Großbritannien erwägt, Sexualstraftätern Medikamente zu verabreichen, die den Sexualtrieb unterdrücken. Damit sollen sie von weiteren Übergriffen abgehalten werden. In 20 Gefängnissen sollen entsprechende Pilotprojekte beginnen, wie Justizministerin Shabana Mahmood mitteilte. Sie prüfe auch, ob es möglich sei, die Medikamentengabe verbindlich zu machen.

Einhergehen müsse dies aber mit psychologischen Maßnahmen, sagte sie. Dabei sollten auch andere Hintergründe der Straftaten durchleuchtet werden, etwa das Ausüben von Macht und Kontrolle.

Wenn mit Medikamenten der Sexualtrieb gehemmt werden soll, wird das auch als chemische Kastration bezeichnet. In Deutschland ist laut wissenschaftlichem Dienst des Bundestags eine solche chemische Kastration rechtlich möglich, sofern sie freiwillig erfolgt.

In Pakistan hatte das Parlament vor einigen Jahren ein Gesetz verabschiedet, das es Gerichten erlaubt, die chemische Kastration bestimmter Sexualstraftäter anzuordnen. Menschenrechtsorganisationen und Juristen hatten das kritisiert.

Alternativen im Strafsystem

Angesichts der überlasteten Gefängnisse in England überlegt die britische Regierung, welche alternativen Möglichkeiten es im Strafsystem gibt. Die Regierung musste bereits Tausende Straftäter früher als geplant entlassen, um wieder Platz in Haftanstalten zu schaffen.

In einem Bericht wird neben etlichen anderen Maßnahmen empfohlen, bei Sexualstraftätern die Möglichkeit der chemischen Kastration zu untersuchen, um Wiederholungstaten zu vermeiden. In England gibt es bereits ein Pilotprojekt, das nun ausgeweitet werden soll.

Welche Stellen beraten bei sexualisierter Gewalt?  

Das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen ist Tag und Nacht unter der Nummer 116 016 erreichbar ‒ kostenlos und auf Wunsch anonym. Über die Internetseite können sich Betroffene zudem online per E-Mail oder Chat beraten lassen. 

Weitere Anlaufstellen per Telefon, Mail oder persönlich sind das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch, das Opfertelefon Weißer Ring oder die Lara Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen (Berlin). Für Männer gibt es das Hilfetelefon Gewalt an Männern. Mit dem Beratungsstellenfinder bbf Frauen gegen Gewalt können Betroffene in einer Suchmaske Hilfe am Ort finden.

Je nach Region gibt es lokale Frauenhäuser und Beratungszentren. Eine Übersicht gibt die Frauenhaus Koordinierung.  

Wo kann man Spuren sichern lassen?

Gewaltschutzambulanzen sichern Spuren kostenlos, vertraulich, anonym. Manchmal heißen sie auch Opferhilfeambulanz oder ähnlich. Auch manche Krankenhäuser, Frauenarztpraxen oder der Rettungsdienst bieten Spurensicherung an. Fragen Sie am besten per Telefon nach. 

Hier finden Sie die Homepages der Gewaltschutzambulanz der Charité Berlin und der Gewaltschutzambulanz Bremen. Mehr Informationen zur ärztlichen Versorgung nach Vergewaltigungen bieten die Frauenärzte im Netz.

Haben Sie den Verdacht, dass Ihnen jemand K.-o.-Tropfen verabreicht hat, sollten Sie möglichst schnell eine Blut- oder Urinprobe zur Untersuchung abgeben. Die Substanzen sind nach wenigen Stunden nicht mehr nachweisbar. Beratungsstellen und Hilfetelefone geben Auskunft, wo das möglich ist.

Was können Betroffene selbst tun?

  • Ein Gedächtnisprotokoll mit Datum schreiben. Erinnerungen jeweils mit dem aktuellen Datum hinzuzufügen
  • Nachrichten mit Datum, Uhrzeit, Name und Kontext als rechtssichere Screenshots speichern
  • Getragene Unterwäsche, Kleidung und Hygieneartikel wie Tampons und Binden aufbewahren. Ebenso Bettwäsche, Handtücher, die DNA-Spuren aufweisen können
  • Idealerweise vor der medizinischen Spurensicherung nicht duschen und wenn möglich nicht zur Toilette gehen

Weitere Informationen in leichter Sprache (PDF): Gesine Netzwerk Gesundheit: Was tun?

Weitere Informationen

Kindesmissbrauch und Pädophilie

Sexuelle Gewalt gegen Kinder wird noch immer häufig mit Pädophilie gleichgesetzt. Dabei ist nur gut die Hälfte aller Menschen, die Kinder sexuell misshandeln, auch pädophil. Pädophilie ist eine Neigung, bei der erwachsene Menschen sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen, die meist noch vor der Pubertät stehen und jünger als elf Jahre sind. Pädophil zu sein, heißt nicht automatisch, diese Neigung auch auszuleben.

Kindesmissbrauch kennt viele Täterinnen und Täter, beispielsweise Menschen, die traumatisierende Erfahrungen in ihren Familien erlebt haben, unter Persönlichkeitsstörungen leiden, Probleme haben, Empathie zu empfinden, oder dazu neigen, sich und anderen zu schaden. Manche Täter missbrauchen Kinder auch, weil ihnen etwa die sozialen Fähigkeiten fehlen, sexuelle Beziehungen zu Erwachsenen einzugehen.

Wichtig ist auch zu wissen: Missbrauch findet oft in den Familien statt, in denen Kinder ohnehin leben. Der Täter kommt also nicht zwingend von außen.

Mehr zu den Hintergründen gibt es im ZEIT-ONLINE-Sexpodcast mit der Ärztin, Sexual- und Traumatherapeutin Melanie Büttner – zu hören in diesen Folgen:

Prävention von Missbrauch

Bei der Prävention spielt Erziehung eine wichtige Rolle. Die Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs formuliert es so: „In der Familie bedeutet präventive Erziehung, den Töchtern und Söhnen mit Liebe und Respekt zu begegnen, ihre Persönlichkeit ernst zu nehmen und ihre Selbstbestimmung zu fördern.“ Auf der Seite der Beauftragten können sich Eltern und andere Erziehende daher über Themen wie körperliche Selbstbestimmung, Sexualerziehung und den Umgang mit Gefühlen informieren.

Das Bundesfamilienministerium hat Informationen rund um das Thema sexueller Missbrauch in der Broschüre Mutig fragen – besonnen handeln zusammengestellt. Dort widmet sich ein ganzes Kapitel der Frage „Wie schütze ich mein Kind vor sexuellem Missbrauch?“ (ab Seite 83).

Was tun bei einem Verdacht?

Beratungszentren, das Jugendamt, die Polizei, die Kinderschutzambulanz am Krankenhaus – diese Anlaufstellen nennt das Bundesfamilienministerium als direkte Ansprechpartner. Hinzu kommt eine Reihe telefonischer Beratungsangebote und Onlineanlaufstellen (ab Seite 92). Faustregel: Lieber einmal zu viel nachgefragt als einmal zu wenig.

Das Bundesjustizministerium hat ebenfalls Leitlinien zu dem Thema zusammengestellt. In einer Handreichung erklärt das Ministerium, wann und wie sich etwa Erzieherinnen, Lehrer oder andere Mitarbeiter von Kinder- und Jugendeinrichtungen bei einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch an Polizei und Staatsanwaltschaft wenden sollten.

Hilfe für Opfer

Das Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch des Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs bietet zahlreiche Informationen zum Thema sexuelle Gewalt an Kindern im Überblick. Es lässt sich gezielt nach Beratungsstellen, medizinischer und rechtlicher Hilfe in der eigenen Umgebung durchsuchen.

Der Verein N.I.N.A. in Kiel betreibt das bundesweite Hilfetelefon Sexueller Missbrauch. Unter der Nummer 0800 – 22 55 530 gibt es dort kostenlose, anonyme Beratung. Wer seine Fragen lieber schriftlich stellen möchte, erreicht die Onlineberatung von N.I.N.A unter www.hilfe-telefon-missbrauch.online.

Nicht zum Täter werden

Das Präventionsnetzwerk Kein Täter werden ist eine Anlaufstelle für Menschen, die sich zu Kindern hingezogen fühlen und darunter leiden. Kein Täter werden bietet ihnen therapeutische Hilfe an, um zu verhindern, dass sie sexuelle Übergriffe begehen. Gestartet wurde das Netzwerk 2005 an der Berliner Charité, und es hat mittlerweile deutschlandweit Standorte.

Auch das Onlineselbsthilfeprogramm Troubled Desire will Menschen helfen, die eine pädophile Neigung haben. Speziell an Jugendliche, die sexuelle Fantasien über Kinder haben, richtet sich das Präventionsangebot Du träumst von ihnen.

Sexuelle Gewalt

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