Als Franziska Giffey im Oktober 2023 in Dubai auf die Bühne trat, brandete Applaus auf. Die Berliner Wirtschaftssenatorin (SPD) hatte gute Nachrichten im Gepäck: Die Gitex, eine der weltweit größten Technologiemessen, werde bald auch in Berlin stattfinden.
In den Messehallen des Emirats drängten sich Besucher aus aller Welt, die Bühne war perfekt für einen großen Aufschlag. Giffey nutzte die Gelegenheit – und Berlin Partner, die Wirtschaftsförderung der Hauptstadt, versprach seither nicht weniger als eine neue europäische Plattform für Technologie, Innovation und Investitionen.
Nun, knapp zwei Jahre später, ist die Gitex Europe Realität – und die Euphorie ist merklich verflogen.
Auf dem Berliner Messegelände unter dem Funkturm bleibt der große Besucherandrang aus. Zwar flanieren Gäste aus verschiedenen Ländern durch die Hallen, sprechen mit Ausstellern, erleben Roboter, Drohnen und Softwarelösungen. Doch die Messe bleibt hinter den Erwartungen zurück, die Politik und Veranstalter geweckt hatten.
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Kaum bekannte Namen
Die Zahl der ursprünglich angekündigten Aussteller wurde vorab nach unten korrigiert: von 2500 auf 1400. Große Berliner Tech-Start-ups glänzen mit Abwesenheit.
Ein Gitex-Besucher spricht mit einem KI-Assistenten.
© Christoph M. Kluge
Nur eine der sechs Hallen zeigt bekannte Namen wie IBM, Intel oder Amazon Web Services. Der Rest wird von eher kleinen, eher unbekannten Unternehmen aus Polen, Slowenien, der Türkei oder Usbekistan geprägt.
Ein imposanter Auftritt gelingt hingegen den Vereinigten Arabischen Emiraten, die nicht nur wirtschaftliche sondern auch geopolitische Ziele mit der Veranstaltung verfolgen.
Die Gitex ist Teil einer umfassenden Strategie: Die Emirate wollen sich als globaler Technologiestandort positionieren und ihre Abhängigkeit von Öl- und Gasexporten verringern. Große Investitionen in Digitalisierung, Sicherheitstechnologie und Infrastruktur sollen diesen Wandel absichern.
Das Emirat Dubai setzt auf die Digitalbranche, um langfristig unabhängig vom Export fossiler Rohstoffe zu werden.
© AFP/FADEL SENNA
Direkt am Messeeingang setzen die Emirate ein deutliches Zeichen: Dort steht ein Exemplar des Polizeifahrzeugs Giath, entwickelt in Kooperation zwischen der Dubai Police und dem Autohersteller W Motors. Ein Sprecher in einer Kandura, dem traditionellen weißen Gewand der Emirate, erklärt die Vorzüge des SUV („Sport Utility Vehicle“).
Ein Vertreter der Verwaltung von Dubai erläutert die Vorzüge des digital aufgerüsteten Polizei-SUV.
© Christoph M. Kluge
Der Giath könne Nummernschilder automatisch erkennen, sei mit Gesichtserkennung ausgestattet und unterstütze die Einsatzkräfte mit Echtzeitdaten. Im Kofferraum befindet sich eine Drohne, die beispielsweise zur Aufklärung von Verdächtigen eingesetzt werden kann, die sich hinter Mauern verbergen.
Die Erwartungen waren groß im Vorfeld.
© Christoph M. Kluge
Die Rücksitze sind aus stabilem Hartplastik gefertigt. Ein mögliches Vorurteil räumt der Mann vorsorglich aus: Die abwischbare Oberfläche werde nicht etwa benötigt, um Gefangene zu foltern – das betont er ausdrücklich –, sondern sei aus hygienischen Gründen nötig. Wenn etwa betrunkene Personen sich übergeben oder spucken, könne das Fahrzeug leichter gereinigt werden.
120.000
Euro kostet der Polizei-SUV Giath.
Derzeit sind demnach bereits 15 der Hightech-SUVs in Dubai im Einsatz, bis Jahresende sollen es 45 sein. Auch andere Länder, etwa Marokko, hätten bereits Interesse bekundet. Der Preis: rund 120.000 Euro pro Stück.
Dubai sucht neue Einnahmequellen
Zwischen futuristischer Polizeitechnik, Drohnen zur Brandbekämpfung und Panels über Quantencomputing inszeniert sich die Gitex als Bühne für eine technologisch aufgerüstete Zukunft. Die Resonanz aus der eigentlichen Tech-Szene ist bislang eher verhalten.
In den Gängen der Gitex ist noch Platz für weitere Besucher.
© Christoph M. Kluge
Auch die deutsche Beteiligung wirkt zurückhaltend. Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Stand eingerichtet, an dem Frühphasen-Start-ups ihre Projekte vorstellen können – von KI über Robotik bis zu neuen Softwarelösungen.
Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg präsentiert sich mit einem großzügigen Areal. Dort wird unter anderem für den Lausitz Science Park geworben. Ein Mitarbeiter erklärt einem Besucher auf Englisch, die Region liege nicht nur in Brandenburg und Sachsen, sondern grenze auch an Polen und Tschechien – sie sei also „ziemlich international“.
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Ähnliche Werbebemühungen zeigen auch Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Doch der Funke will nicht so recht überspringen. Die Gitex Europe muss ihren Platz im Kalender der europäischen Tech-Szene noch finden.