Bielefeld. Die kurzfristig angemeldete Demo rechter Gruppen ausgerechnet am Samstag, 24. Mai, in der Bielefelder Innenstadt „kann trotz der großen Arminia-Euphorie in der Stadt nicht unbeantwortet bleiben“. Das sagen die Verantwortlichen des Bielefelder „Bündnisses gegen Rechts“, die deshalb ab 11 Uhr eine Mahnwache am Tatort des blutigen Messer-Anschlags angemeldet haben. Das Bündnis rechnet mit 500 Teilnehmern.
Wie berichtet, haben Rechtsextreme für den Tag des Pokalfinales am Bielefelder Hauptbahnhof eine Demo angemeldet. Was sich im Motto des Demoanmelders zunächst als nachvollziehbar anhört, entlarvt sich im letzten Wort als Instrumentalisierung der Tat für rechte Propaganda: „Anteilnahme für die Opfer vom 18. Mai und Remigration“. Das empfindet nicht nur Michael Gugat vom „Bündnis gegen Rechts“ so, sondern viele andere Bielefelder auch.
Das Bündnis gegen Rechts wirbt mit diesem Aufruf für die Mahnwache am Samstag.
| © Bündnis gegen Rechts
„Kein Mensch hat am Tag des Pokalspiels Lust, sich um etwas anderes als Arminia zu kümmern. Jetzt kommen aber Rechte in die Stadt und wollen Hass und Hetze verbreiten. Das können wir nicht unwidersprochen lassen.“ Die Gruppe behaupte, für „Sicherheit“ einzutreten – doch in Wahrheit gehe es ihnen um Spaltung, um die Zerstörung eines Zusammenlebens, das auf Solidarität, Vielfalt und Menschlichkeit beruhe, heißt es im Demo-Aufruf. Klaus Rees vom Bündnis sagte, dass leider mit so einer Instrumentalisierung zu rechnen war. Erst vor wenigen Tagen soll diese Gruppe schon in Herford aufgetreten sein. „Beängstigend ist das aber allemal.“
„Kein Platz für Rechtsextremismus – nicht in Bielefeld, nicht am Cutie, niemals“
Ab 11 Uhr lädt das Bündnis am Samstag, 24. Mai, deshalb am Tatort vor der Cutie-Bar und dem „Nummer zu Platz“ zu einer Mahnwache „Gegen Hass und Hetze – kein Platz für Rechtsextremismus. Nicht in Bielefeld. Nicht am Cutie und Nr.z.P. Nicht jetzt. Niemals“. Das Bündnis will dabei auch die Gelegenheit ergreifen, um den Opfern der Tat die Anteilnahme der Bielefelder auszusprechen und allen Helfern für ihren Einsatz und ihre Zivilcourage zu danken. Die Polizei spricht von einer Standkundgebung. Das Bündnis wird sich nicht per Demo durch die Stadt bewegen.
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Michael Gugat betont, dass die Tat eine ganze Stadt erschüttert habe. „Dort, wo Menschen das Leben gefeiert haben, die tanzen wollten, lachen, lieben, hat ein Mann wahllos um sich gestochen“, sagt er privat zu den Vorfällen. „Dieser Angriff war feige. Er richtete sich gegen das, was viele nicht verstehen oder nicht ertragen können: Freiheit, Lebensfreude, Gemeinschaft. Er richtete sich gegen das Feiern, Tanzen, Lieben. Gegen uns alle. Genau das dürfen wir uns durch solche Täter nicht nehmen lassen.“
Bündnis fordert angesichts der Tat Solidarität ein
Bielefeld sei kein Ort, an dem jemand das Glück der anderen angreift, und Bielefeld werde auch nicht zu einem „Ort, an dem wir uns unser Glück verbieten lassen. Wir werden unsere Clubs nicht aufgeben, unsere Festivals nicht absagen und unser freies Leben nicht verbergen. Gerade jetzt erst recht. Was es jetzt braucht, ist Solidarität.“
Doch wer hat da eigentlich zu der Remigrations-Demo aufgerufen? Die Mobilisierung zur Demo läuft vor allem in sozialen Medien. Verschiedene rechtsextreme Gruppen aus OWL, NRW und darüber hinaus teilten bereits einen Aufruf, den die Gruppe „Der Störtrupp“ veröffentlicht hat.
Verfassungsschützer sehen im „Störtrupp“ Neonazi-Gruppe
„Der Störtrupp“, der bei öffentlichen Auftritten meist eine Fahne mit der Abkürzung „DST“ vor sich herträgt, gilt für Verfassungsschützer als „neonazistisch geprägt“. Im Laufe des Jahres 2024 ist die Gruppierung als Online-Phänomen entstanden. Ihre Anhänger nehmen regelmäßig an rechtsextremen Demos teil – gut zu erkennen an entsprechenden Bannern oder Bekleidung mit dem „DST“-Logo. Organisiert sind laut Verfassungsschutz vor allem junge Männer, die oft als gewaltbefürwortend auftreten – vor allem in sozialen Medien.
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Schon vor rund zwei Wochen zeigte sich, dass der „DST“ durchaus aktiv in OWL ist. So hatten Anhänger aus OWL gemeinsam mit anderen Rechtsextremen zu einer Demo in Herford aufgerufen. Mehrere Teilnehmer, darunter bekannte und gewaltbereite Neonazis, liefen in Kleidung des „Störtrupps“ durch die Stadt. Ebenso zeigen Auswertungen in sozialen Medien, dass es zwischen Anhängern des „DST“ sowie der rechtsextremen Szene in OWL eine teils intensive Vernetzung gibt. Die Beobachter gehen deshalb davon aus, dass Protagonisten der regionalen Neonazi-Szene mit hoher Wahrscheinlichkeit am Samstag nach Bielefeld reisen werden.
Polizei-Hundertschaften müssen Fans und Demo trennen
Angemeldet wurden 200 Teilnehmer, berichtet Polizeisprecher Michael Kötter. Die Demo soll ab 11 Uhr mit einer Kundgebung am Bielefelder Hauptbahnhof starten, und dann folge ein kleiner Demoverlauf durch die Innenstadt. Welchen Weg die Rechtsextremen gehen werden, sei aktuell (Donnerstag, 13 Uhr) noch Teil der polizeilichen Verhandlungen.
Die Bielefelder stehen zusammen: Wir denken an euch als Solidarität mit den Opfern des Messer-Anschlags.
| © Screenshot: stadtratereigugat.com
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Natürlich wisse die Polizei, dass an diesem Samstagvormittag der Bahnhof voller Arminia-Fans sein werde, die eigentlich nach Berlin reisen wollen, bestätigt Kötter. Deshalb werden zu allen anderen Herausforderungen hinzukommend nun noch Einsatzhundertschaften zum Bahnhof kommen, um ein Aufeinandertreffen der Demo-Teilnehmer mit der übrigen Bevölkerung zu verhindern. „Das ist auch für die Polizei eine besondere Einsatzsituation.“
Die Arminia-Fanszene wird über Nazis nicht begeistert sein
Zeitlich überschneiden sich die Demos übrigens nicht mit dem Public Viewing am Jahnplatz. Beide Demos sind bis maximal 16 Uhr angemeldet. Anpfiff in Berlin ist um 20 Uhr, das Public Viewing-Gelände am Jahnplatz öffnet um 18 Uhr. Erfahrungsgemäß enden Demos deutlich vor Ende des angezeigten Zeitrahmens.
Bekanntlich sind unter den Opfern des Messer-Anschlags vor dem Cutie auch Arminia-Fans. „Die Fanszene ist mit Sicherheit nicht begeistert, dass das Leid ihrer Freunde nun von Rechtsextremen für solche Auftritte instrumentalisiert wird“, betont Michael Gugat. Dessen ungeachtet sagt aber auch Michael Gugat: „An diesem Samstag liegt der Fokus voll und ganz auf Arminia. Das soll so sein und auch bleiben. Trotzdem können wir nicht wegsehen, wenn solche Gruppen nach Bielefeld kommen.“