„Verrückter Hase, wo bist du?“ fragt Dasha, die in einem hellblauen Kleid auf der Bühne im Theater Mönchengladbach steht. Artem läuft mit langen Ohren als Kopfschmuck vor ihr weg. Die beiden Kinder spielen Alice und den Märzhasen aus „Alice im Wunderland“. Wie alle Nachwuchsschauspieler aus der Theatergruppe des Gemeinschaftszentrums „Das Westend“ kommen sie aus der Ukraine.

Nur eine halbe Stunde dauert ihre Aufführung, aber viele Figuren aus dem Kinderbuch von Lewis Carroll haben ihren Auftritt. Die schusseligen Brüder Tweedledee und Tweedledum und die Grinsekatze sind ebenso vertreten wie die weiße und die rote Königin. Die Schwestern, die um die Herrschaft im Wunderland kämpfen, liefern sich, anders als in der Buchvorlage, einen Rap-Battle. Mit minimalistischem Bühnenbild stellen werden Szenen wie die Teeparty oder Alices Beinahe-Ertrinken in einem Meer aus Tränen dargestellt.

Veranstaltungen, bei denen sich Theater-AGs aus Schulen und Jugendgruppen präsentieren können, haben am Theater Krefeld-Mönchengladbach Tradition. Früher hat die Theatergemeinde das Schultheaterfestival organisiert, nach der Vereinsauflösung übernahmen die Theaterpädagoginnen Silvia Behnke und Maren Gambusch die Organisation. Im Mai 2023 hieß es auf den Bühnen zum ersten Mal „Let’s Play!”, am Wochenende (17. und 18. Mai) folgte die zweite Auflage.

Zehn Gruppen bespielen immer abwechselnd das Studio und den großen Saal. So haben die Zuschauer die Möglichkeit, alle Stücke zu sehen, und die Schauspielenden können sich erstmal ohne Publikum mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut machen. Die Theaterpädagoginnen Silvia Behnke und Maren Gambusch wollen das Jugendkulturfestival so zugänglich wie möglich machen. „Inhaltliche Vorgaben gibt es nicht, denn wir wollen die Interessen der Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt in allen Facetten abbilden“, sagen sie. Bis Ende Januar hatten alle Interessenten Zeit, um ein Bewerbungsvideo zu drehen. Im Theater wurden erste technische Fragen geklärt, später besuchten die Organisatorinnen eine Probe jeder teilnehmenden Gruppe. Durch die maximale Spieldauer von einer Stunde können sich auch Theaterskeptiker in eine der Aufführungen trauen, die bei mehrstündigen Vorstellungen sicherheitshalber zu Hause bleiben würden. Dass der Eintritt zur Veranstaltung frei ist, hilft ebenfalls, Berührungsängste abzubauen.

Luise Bolten besucht die Aufführung „Proberaum fürs Leben“ der Bischöflichen Marienschule, an der sie auch selbst Schülerin ist. Sowohl das Stück als auch die Idee des Jugendkulturfestivals findet sie „eine super Sache“. Johanna Schopals ergänzt, dass es eine gute Chance sei, „um Kinder und Jugendliche ans Theater heranzuführen“, ob als Zuschauer oder Darsteller. Auch Jenni Reichel, deren Tochter auf der Bühne steht, lobt die Veranstaltung. Früher sei sie öfter ins Theater gegangen, das möchte sie nun wieder machen.

Für die zwölfjährige Justyna ist es ein ganz besonderes Erlebnis. „Schneewittchen und ihre Freunde“ von der Carl-Sonnenschein-Schule ist das erste Schauspiel, dass sie sich im Theater anschaut. Da passt es wunderbar, dass auch die Kinder auf der Bühne noch keine oder nur sehr wenig Vorerfahrung haben. Neben verschiedenen Schulen sind auch der sozio-kulturelle Treffpunkt Agora, der Treffpunkt Wickrath und das hauseigene Jugendtanzensemble vertreten. Das Hugo-Junkers-Gymnasium präsentiert sogar zwei verschiedene Stücke.

Jeweils fünf Mitarbeitende aus verschiedenen Sparten des Theaters schauen sich die Vorstellungen an. Als Juroren nehmen sie die Stücke und die Teams genau unter die Lupe. Die klassischen Kategorien wie Bester Haupt- und Nebendarsteller gibt es jedoch nicht, denn die Gemeinschaft soll im Vordergrund stehen. Stattdessen heißt es bei der Siegerehrung am Sonntagnachmittag „bestes Teamwork“, „stärkste Bühnenpräsenz“, „emotional besonders berührende Aufführung“. Letztendlich kann sich jede Gruppe über eine der Auszeichnungen freuen. Als Preise gibt es beispielsweise Gutscheine für Theaterworkshops.