Im Zollkonflikt zwischen den USA und der Europäischen Union zeichnet sich keine Entspannung ab. Zum Wochenauftakt ließ der handelspolitische Rundumschlag von US-Präsident Donald Trump die Börsenkurse noch weiter abstürzen.
In Luxemburg beraten am Montag die Handelsminister der EU-Staaten über die Frage, mit welcher Strategie Trump zum Einlenken bei den Sonderzöllen bewegt werden könnte.
Zwar signalisierte der auf hohe Importzölle setzende Republikaner Gesprächsbereitschaft unter bestimmten Bedingungen. Sein Handelsminister Howard Lutnick hatte zuvor aber angekündigt, dass die US-Regierung ihren harten Kurs mit hohen Einfuhrgebühren auf Waren aus fast allen Staaten der Erde durchziehen wolle – zumindest bis auf Weiteres.
Turbulenzen an den Börsen Dax bricht um zehn Prozent ein Trump: Ausländische Regierungen werden eine Menge Geld zahlen müssen
Trump erwartet als Gegenleistung für die Aufhebung der Sonderzölle massive Geldzahlungen. Ausländische Regierungen müssten „eine Menge Geld“ zahlen, um die Abgaben abzuwenden, sagte er am Sonntagabend (Ortszeit) an Bord der Air Force One vor Reportern.
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Er erklärte, er sei nicht beunruhigt wegen der Verluste in Höhe von Billionen Dollar an den Aktienmärkten weltweit, infolge der Zölle und der daraus erwachsenden Furcht vor einem Handelskrieg. „Ich will nicht, dass irgendetwas untergeht. Aber manchmal muss man Medizin nehmen, um etwas zu heilen“, sagte er nach seiner Rückkehr von einem Golfwochenende in Florida. Der Präsident berichtete, er habe am Wochenende mit führenden Politikern aus Europa und Asien gesprochen: „Sie kommen an den Tisch. Sie wollen reden, aber es gibt keine Gespräche, wenn sie uns nicht jedes Jahr eine Menge Geld zahlen.“
Nach Angaben von US-Finanzminister Scott Bessent haben über 50 Länder seit der Ankündigung der Zölle am vergangenen Mittwoch Verhandlungen mit den USA aufgenommen. Trump habe sich „ein maximales Druckmittel verschafft“, sagte Bessent im Sender NBC. US-Handelsminister Howard Lutnick sagte im Sender CBS, die Zölle würden „für Tage und Wochen“ in Kraft bleiben. Der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Kevin Hassett, versuchte, Spekulationen zu zerstreuen, die Zölle seien Teil einer Strategie, die US-Notenbank Fed unter Druck zu setzen, damit diese die Zinssätze senke. Es gebe keinen „politischen Druck“ auf die Fed, sagte Hasset.
Trump beklagte sich auch erneut bitterlich über den Handel mit europäischen Staaten, die einen enormen Handelsüberschuss gegenüber den USA hätten. Sie hätten Amerika „sehr, sehr schlecht behandelt“ und damit ein Vermögen gemacht, behauptete der Republikaner. „Die Europäische Union wurde aus einem einzigen Grund gegründet: […] um die Vereinigten Staaten abzuzocken.“
Schock für Privatanleger
Für viele Privatanleger begann die Woche mit einem Schock: Die Börsen in Asien verbuchten am Montagmorgen massive Verluste. Nach den negativen Vorgaben der Wall Street stürzte der 225 Werte umfassende Nikkei-Index an der Leitbörse in Tokio zwischenzeitlich um mehr als acht Prozent ab und notierte eine gute Stunde nach Handelsbeginn einen heftigen Abschlag von 2.086,71 Punkten oder 6,18 Prozent beim Zwischenstand von 31.693,87 Zählern.
Abwärtstrends halten seit vergangener Woche an
Auch die Börsen in China, Hongkong und Australien zeigten im frühen Handel deutliche Verluste. Der Shanghai Composite Index sackte kurz nach dem Handelsstart um 4,4 Prozent auf 3.342 Zähler ab. Der Hongkonger Hang Seng Index gab zunächst sogar um 9,3 Prozent auf 20.730 Punkte nach.
Kurseinbruch weiter verschärft Chinas Gegenzölle sorgen für Ausverkauf an den US-Börsen
Der australische S&P/ASX 200 fiel im frühen Handel auf ein neues 100-Tage-Tief. In Deutschland folgt der Börsenstart einige Stunden später, Verluste sind aber auch dort zu erwarten.
Trumps Zollpaket hatte die Börsen bereits in der vergangenen Woche weltweit auf Talfahrt geschickt. Der Dax verbuchte ein Wochenminus von mehr als acht Prozent und damit seinen größten Verlust in einer Handelswoche seit Beginn des Ukrainekriegs im Frühjahr 2022.
In New York hatte der Dow mit einem Wochenminus von mehr als acht Prozent die verlustreichste Börsenwoche seit Jahren.
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Eine Erholung ist nicht in Sicht. Marktbeobachter rechnen weiter mit größeren Kursschwankungen, bis sich die Auswirkungen des Zollkonflikts klarer herauskristallisieren, mehr über Gegenzölle bekannt wird oder mit den Kontrahenten über erste Deals gesprochen wird.
Proteste in den USA
Das Börsenbeben radierte auch Vermögen von Privatanlegern in Milliardenhöhe aus – gerade in den USA haben viele Menschen an der Börse investiert, entsprechend groß fiel nun der Unmut aus. Allein in der US-Hauptstadt versammelten sich am Washington Monument nahe dem Weißen Haus mehrere Tausend Demonstranten, um gegen die Politik von Trump zu protestieren. Auch in vielen anderen Städten gab es große Protestaktionen – etwa in New York, Atlanta, Boston, Detroit, Chicago oder San Francisco. Die Veranstalter sprachen von „Millionen“ Teilnehmern bei insgesamt mehr als 1.300 Versammlungen. Offizielle Zahlen oder Schätzungen gab es nicht.
Demonstranten versammeln sich auf dem Civic Center Plaza in San Francisco während einer Demonstration gegen US-Präsident Trump.
© dpa/Stephen Lam
Verschiedene Organisationen hatten gemeinsam zu einem landesweiten Aktionstag mit größeren und kleineren Veranstaltungen in allen US-Bundesstaaten aufgerufen – unter dem Motto „Hände weg“, also etwa Hände weg von der Demokratie, vom Rechtsstaat oder dem Sozialsystem. Trumps Kritiker beklagen an all diesen Stellen gefährliche Einschnitte durch die Politik des Präsidenten.
Europäer beraten über ihre Antwort
Beim Treffen der EU-Handelsminister in Luxemburg soll es auch um Vorkehrungen für den Fall gehen, dass Verhandlungen mit der US-Regierung über eine einvernehmliche Lösung platzen. Vorgesehen ist, die Vorbereitungen für Gegenzölle und andere denkbare Vergeltungsmaßnahmen voranzutreiben.
Trump will mit Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und mehr Produktion in die USA verlagern. Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren. Experten bezweifeln, dass Trumps Entscheidung zu einer Verlagerung von Industrie in die USA führen wird.
„Frontalangriff der USA auf Welthandel“
Nicht nur für die Exportnation Deutschland sind die Zölle ein schwerer Schlag, der Außenhandelsverband BGA spricht von einem „Frontalangriff auf den Welthandel“. Der deutsche Botschafter in Großbritannien, Miguel Berger, sagte dem Sender Sky News: „Es handelt sich um den größten Angriff auf den Welthandel, den wir seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt haben.“
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Die Unternehmen sind ohnehin in einer schwierigen Lage. Im vergangenen Jahr sanken die Warenexporte der deutschen Wirtschaft um ein Prozent, in diesem Jahr wird ein noch deutlich stärkerer Rückgang erwartet. Im Januar stand ein Minus von 2,5 Prozent zum Vormonat Dezember. Das Statistische Bundesamt legt heute Zahlen für Februar vor.
„Die anderen sollen aus Angst kuschen“
Vor dem EU-Ministertreffen fordert der geschäftsführende Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Signal der Stärke. „Politik der Angst können wir nur mit Stärke begegnen“, sagte Habeck dem „Stern“. „Die US-Regierung will ihre Dominanz nutzen, um Zugeständnisse zu erzwingen und sich Vorteile zu verschaffen.“
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), geschäftsführender Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz
© dpa/Kay Nietfeld
Trumps Taktik sei, möglichst stark einzuschüchtern, „damit die anderen aus Angst kuschen“, sagte der Grünen-Politiker. Er deutete an, dass auch Maßnahmen gegen US-Digitalkonzerne ergriffen werden könnten.
Neben den Problemen mit der US-Regierung sollen bei dem Treffen auch die Handelsbeziehungen der EU zu China eine Rolle spielen. Handelskommissar Maros Sefcovic wird über seine jüngsten Gespräche in Peking berichten.
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Die EU versucht China seit Jahren dazu zu bewegen, unfaire Handels- und Subventionspraktiken einzustellen – bislang allerdings ohne große Erfolge. Der Wert der Importe aus China in die Europäische Union überstieg den Wert der Exporte in das Land im vergangenen Jahr um 304,5 Milliarden Euro. (dpa/Reuters/Tsp)