Stand: 22.05.2025 06:32 Uhr

16 neue Container-Dörfer für rund 6.100 Geflüchtete wollte der Berliner Senat bauen lassen. Auch, um die Notunterkunft in Tegel zu entlasten. Doch rund 2.500 der geplanten Plätze können nicht umgesetzt werden. Von Laurence Thio

Die Bauarbeiten in der Grünauer Straße im Bezirk Treptow-Köpenick sind in vollem Gange: Ein Container nach dem anderen wird angeliefert. Ein Kran hebt sie auf eine Brachfläche neben einer Kleingartenanlage. Hier soll in den nächsten Monaten eine Unterkunft für mehr als 300 Geflüchtete in 172 Containern aufgebaut werden. Es ist bislang die einzige Container-Unterkunft, die dieses Jahr fertig wird. Eigentlich sollten mal zehn in diesem Jahr in Betrieb gehen.

Etwa 2.500 Plätze nicht realisierbar

Ursprünglich hatte der Senat 16 Container-Unterkünfte geplant, die über die ganze Stadt verteilt gebaut werden sollten. Aktuelle Zahlen des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (Laf) zeigen, dass von den ursprünglich vorgesehenen rund 6.130 Plätzen etwa 2.500 nicht realisiert werden können.

Blick in ein Schlafquartier des Ankunftszentrums Tegel. (Quelle: dpa/Hannes P Albert)

„Keinerlei Privatsphäre und keinerlei Perspektive“

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In vielen Unterkünften können nicht so viele Menschen aufgenommen werden, wie es ursprünglich geplant gewesen war. Rund 1.000 Plätze entfallen deshalb. Die Senatsverwaltung für Integration bewertet das als „übliche Anpassungen und Veränderungen in der Kapazität“.
 
1.500 weitere Plätze entfallen, weil vier Unterkünfte doch nicht gebaut werden können. Es handelt sich um Standorte, die in der General-Pape-Straße, Klützer Straße, Eldenaer Straße und Cordesstraße angedacht worden waren. Die Gründe für die Bauabsagen sind divers: Mal scheiterte es daran, dass Grundstücke doch nicht mehr angeboten wurden; mal sperrte sich die Deutsche Bahn aus Sicherheitsgründen gegen Baustellen.
 
Bei einem fünften Standort ist unsicher, ob dort Geflüchtete wohnen dürften: In Tegel Nord – auf dem ehemaligen Flughafengelände – sollte Platz für 500 Geflüchtete geschaffen werden.

Zusätzliche Container auf dem Tempelhofer Feld

Obwohl die Zahl der Geflüchteten, die in Berlin ankommen, deutlich zurückgegangen ist, gibt es weiterhin nicht ausreichend Platz für sie. Aziz Bozkurt (SPD), Staatssekretär für Migration, sagt dazu: „Das trifft auf ein System, das im Prinzip schon voll belegt ist. Wir haben ein System, wo Wohnraum fehlt.“
 
Um wegfallende Plätze zu kompensieren, sollen auf dem Tempelhofer Feld weitere 1.100 Plätze für Geflüchtete hinzu kommen. In Holzbauweise sollen dort Container-Unterkünfte aufgebaut werden. Der Senat will in zwei Wochen einen entsprechenden Beschluss fassen. Am Rand des Tempelhofer Felds leben bereits mehr als 2.000 Geflüchtete in Containern und Hangars.
 
Es gibt Befürchtungen, dass das zu viel werden könnte. Elif Eralp, Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, warnt davor, dass Tempelhof so zu einer Massenunterkunft mit teils inhumanen Zuständen werden könnte, wie es zuletzt in Tegel der Fall gewesen war: „Ich habe schon die Sorge, wenn das jetzt sehr stark ausgebaut wird, dass es da auch zu Situationen kommt, die Konflikte bergen, wo mangelnde Privatsphäre möglich ist. Deswegen müssen alle anderen Möglichkeiten ausgenutzt werden.“

Archivbild: Besucher warten vor Informationsschaltern im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) in Berlin-Charlottenburg. (Quelle: dpa/Jutrczenka)

Rund 21.000 Geflüchtete kamen 2024 nach Berlin – ein Drittel weniger als 2023

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Regierende CDU gegen zusätzliche Erweiterungen

Auch in der CDU sieht man diese Gefahr, sollten weitere Container-Unterkünfte am Rand des Tempelhofer Felds gebaut werden. Dirk Stettner, Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus, lehnt weitere Unterkünfte, über die bislang geplanten hinaus, ab: „Die Berliner brauchen keine einzige weitere Unterkunft im Stadtgebiet.“
 
Einig sind sich SPD, CDU und auch die Linke, dass geflüchtete Menschen in Berlin am besten in Wohnungen aufgehoben wären. Nur die fehlen stadtweit und der Neubau dauert Jahre. Bis dahin wird sich das Leben vieler Geflüchteter in Berlin im Container abspielen müssen.

Die geplanten Unterkünfte im Überblick:

Standort

geplante Inbetriebnahme

korrigierte Inbetriebnahme

Plätze geplant

Plätze tatsächlich

 

 

 

 

 

Cordestraße, Charlottenburg-Wilmersdorf

Q4/2026

wird nicht gebaut

330

/

Darßer Straße 101, Lichtenberg

Q2/2025

Q1/2027

150

150

Darßer Straße 153, Lichtenberg

Q4/2026

Q4/2027

620

376

Klützer Straße, Lichtenbger

Q4/2025

wird nicht gebaut

510

/

Storkower Straße, Lichtenberg

Q2/2025

Q3/2026

310

316

Sangerhauser Weg, Neukölln

Q2/2025

Q2/2026

450

352

Blankenburger Pflasterweg, Pankow

Q4/2025

Q3/2026

500

504

Buchholzer Straße, Pankow

Q4/2026

Q1/2027

500

512

Eldenaer Straße, Pankow

Q2/2025

wird nicht gebaut

400

/

Am Borsigturm, Reinickendorf

Q4/2026

Q1/2027

210

208

Tegel Nord, Reinickendorf

Q2/2025

Verfügbarkeit unklar

500

/

Askanierring, Spandau

Q2/2025

Q1/2027

500

272

Thielallee, Steglitz-Zehlendorf

Q2/2025

Q2/2026

260

232

General-Pape-Straße, Tempelhof-Schöneberg

Q4/2026

wird nicht gebaut

240

/

Fürstenwalder Straße, Treptow-Köpenick

Q4/2026

Q1/2017

500

360

Grünauer Straße, Treptow-Köpenick

Q1/2025

Q3/2025

150

342

 

 

 

 

 

Gesamt

 

 

6.130

3.624

Sendung:  

Rundfunk Berlin-Brandenburg