marktbericht
Der Schock an den Börsen über die Trump-Zölle sitzt tief. Nach dem Fünf-Prozent-Kurssturz am Freitag bricht der DAX in der Spitze um 10,4 Prozent ein – und radiert damit seinen Jahresgewinn aus.
US-Präsident Donald Trump hat mit seinem Zollpaket bei Anlegern massiv Vertrauen verspielt – die Folgen an den Weltmärkten sind verheerend: Der Ausverkauf an den Börsen geht mit Beginn der neuen Woche in die Verlängerung. Anleger fürchten einen globalen Handelskonflikt. Inflationssorgen und Rezessionsängste machen sich immer weiter breit und führen an den globalen Aktienmärkten zum nächsten Kurssturz.
Auch an der Frankfurter Börse geht es massiv abwärts. In den ersten Handelsminuten rauschte der DAX heute um bis zu 10,4 Prozent auf 18.489 Punkte in die Tiefe und knüpfte damit nahtlos an seinen Fünf-Prozent-Kurssturz vom Freitag an.
Erstmals seit Anfang Januar notiert das deutsche Börsenbarometer nun unter der Marke von 20.000 Punkten. Auch wenn der DAX sein anfängliches Minus im Laufe der ersten beiden Handelsstunden auf etwa sieben Prozent eindampfen kann: Der komplette Jahresgewinn ist ausradiert.
Der DAX hatte am 30. Dezember 2024 bei 19.909 Punkten geschlossen. Mit dem heutigen Kurssturz liegt er nun seit Jahresbeginn über sieben Prozent im Minus. Zum Vergleich: Noch Mitte März hatte der DAX ein Rekordhoch bei 23.476 Zählern markiert; der Jahresgewinn hatte zu diesem Zeitpunkt knapp 18 Prozent betragen.
Mit dem heutigen Kurssturz folgt der DAX einem typischen Kursmuster. Gerade in Crash-Situationen setzen sich die drastischen Kursverluste eines „Black Friday“ häufig an einem „Panic Monday“ fort. Erst am Dienstag, dem „Turnaround Tuesday“, gelingt dann die Wende nach oben. Wobei in der aktuellen Gemengelage fraglich sein dürfte, wie nachhaltig eine mögliche Gegenbewegung wäre.
Denn mit dem Rutsch unter die 200-Tage-Linie haben sich nun auch die langfristigen Perspektiven am deutschen Aktienmarkt eingetrübt. Börsenexperten zufolge ist die Zeit noch nicht reif, um die niedrigen Kurse zum Einstieg zu nutzen. Schnäppchenjäger laufen Gefahr, in ein „fallendes Messer“ zu greifen.
Auch an den asiatischen Börsen setzt sich die Panikreaktion der Anleger auf die jüngste US-Zollflut vom „Liberation Day“ zu Beginn der neuen Woche fort. In Japan stürzt der 225 Werte umfassende Nikkei-Index an der Leitbörse in Tokio um 6,7 Prozent auf 31.511 Punkte ab. Die Börse in Shanghai bricht um 7,3 Prozent ein – und der Hang Seng in Hongkong rauscht um 12,5 Prozent in die Tiefe.
An der Wall Street dürfte sich der Kurseinbruch vom Freitag heute fortsetzen. Der Future auf den Leitindex Dow Jones liegt aktuell 4,0 Prozent im Minus, der Future auf den technologielastigen Nasdaq 100 rauscht sogar um 5,8 Prozent in die Tiefe.
Das Zollpaket von US-Präsident Trump sendet damit weiter Schockwellen durch die Märkte. Am Freitag war der Dow auf den niedrigsten Stand seit Mitte vergangenen Jahres gefallen. Mit einem Wochenminus von mehr acht 8 Prozent war es für den Index die verlustreichste Börsenwoche seit Jahren.
Der DAX verbuchte ebenfalls ein Wochenminus von mehr als acht Prozent – und damit seinen größten Verlust in einer Handelswoche seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Frühjahr 2022.
Das Börsenbeben radierte auch Vermögenswerte von Privatanlegern in Milliardenhöhe quasi über Nacht aus. Ihnen müssen die Aussagen Trumps zum Kurssturz an den Börsen wie blanker Hohn vorkommen. „Ich denke, es läuft sehr gut“, sagte der US-Präsident Ende vergangener Woche. „Die Märkte werden boomen, die Aktien werden boomen, das Land wird boomen.“
Er habe das Abrutschen der Märkte nicht beabsichtigt, so der Präsident. „Ich will nicht, dass irgendetwas nach unten geht, aber manchmal muss man Medizin nehmen, um etwas in Ordnung zu bringen“, sagte Trump zu Journalisten an Bord der Air Force One.
Am Sonntagabend heizte Trump die Panik an den Märkten sogar noch weiter an, indem er seinen harten Kurs bekräftigte. Der US-Präsident beharrte darauf, dass die Zölle erst zurückgenommen würden, wenn das „Problem“ der US-Exportdefizite im Handel mit vielen Staaten „gelöst“ sei.
In Luxemburg beraten heute die Handelsminister der EU-Staaten über die Frage, mit welcher Strategie Trump zum Einlenken bei den Sonderzöllen bewegt werden könnte. China hatte bereits am Freitag reagiert und 34 Prozent Einfuhrzölle auf US-Waren sowie Exportbeschränkungen für Seltene Erden angekündigt.
Doch wohin fließt eigentlich das ganze Geld? Anlegen fliehen vor allem in festverzinsliche Anleihen. Die sehr hohe Unsicherheit stützt die Kurse der als sicher geltenden Staatsanleihen. Das lässt die Rendite für Bundesanleihen und auch US-Staatsanleihen fallen.
Die Furcht vor einer weltweiten Rezession setzt derweil die Ölpreise weiter unter Druck. Anleger fürchten eine stark nachlassende Nachfrage nach dem „schwarzen Gold“, sollte sich das globale Wirtschaftswachstum abschwächen. Der Preis für die Nordseesorte Brent fällt aktuell um 4,4 Prozent auf 62,71 Dollar pro Barrel (159 Liter). Unterdessen bleibt der sichere Hafen Gold gefragt. Der Goldpreis zieht am Morgen um 0,8 Prozent auf 3.025 Dollar je Feinunze an.
Unter den Einzelwerten an der Frankfurter Börse stehen vor allem jene Aktien unter Druck, für die es in den vergangenen Monaten steil nach oben gegangen war. Rüstungswerte stehen daher auf den Verkaufslisten der Anleger ganz oben. Papiere von Rheinmetall, MTU Aero Engines, Hensoldt und Renk brechen prozentual zweistellig ein. „Da ist am meisten Speck dran“, konstatierte ein Händler.
Auch im globalen Bankensektor geht der Ausverkauf zu Wochenbeginn weiter. Im DAX fallen Aktien von Deutsche Bank und Commerzbank um über acht Prozent. Anleger fürchten, dass die US-Zollerhöhungen eine globale Rezession auslösen könnten. Dadurch wächst zugleich der Druck auf die Notenbanken, ihre Geldpolitik zu lockern. Fallende Zinsen setzen wiederum die Banken unter Druck, da sie deren Zinsmargen verringern.