Einmal stand er sogar auf der großen Bühne. Die Jury der „Berliner Meisterköche“ hatte Dietmar Rogacki 2018 zum „Berliner Kiezmeister“ gekürt, einem in diesem Jahr erstmals vergebenen Titel, der für das legendäre Geschäft in der Wilmersdorfer Straße wie geschaffen schien. Rogacki erschien, freute sich, ließ ein paar seiner bodenständigen Gerichte als Häppchen servieren – aber das war es dann auch.
Großes Gedöns um seine Person schien ihm eher gegen den Strich zu gehen, sein Lebensinhalt war der Laden, den er mit seiner Frau Ramona in dritter Generation führte. Am Mittwoch ist Dietmar Rogacki, der „Berliner Feinkost-König“, wie es in Schlagzeilen hieß, unter noch ungeklärten Umständen beim Brand seiner Staakener Villa gestorben, 68 Jahre alt.
Als König sah er sich selbst also nie, und bis zu seinem mutmaßlichen Lebensziel wären es nur noch ein paar Jahre gewesen. 2028 sollte das 100-jährige Bestehen der Berliner Feinkost-Institution gefeiert werden, das stand fest, obwohl der Pachtvertrag bislang nur bis 2027 lief. 2021, mitten in der Epidemie, war das Gebäude von den Eigentümern zur Aufhebung der Gemeinschaft zwangsversteigert worden, doch dann wurde es wieder ruhig, alles schien in bester Ordnung zu sein.
Großes Gedöns um seine Person schien ihm eher gegen den Strich zu gehen, sein Lebensinhalt war der Laden.
Tagesspiegel-Autor Bernd Matthies
Andererseits war nicht zu verkennen, dass das Geschäft ein wenig aus der Zeit gefallen schien, kein individuelles Spezialgeschäft, aber auch kein global ausgerichteter „Food Court“ nach neuester Berliner Mode. 1928 war es in Wedding von Paul und Lucia Rogacki gegründet worden, als Aal- und Fischräucherei mit zugekauften Produkten. 1932 kamen die eigenen Räucheröfen hinzu, die später nach Charlottenburg umzogen, wo sie noch heute stehen.
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Das berühmte Geschäft in der Wilmersdorfer Straße.
© Cay Dobberke
Rogackis Eltern bauten das ausgebombte Geschäft nach dem Krieg wieder auf und erkämpften dessen Rang als Fisch- und Feinkost-Dorado zurück. Es war nicht so fein wie KaDeWe, Rollenhagen oder Nöthling, aber auch nicht so kleinbürgerlich wie Aschinger. Und gerade die Mischung aus bodenständigem Imbiss und Feinkostgeschäft mit Anspruch erwies sich dann als langlebiger als all die Tempel der hochmögenden Konkurrenz.
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Dietmar Rogacki war 16 Jahre alt, als sein Vater 1972 plötzlich mit nur 42 Jahren starb. Er lernte erst Einzelhandelskaufmann, dann Fotograf, durfte hinter die Kulissen des „Huxleys“, fotografierte Blondie und die Dire Straits. Doch dann rief die Familie, er half ein bisschen aus im Geschäft, stieg auf, übernahm alles. Und musste unzählige Male seinen Namen erläutern: „Rogatzki“ spricht man ihn aus. Mit Hochachtung – sicher auch noch lange nach seinem Tod.