Es sind gespenstige Bilder, die sich derzeit überall in Deutschland bieten. Völlig kahle, silbrig glänzende Bäume und Sträucher, von feinen Schleiern, komplett überzogene Hecken und Bodendecker. Als hätte der Frühling eine gigantische Halloween-Deko erhalten.

Verantwortlich für den natürlichen Grusel-Look von Mecklenburg-Vorpommern bis Bayern sind Gespinstmotten-Raupen. Sie fressen die Blätter befallener Pflanzen vollständig ab und kleiden Stämme, Äste und Zweige in klebrig-fädige Nester, in denen sie jeweils zu Hunderten leben.

Auch die Pflanzen am Boden sind unter dem klebrigen Schleier gefangen

Nahe eines Bachs in NRW: Die Gespinstmotte verwandelt die Landschaft in ein Grusel-Szenario

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Laut Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Nordrhein-Westfalen haben die gefräßigen Larven Vorlieben für Traubenkirschen, Weißdorn, Pfaffenhütchen, Pappeln, Weiden und Obstbäume.

Raupen spinnen alles ein

Auf ihrer Suche nach einem noch nicht kahl gefressenen Strauch spinnen sie aber alles – auch Gräser, Kräuter, Zaunpfosten oder ganze Bänke – ein. Karl-Heinz Jelinek, beim NABU Experte für Schmetterlinge: „Den seidigen Schleier spinnen die kleinen Raupen, um sich vor Fressfeinden wie Vögeln oder Witterungseinflüssen wie Regen zu schützen.“

In Mecklenburg-Vorpommern hat die Motte diesen Strauch „dekoriert“

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Foto: Jens Büttner/dpa

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Unter dem Schleier fressen die Tiere bis Mitte Juni den befallenen Baum kahl. Dann wandern sie zum Stammfuß, wo sie sich im Schutz des Gespinstes verpuppen. „Anfang Juli schlüpfen bereits die weißen, schwarz gepunkteten Falter der Traubenkirschen-Gespinstmotte“, so Jelinek weiter. Rund 900 verwandte Arten des kleinen Falters gibt es weltweit.

Gespinst-Szenario wird sich wiederholen

Nach der Paarung legen sie ihre Eier an Knospen ab, wo der Spuk im nächsten Frühling von vorn beginnt. Es sei denn, es haben sich zuvor Schlupfwespen, Raubwanzen oder Parasiten über die Motten und deren Gelege hergemacht.

Später werden die Gespinste

Später sammelt sich auch massenhaft Raupen-Kot in den Nestern

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Die Traubenkirschen-Gespinstmotte hat eine Spannweite von 2,5 cm

Fertig! Im Juli schlüpft die Gespinstmotte

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Laut Jelinek ist die Intensität des Befalls von Jahr zu Jahr unterschiedlich, nimmt wegen des Klimawandels aber zu. Da die Tiere für Menschen harmlos sind und befallene Bäume zumeist auch überleben, sollte auf den Einsatz von Gift zur Bekämpfung verzichtet werden. Denn dann würden auch die natürlichen Feinde der Gespinstmotten (nicht zu verwechseln mit dem Eichenprozessionsspinner) getötet.

Lesen Sie auchDiese Tipps gibt der Experte

Der Experte empfiehlt, bei Obstbäumen rechtzeitig mit dem Absammeln der Tiere zu beginnen. Wenn es dafür bereits zu spät ist, sollten die Gespinste oder gleich die ganzen betroffenen Endtriebe abgeschnitten und in der Mülltonne oder Biotonne entsorgt werden.

Im Kompost sollten die Tierchen indes nicht landen, weil sie sich dann schnell wieder über das nächste frische Grün hermachen könnten. Kam es trotz der Maßnahmen zum ausgeprägten Geisterraupen-Überfall, treiben die meisten Bäume noch vor dem Sommer neu aus.