Im vergangenen Jahr ist ein neuer Höchstwert antisemitischer Vorfälle in Berlin registriert worden: Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) hat 2024 insgesamt 2521 Fälle dokumentiert. Das geht aus dem Jahresbericht vor, den die Organisation am Dienstag vorstellte.

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Bereits für 2023 hatte RIAS bei insgesamt 1270 Vorfällen von einem „neuen Höchststand seit Beginn der Dokumentation“ gesprochen. Insbesondere nach dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel, sei es demnach zu einem „sprunghaften Anstieg“ antisemitischer Anfeindungen und Übergriffe auch in Berlin gekommen. Im vergangenen Jahr habe sich die Zahl dann nahezu verdoppelt.

Auch vor dem 7. Oktober 2023 habe Antisemitismus den Alltag von Jüd:innen in Berlin geprägt, heißt es im aktuellen Bericht. Mittlerweile würden Jüd:innen überall in ihrem Alltag – auf der Straße, in der Universität, in Kneipen oder öffentlichen Verkehrsmitteln – attackiert und bedroht. Dadurch schränke sich ihr Leben spürbar ein.

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RIAS dokumentiert unter anderem Vorfälle, die in Polizei- und Presseberichten beschrieben werden. Zudem können Betroffene unter anderem Vorfälle auf der Webseite report-antisemitism.de melden. Dort finden sich auch die aktuellen Berichte der Recherchestelle. RIAS dokumentiert auch Vorfälle, die zwar als antisemitisch einzustufen, aber nicht strafbar sind – daher unterscheiden sich die Zahlen von denen der Berliner Polizei.

Insbesondere habe auch die Gewalt gegen Jüd:innen spürbar zugenommen: RIAS dokumentierte 2024 zwei Fälle extremer Gewalt, darunter den Angriff auf den deutsch-israelischen Studenten Lahav Shapira. In 53 weiteren Fällen seien Jüd:innen körperlich attackiert worden. „Betroffene wurden von Unbekannten geschlagen, getreten, angerempelt oder angespuckt“, heißt es in dem Bericht.

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Auch jüdische und israelische Kinder würden vermehrt attackiert: In insgesamt 45 Fällen seien sie auf der Schule, der Straße oder auf dem Sportplatz angefeindet worden, in zehn Fällen auch körperlich angegriffen.

Aufsehen hatte etwa ein Fußballspiel einer Jugendmannschaft des jüdischen Vereins Makkabi Berlin im November 2024 erregt: Im Nachgang seien die 13-jährigen Spieler beleidigt, bespuckt und mit Messern und Stöckern verfolgt worden, schilderte ein Vater dem Tagesspiegel.

Zudem zählt der RIAS-Bericht 99 Fälle gezielter Sachbeschädigungen auf. Es seien etwa Stolpersteine, Gedenktafeln und andere Mahnmale für Opfer des Holocausts zerkratzt, mit Parolen beschmiert oder zerstört worden. Auch Tafeln, die an die von der Hamas entführten israelischen Geiseln erinnern, seien betroffen gewesen.

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Dazu seien antisemitische Hassbotschaften, Vernichtungsfantasien und die vielfache Leugnung des Holocausts im Internet gekommen, aber auch auf Schmierereien und Flyern im öffentlichen Straßenraum. Auch auf Demonstrationen würden immer wieder antisemitische Drohungen geäußert.

Die meisten Übergriffe ordnet RIAS antiisraelischen Aktivist:innen zu, einen geringeren Anteil Rechtsextremisten. Zugenommen hätten insbesondere Vorfälle, die sich auf den Nahost-Konflikt beziehen. Die meisten antisemitischen Vorfälle dokumentierte die Registerstelle in Mitte (371), Friedrichshain-Kreuzberg (255) und Neukölln (224).