Für Nawrockis Erfolg in der Stichwahl spricht allerdings, dass es weiteres Wählerpotenzial weit rechts der Mitte gibt: Am Sonntag erhielten die beiden rechtsextremen Politiker Slawomir Mentzen (Konfederacja) und Grzegorz Braun (unabhängig) überraschend viele Wählerstimmen: Während Mentzen auf 14,8 Prozent kam, erhielt der offen antisemitische Braun 6,4 Prozent.

Bislang haben beide Politiker ihre Anhänger nicht offiziell dazu aufgerufen, Nawrocki im zweiten Wahlgang zu unterstützen. Sollten aber die Stimmen beider Politiker größtenteils zu ihm wandern, dürfte er einem Wahlsieg näherrücken. „Die Wähler der extremen Rechten werden entscheiden, wer der neue Präsident Polens wird“, kommentierte etwa die polnische Zeitung „Rzeczpospolita“ den Wahlausgang an diesem Montag. Die linken Kandidaten sowie der Christdemokrat Szymon Holownia, deren Wähler wohl eher zu Trzaskowski tendieren könnten, kommen zusammengerechnet auf etwa 15 Prozent.

Kai-Olaf Lang sieht diese Rechnung allerdings skeptisch: „Ich denke, dass der Ausgang der Wahl noch komplett offen ist.“ Zwar sei die EU-freundliche Tusk-Partei im rechten Lager verhasst. Das bedeute allerdings nicht, dass die Wähler von Mentzen und Braun vollständig zur PiS überlaufen werden. „Mentzens Programm war bisher: Wir mögen die Bürgerplattform von Tusk nicht, aber wir mögen auch die PiS nicht“, meint Lang. Zudem gebe es in der Partei von Mentzen starke libertäre Kräfte, die sich für möglichst wenig staatlichen Einfluss aussprechen, was vor allem viele junge Wähler angesprochen habe. Die PiS stehe dagegen mit einem starken Staat für das genaue Gegenteil.

Eine für den Privatsender TVN erstellte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Opinia24 sieht Trzaskowski bei 46 Prozent und Nawrocki bei 44 Prozent. Von den Befragten machten sechs Prozent keine Angaben, vier Prozent waren unentschlossen.

Ein Wahlsieg des PiS-Lagers dürfte außenpolitisch zu Verschiebungen führen: Die Partei gilt traditionell als EU-skeptisch und dürfte im Rat der Staats- und Regierungschefs als Bremser fungieren. Nawrocki werde „nicht akzeptieren, dass neue EU-Verträge unterzeichnet“ würden und Polen seine Souveränität „in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens verliert“, sagte er am Sonntag mit Blick auf die Stichwahl. Zudem versprach er zu verhindern, dass „die Sicherheit der polnischen Frauen und Männer durch illegale Migranten bedroht wird“.