Die Sicherung der Sozialleistungen ist eine der wichtigsten Aufgaben für Deutschland. Die neue schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat in ihrem Koalitionsvertrag zwar Reformen angekündigt, inhaltlich bleiben CDU/CSU und SPD allerdings vage.

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Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm fordert einem Medienbericht zufolge nun, die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zu kürzen und die finanzielle Selbstbeteiligung der Patienten deutlich zu erhöhen.

Also weniger Leistungen, die dann mit realistischen Beiträgen gezahlt werden müssen.

Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung

„Die Beiträge zur Pflegeversicherung steigen zu stark. Das wird nicht durchhaltbar sein“, sagte die 53-Jährige der „Bild“ einem Vorabbericht zufolge. Man müsse die Ausgestaltung dieser Versicherung wahrscheinlich anpassen: „Also weniger Leistungen, die dann mit realistischen Beiträgen gezahlt werden müssen.“

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Grimm, seit 2020 eines von fünf Mitgliedern im Sachverständigenrat der Bundesregierung, sprach sich auch für Bedürftigkeitsprüfungen bei sozial Schwächeren aus. „Der Bezug von Leistungen aus den sozialen Sicherungssystemen sollte schon an der Prüfung der Bedürftigkeit des Haushalts festgemacht werden und nicht an der Einkommenssituation des Einzelnen“. Man könne nicht in jedem einzelnen Bereich Fairness und Gleichheit herstellen, sondern müsse dafür sorgen, dass das soziale Sicherungssystem auch halte und stabil sei.

Pflegereport

Der neue DAK-Pflegereport zeigt anhand weiterer Studienergebnisse auf, was auf die Pflegeversicherung zukommt: Von heute etwa 5,6 Millionen Menschen, die Leistungen aus der staatlichen Pflegeversicherung erhalten, dürfte sich die Zahl der Gepflegten in den nächsten beiden Jahrzehnten um über ein Fünftel erhöhen. 2055 – so offizielle Prognosen – sollen es zwischen 6,8 Millionen und 7,6 Millionen sein. (dpa)

Merz hatte am Wochenende erneut Reformen zu Sicherung der Sozialsysteme angemahnt. Aus Zeitgründen habe man diese Frage im Koalitionsvertrag nicht beantworten können, die CDU selbst habe sie auch noch nicht abschließend beantwortet, sagte er auf dem Parteitag der Südwest-CDU in Stuttgart. „So wie es heute ist, kann es allenfalls noch für ein paar wenige Jahre bleiben“, sagte der CDU-Chef mit Blick auf Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.

Seine Vize vom Regierungspartner SPD, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, sagte, er wolle die klamme Kranken- und Pflegeversicherung zunächst mit Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt stützen.

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Und das wird dringend notwendig sein. Die Finanzprobleme der Pflegeversicherung drohen sich nach Einschätzung der Kranken- und Pflegekasse DAK-Gesundheit weiter zu verschärfen. Nach der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden DAK-Berechnungen steuert die Pflegeversicherung in diesem Jahr auf ein Defizit von 1,65 Milliarden Euro zu.

Lesermeinungen zum Artikel

„Wie wäre es denn mal mit einer Vergesellschaftung der Dienstleistungen? Derzeit werden die Pflegedienste überwiegend durch gewinnorientierte Unternehmen erbracht. Wie kann es denn überhaupt möglich sein, dass in Feldern wie diesem Gewinn erwirtschaftet werden muss?“ Diskutieren Sie über folgenden Link mit sct

2026 werde sich das Milliardenloch voraussichtlich auf 3,5 Milliarden Euro vergrößern. Ohne neue Finanzmittel sei spätestens zum Jahreswechsel 2026 eine Beitragserhöhung um mindestens 0,3 Beitragssatzpunkte unvermeidlich, sagte DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Für ein Kassenmitglied beispielsweise mit einem Kind werden heute 3,6 Prozent des Bruttoeinkommens fällig.

Kassenverband fordert bei Pflege Sofortmaßnahmen

Bereits im vergangenen Jahr war die Pflegeversicherung mit 1,54 Milliarden Euro ins Minus gesackt. Zur finanziellen Stabilisierung wurden die Pflegebeiträge zu Jahresbeginn um 0,2 Prozentpunkte angehoben.

Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) forderte vor dem Hintergrund der neuen Zahlen aus DAK-Pflegereport Sofortmaßnahmen zur Stabilisierung der Pflegeversicherung. „Die Schere aus Einnahmen und Ausgaben wird in der Pflegeversicherung immer größer. Ohne eine grundlegende Reform, um Einnahmen und Ausgaben neu zu justieren, wird es nicht gehen. Da eine grundlegende Reform Zeit brauchen wird, muss es Sofortmaßnahmen geben“, sagte Doris Pfeiffer, GKV-Vorstandsvorsitzende, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

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Konkret nannte Pfeiffer zwei Punkte: „Wir fordern die Rückzahlung der 5,3 Milliarden Euro Coronaschulden, die der Bund noch bei der Pflegeversicherung hat. Darüber hinaus muss der Bund zu seiner Aufgabe stehen und die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige finanzieren, denn diese jährlich rund 4,5 Milliarden Euro sind eine familienpolitische Leistung.“