Hamburg – Diese Frau muss in den letzten Minuten ihres Lebens die Hölle erlebt haben, als sie aus Angst vor ihrem Ex-Freund über das Balkon-Geländer kletterte und sich in die Tiefe stürzte …
Seit Mittwoch muss sich Anouar B. (32) vor dem Hamburger Landgericht wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Totschlag durch Unterlassen verantworten. Dem Marokkaner wird vorgeworfen, seine Ex-Freundin (36) in Hamburg in den Tod getrieben zu haben.
Am Nachmittag des 17. August 2024 soll der Angeklagte mit dem späteren Opfer in dessen Wohnung im Stadtteil Eilbek in Streit geraten sein. Als die Auseinandersetzung eskalierte, brannten dem Mann offenbar die Sicherungen durch.
Anouar B. wurde am 1. November in Nord-Italien durch örtliche Einsatzkräfte festgenommen
Foto: Polizei Hamburg
Anour B. soll seiner Ex-Freundin u.a. eine Schnittverletzung mit einem Brotmesser zugefügt, ihr büschelweise Haare ausgerissen und mit den Händen die Atemwege zugehalten haben, sagte die Staatsanwältin bei der Anklageverlesung.
Aus Panik über das Balkon-Geländer geklettert
Im weiteren Verlauf des Streits ist die Frau laut Staatsanwaltschaft in Panik geraten und auf den Balkon ihrer Wohnung im vierten Stock geflüchtet. Dort kletterte sie über das Geländer, um sich weiteren Attacken zu entziehen. „Sie stürzte sich trotz der damit für sie verbundenen, erkannten Lebensgefahr in die Tiefe“, sagte die Staatsanwältin.
Bei dem Sprung aus etwa 15 Metern Höhe zog sich die Frau lebensbedrohliche Verletzungen zu. Als die Einsatzkräfte eintrafen, gab sie der Polizei noch den entscheidenden Hinweis auf ihren Ex-Freund. Wenig später starb sie im Krankenhaus.
Tatort: Aus dem 4. Stock dieses Mehrfamilienhauses in Hamburg-Eilbek stürzte die Frau in die Tiefe
Foto: Martin Brinckmann
Die Staatsanwaltschaft wirft Anouar B. vor, keine Hilfe geholt zu haben. Der Mann habe ohne Rettungsbemühungen die Wohnung verlassen und sei geflüchtet. Deshalb sei er auch wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen angeklagt, erklärt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Er habe in diesem Moment ja nicht wissen können, dass sie nicht mehr zu retten gewesen sei.
Der Angeklagte war nach Italien geflüchtet und untergetaucht. Erst Wochen später wurde er in der Kleinstadt Vigevano (62.000 Einwohner, südwestlich von Mailand) festgenommen. Im November 2024 wurde er von Italien nach Deutschland ausgeliefert.
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Zum Prozessauftakt schwieg der Angeklagte. Sein Strafverteidiger stellte einen Befangenheitsantrag gegen die Richter. Eine Entscheidung darüber ist noch offen. Sollte der Anwalt keinen Erfolg haben, wird der Prozess am Montag fortgesetzt.
In diesem Fall kündigte der Verteidiger an, eine schriftliche Erklärung im Namen seines Mandanten zu verlesen. Fragen werde Anouar B. jedoch nicht beantworten.
Für den Prozess hat das Landgericht insgesamt neun Termine bis Juli angesetzt.