Eine versuchte Abschiebung in Sachsen-Anhalt sorgt deutschlandweit für Empörung. Ein syrisches 10-jähriges Mädchen soll vergangene Woche von Polizei und Ausländerbehörde aus dem Sportunterricht ihrer Grundschule geholt worden sein – um gemeinsam mit ihrer Familie abgeschoben zu werden. Das Mädchen soll sich weinend an die Lehrerin der Klasse geklammert haben.

Wie das „Naumburger Tageblatt“ berichtet, sollen die Polizeibeamten und Mitarbeiter der Ausländerbehörde um kurz nach acht Uhr im Unterricht der Naumburger Grundschule erschienen sein. Mitschüler und Lehrer hätten bestürzt reagiert, als das weinende Mädchen unter lautem Protest aus der Schule mitgenommen wurde.

Kreisverwaltung überprüft den Einsatz

Durch das Landesschulamt wurde inzwischen „schulpsychologische Unterstützung angeboten“. Ein Sprecher des Amtes erklärt gegenüber BILD, dass solche Einsätze selten sind: „Das ist keine alltägliche Situation.“ In dem Landkreis habe es in den letzten zehn Jahren zwei Einsätze solcher Art gegeben.

Kinder würden nur aus der Schule abgeholt, „wenn die Behörde sonst keinen Zugriff bekommt“, so die Erklärung. Dabei ist die Ansage an die Beamten: Sie sollen dabei vorgehen und alles tun, damit andere Schüler möglichst wenig mitbekommen und nicht traumatisiert werden.

Die Kreisverwaltung überprüft jetzt den Einsatz an der Grundschule. Landrat Götz Ulrich (55, CDU) kündigte an, sich den gesamten Fall in der kommenden Woche vorlegen und aufbereiten zu lassen. Auch Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (54, CDU) hat vom Landesverwaltungsamt einen Bericht angefordert.

Lesen Sie auchGrünen-Politikerin fordert Stopp von Abschiebungen aus Schulen und Kindergärten

Kritik äußert die Opposition im Landtag. „Kinder aus Schulturnhallen abführen zu lassen, ist unmenschlich“, empört sich Susan Sziborra-Seidlitz (47, Grüne). Sie fordert ein sofortiges Ende von Abschiebungen aus Schulen und Kindergärten.

Auch Hendrik Lange (48, Linke) verlangt von Innenministerin Zieschang „per Weisung an die Ausländerbehörden derartige Abschiebungen für die Zukunft zu unterbinden“.

Für Chris Schulenburg (44, CDU) hätten die Eltern des Mädchen das alles verhindern können – wenn sie der Aufforderung zur Ausreise freiwillig nachgekommen wären

Für Chris Schulenburg (44, CDU) hätten die Eltern des Mädchen das alles verhindern können – wenn sie der Aufforderung zur Ausreise freiwillig nachgekommen wären

Foto: imago/foto2press

„Wenn der Rechtsweg ausgeschöpft wurde und eine Familie nicht freiwillig ausreist, dann muss der Rechtsstaat vollziehen, zur Not auch mit Zwang“, erklärt hingegen Chris Schulenburg (44), innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag.

„Die Bürger erwarten, dass der Staat funktioniert.“ Schulenburg sieht die Schuld in erster Linie bei den Eltern der Zehnjährigen. „Sie hätten die Bilder verhindern können, wenn sie freiwillig ausgereist wären.“

Korrektur:

In der ersten Version des Textes hatten wir fälschlicherweise berichtet, dass die Familie nach Syrien abgeschoben werden sollte. Richtig ist, dass die Familie aus Syrien stammt. Wohin genau sie abgeschoben werden sollte, ist bisher nicht bekannt und wurde von den Behörden bislang nicht mitgeteilt.