obwohl wir die Kurse für sie offenhalten“, resümiert der Tierarzt. Er führt das mangelnde Interesse der jungen Veterinäre auch darauf zurück, dass sich die politische Situation insgesamt für die Naturheilkunde verändert hat und die Universitäten diese Fachbereiche in den veterinärmedizinischen Studiengängen völlig ausklammern.

Nießen stammt „aus einer Familie mit Medizinern und Anwälten“. Da war der Weg eigentlich vorgezeichnet. So entschied sich der Düsseldorfer dann auch zunächst für ein humanmedizinisches Studium, wechselte dann aber bald in den Veterinärbereich. Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut hat.
Am Samstag bekamen seine Kunden einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen des Praxisalltags. Beispielsweise wie ein Vierbeiner in Narkose versetzt wird. Dafür wurde ein Stoffhund auf dem Rücken positioniert und bekam eine Sauerstoffmaske aufgesetzt. „Normalerweise sind die Besitzer ja nicht mit dabei, wenn ihre Vierbeiner für eine OP vorbereitet werden“, erzählt Praxismanagerin Anna Lucia Sotke beim Rundgang durch die Räume. „Wir wollen den Menschen damit auch ein wenig die Angst davor nehmen, weil diese ja nicht wissen, was hinter den Türen passiert“, ergänzt sie.

Am Tisch daneben schaut ihre Kollegin Jessica Franzen durch ein Mikroskop. „Damit werten wir Kot- oder Urinproben aus“, führt Anna Lucia Sotke weiter aus. Wenige Tropfen davon werden auf eine Scheibe aufgebracht und unter das Mikroskop gelegt. „So können wir zum Beispiel sehen, ob es sich um eine Infektion der Blase handelt oder sich Bakterien im Kot angesammelt haben“, fasst sie zusammen.

Im nächsten Raum demonstriert Maša Nurkić, welche Instrumente sie für eine Zahnbehandlung verwendet. Auf einem Monitor sehen die Besuchenden, wie sich Entzündungen im Maul zeigen und ausbreiten können. Außerdem konnten Frauchen und Herrchen lernen, wie Pfotenverbände richtig angelegt werden.
Bei so vielen ernsten Themen wird es Zeit für einen entspannten Plausch mit dem Tierdoc und seinem Team bei einem Gläschen Sekt.

Wer mochte, konnte seinen Vierbeiner auch von einer Fotografin ins rechte Licht setzen lassen. Gar nicht so einfach, die Fellnase so zu positionieren, dass sie ruhig sitzen bleibt. Mia etwa will nicht modeln. Viel spannender findet die Golden-Retriever-Hündin, was es alles im Raum zu entdecken gibt. Aber mit Ruhe und etwas Geduld, ist das Foto für Herrchen dann doch im Kasten.

Seit neun Jahren hat Ferdinand Nießen Pudel Jöf an seiner Seite. An diesem besonderen Tag aber ist der neunjährige Rüde zu Hause geblieben. „Das wäre zu viel Trubel für ihn“, sagt sein Herrchen und gibt schmunzelnd zu: „Der ist es gewohnt, ohne Leine zu laufen. Wäre er hier, würde er wahrscheinlich draußen vor der Praxis herumstromern und ständig käme jemand rein, der glaubt, einen entlaufenden Hund gefunden zu haben“.