Der katholische Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, hat vor einer Normalisierung von Prostitution gewarnt. Kaum jemand führe diese Arbeit freiwillig aus: „Ob durch wirtschaftliche Not zum Verkauf des eigenen Körpers gedrängt oder durch falsche Versprechungen, Zwang und Gewalt: In allen Fällen wird die Würde brutal verletzt“, so Koch. Er äußerte sich am Donnerstag in Berlin anlässlich der Pfingstaktion des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis.
Papst Leo XIV. hat sich an diesem Donnerstag im Vatikan an Vertreter der Päpstlichen Missionswerke aus aller Welt gewandt und dabei explizit auch das Kindermissionswerk gewürdigt. …
Als Bischof des katholischen Osteuropa-Hilfswerkes Renovabis hielt Koch ein Grußwort zur Veranstaltung „Die Würde der Frau ist (un)antastbar? Ein Gespräch über die aktuelle Situation der Prostitution in Deutschland“, das die Pressestelle seines Erzbistums verschickte. Der Gesprächs-Abend war ein zentraler Bestandteil der Eröffnungswoche der Renovabis-Pfingstaktion, die in diesem Jahr vom 21. bis 25. Mai unter dem Motto „Voll der Würde“ im Erzbistum Berlin stattfindet.
„Wird offensichtlich, wie fragil Würde sein kann“
Eindringlich wandte Erzbischof Koch sich hier gegen Prostitution: „Da jedoch, wo ein Machtgefälle die Beziehung pervertiert, wo sich unter dem Vorzeichen von Unfreiwilligkeit, Zwang oder gar Gewalt die destruktive Kraft der Sexualität entfaltet, wird offensichtlich, wie fragil Würde sein kann. Die Menschenwürde ist dabei keine abstrakte Idee und für unsere Kirche alles andere als nur ein frommes oder philosophisches Konzept; sie ist eine sehr praktische Verpflichtung, uns im eigenen Handeln so zu verhalten, dass die erschreckend alltägliche Vernichtung der Würde von Menschen in unserer Gesellschaft ein Ende findet.“
„Kompromisslos eine Gesellschaft einfordern, in der es keine Versklavung mehr gibt, egal ob sie subtil oder offen-brutal daherkommt“
Renovabis kämpft auch gegen Menschenhandel
Koch erinnerte daran, dass Papst Franziskus Prostitution daher auch als „Sklaventum“ bezeichnete, und den damit einhergehenden Menschenhandel ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ nannte. Dies zu erkennen, brauche es „keine übernatürliche Offenbarung; es reichen menschliche Vernunft und Anstand“, so Koch.
„Aus Bulgarien und Rumänien beispielsweise stammt ein erschreckend hoher Anteil der in Deutschland zur Prostitution gezwungenen Frauen“
Da ein großer Teil der Betroffenen, die meisten davon Frauen, aus Osteuropa, kommt, ist auch Renovabis in diesem Bereich aktiv. Vielfach seien die auslösenden Faktoren Armut, Perspektivlosigkeit, familiäre Not, Krieg und/oder fehlende soziale Absicherung in den Herkunftsländern. Aus Bulgarien und Rumänien beispielsweise stamme ein erschreckend hoher Anteil der in Deutschland zur Prostitution gezwungenen Frauen. Strukturelle Armut und mangelnde Bildungschancen machten sie und ihre Familien zur leichten Beute für die falschen Versprechungen der Menschenhändler. „Die Bekämpfung dieser Ursachen in ganz Ost- und Südosteuropa ist ein zentrales Anliegen unseres Hilfswerkes.“
Schweden und Frankreich als Vorbild
Die katholische Kirche wende sich nicht gegen die Betroffenen, sondern „gegen die gesellschaftlichen Faktoren, welche Menschen in der Prostitution halten oder sie in diese hineinzwingen.“ Renovabis wolle die Betroffenen – oft Minderjährige – beim Ausstieg unterstützen und Alternativen eröffnen. Erzbischof Koch rief dazu auf, „kompromisslos eine Gesellschaft einzufordern, in der es keine Versklavung mehr gibt, egal ob sie subtil oder offen-brutal daherkommt. Wer nach Vorbildern sucht, mag diesbezüglich nach Schweden oder Frankreich blicken: Dort hat die Gesetzgebung deutlicher als hierzulande erkannt, dass schrankenloser Liberalismus nicht immer mit segensreichem Fortschritt einhergeht.“
„Wer nach Vorbildern sucht, mag diesbezüglich nach Schweden oder Frankreich blicken: Dort hat die Gesetzgebung deutlicher als hierzulande erkannt, dass schrankenloser Liberalismus nicht immer mit segensreichem Fortschritt einhergeht“
In Schweden und Frankreich machen sich nicht Prostituierte strafbar, jedoch all jene, die ihre Dienste nutzen.
Menschenwürde an vielen Orten und in vielen Situationen bedenken
In seiner Predigt zur Eröffnung der Renovabis-Pfingstaktion in der Sankt Hedwigs-Kathedrale in Berlin von Erzbischof Heiner Koch für Sonntag, 25. Mai 2025, die das Presseamt des Erzbischofs diesen Donnerstag verschickte, regt Koch ebenfalls zum Nachdenken über die Menschenwürde an: „,Die Würde des Menschen ist unantastbar` heißt es im deutschen Grundgesetz. Ist sie wirklich unantastbar, wenn so viele tausend Menschen täglich in der Ukraine sterben? Wenn so viele Menschen zu Opfern von Zwangsprostitution und Menschenhandel werden? Welche Würde kommt jedem einzelnen dieser Opfer zu? Achten wir diese Würde und Größe in unserem Verhalten, unserer Anerkennung und Achtung?“.
(pm – sst)