Stand: 22.05.2025 13:00 Uhr
In diesem Jahr feiert die Kulturwelt den 150. Geburtstag von Thomas Mann – auch die Buchbranche. Zum Jubiläum gibt es viele Neuerscheinungen, vom Sachbuch über eine Graphic Novel bis hin zum Krimi. NDR Kultur stellt einige davon vor.
Eine Playmobilfigur in beigem Anzug mit Hut und Fliege, eine knallbunte Taschenbuchausgabe seiner Werke und ein Comic, der erzählt, wie Thomas Mann nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal wieder nach Deutschland kam – zum 150. Geburtstag des Lübecker Literaturnobelpreisträgers legen sich die Verlage richtig ins Zeug, um junge Menschen für Thomas Mann zu interessieren.
Dazu gehört auch Band 238 aus der „Die drei ???“-Reihe. Justus Jonas und seine Freunde ermitteln in „Das Geheimnis der sieben Palmen“ in ihrem neuen Fall im Thomas-Mann-Haus in Pacific Palisades. Dabei kommen sie einem mächtigen Geheimnis auf die Spur:
Bob griff sich den Brief dahinter. „Der Brief ist ganz kurz. Ihr Geld habe ich erhalten, vielen Dank. Das Buddenbrooks-Manuskript liegt am vereinbarten Ort.“
„Was?“ Justus starrte Bob an. Auch Peter war wie vom Donner gerührt. „Das Buddenbrooks-Manuskript? Es ging nicht verloren, wurde vernichtet, verbrannte?“
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Ganz nebenbei und spielerisch vermittelt Autor Marco Sonnleitner viel Wissenswertes über Thomas Mann und sein Exil in den USA.
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Am 6. Juni 2025 wird Thomas Manns 150. Geburtstag mit einem Festakt in der St. Aegidienkirche Lübeck gefeiert. Sie haben die Möglichkeit, jeweils zwei Eintrittskarten für die Veranstaltung zu gewinnen.
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Thomas Mann wird selbst zum Ermittler
In einem Krimi für Erwachsene ermittelt Thomas Mann dann gleich selbst – zumindest versucht er es:
„Am besten, Sie legen sich hier neben mich.“ „Ich soll mich in den Staub werfen?“ Der Dichter hatte sich eine Zigarette in den Mundwinkel geschoben und hielt das silberne Feuerzeug schon in der Hand. „Das ist keine Frage der Würde, sondern erfolgreicher Beschattung. Und keine Rauchzeichen, bitte.“ „Oh!“, sagte er da in plötzlichem Verstehen, und er trat zügig hinter einen Baum. „Beschattung, sagen Sie? Wen beschatten wir?“
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Zusammen mit seinem Übersetzer legt sich Mann auf die Lauer, um sein verschwundenes Redemanuskript wieder zu erlangen. Tilo Eckardt lässt seinen unterhaltsamen Roman „Gefährliche Betrachtungen“ im Jahr 1930 auf der Kurischen Nehrung spielen, wo die Familie Mann ein Ferienhaus besaß.
Manns „Literaturproduktionsappart“
Dass auch ein Literaturnobelpreisträger mal keinen Bock hatte zu schreiben und andere spannende Erkenntnisse über den Alltag von Thomas Mann, hat Felix Lindner recherchiert: „Ansonsten ist er für mich nicht der Held der Arbeit, für den er größtenteils gehalten wird, sondern ein Mann, der eine sehr gut funktionierende Literaturwerkstatt zusammen mit seiner Familie geführt hat.“
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Am 2. Juni im NDR Fernsehen: Teil 1 spielt in den Jahren 1923 bis 1933: Ehefrau Katia hält ihrem „Thommy“ den Rücken frei, die sechs Kinder werden flügge.
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Für seine Dissertation, einen Twitter-Account und das Buch „Mit Thomas Mann durch das Jahr“ hat er sich durch die Tagebücher Manns gekämpft, immerhin rund 6.000 Seiten, und hat für jeden Tag des Jahres einen Auszug herausgesucht. Zum Beispiel: „Anliegen, Anforderungen, Arbeitsbelästigung“ oder „Etwas Halsweh vom nachmittäglichen Tragen kurzer Unterhosen.“
Das mutet heute zum Teil wirklich lustig an, ist aber vollkommen ernst gemeint. Die vielen Beobachtungen des Körpers in Manns Tagebüchern erklärt Lindner so: „Man lernt einen Mann kennen, der seinen Körper als einen Literaturproduktionsappart versteht, der unter bestimmten Bedingungen zu laufen hat und der ihm dienen soll.“
„Betrachtungen eines Unpolitischen“ von Holzer
Selbst in der Sommerfrische hat der Literaturnobelpreisträger Mann gearbeitet. Im Sommer 1918 am Tegernsee hat er sich aber besonders gequält – mit der Überarbeitung seines Buchs „Betrachtungen eines Unpolitischen“. Kerstin Holzer erwähnt in ihrem Buch „Thomas Mann macht Ferien“ noch ein weiteres Problem, das den Schriftsteller in diesem Sommer belastet:
„Da die Demokratie den Geist und die Kunst politisieren wolle, wie er glaubt, bekämpft er sie, denn er will ein unpolitischer Kulturmensch sein, unbedingt. Besonders heftig drischt Thomas Mann auf den Typus des ‚Zivilisationsliteraten‘ ein, also recht persönlich auf seinen Bruder Heinrich, den liberalen Demokratiesympathisanten.“
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Verhältnis zu Bruder Heinrich prägend
Genau dort knüpft Hans Wißkirchen an. Er glaubt: „Dass man Thomas Mann im Grunde nur dann verstehen kann, wenn man das Verhältnis zum Bruder Heinrich ganz ernst nimmt und die beiden als Doppel-Biographie zeigt.“
Das hat der Präsident der Thomas-Mann-Gesellschaft in seinem Buch „Zeit der Magier“ gemacht und dabei auf den kürzlich entdeckten Briefwechsel der Brüder zurückgegriffen. Wißkirchen beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Familie Mann und stellt fest, dass gerade Thomas Mann wieder hochaktuell ist: „Er war ein zutiefst politischer Mensch ab etwa Mitte der 1920er-Jahre und hat natürlich auch seine großen Werke geschrieben. Aber dieses Politische ist zu lange nicht im Blick gewesen.“
Mely Kiyak: „Er war ein kämpferischer Thomas Mann“
Besonders deutlich wird das in den 58 Radioansprachen, die Thomas Mann für die BBC von 1940 an aufnahm. Die begannen mit den Worten „Deutsche Hörer!“ – die Texte dazu hat die Autorin Mely Kiyak Anfang des Jahres herausgegeben. Sie hat darin den Aktivisten Thomas Mann erkannt: „Er war polemisch, er war gnadenlos, er war beleidigend, er war wirklich ein wütender und kämpferischer Thomas Mann.“
Wer Thomas Mann in diesem Jahr neu oder anders entdecken möchte, findet in den Buchhandlungen eine große Auswahl, kaum ein Aspekt seines Lebens bleibt unberührt. Andere Idee: Einfach mal wieder ein Buch VON Thomas Mann lesen.
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Kerstin Holzer beschreibt in ihrem Buch einen ganz besonderen Familienurlaub der Familie Mann am Tegernsee im Jahr 1918.
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Kerstin Holzer hat über die weiblichste Vertreterin der gesamten Mann-Familie ein einfühlsames Porträt geschrieben.
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Warum man Thomas Mann nicht gut finden muss, welche Klassiker man lesen sollte und wer und was im Kanon fehlt.
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Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur |
Der Morgen |
24.05.2025 | 06:00 Uhr