1. Das große Warten: Was bis Jahresende (und darüber hinaus) an Notebook-CPUs kommt

Während es vergangenes Jahr auf der IT-Messe Computex nur so vor neuen PC-Chips brummte, war es dieses Jahr ruhiger als erwartet. c’t und heise online haben hinter den Kulissen nachgehorcht, wie es um Intels nächste Notebook-Generation Panther Lake (wahrscheinlich Core Ultra 300) steht, was AMD in petto hat und warum Nvidia doch keinen PC-Prozessor angekündigt hat.

AMD und Intel zogen 2024 hastig ihre Ryzen AI 300 und Core Ultra 200V vor, um ein Konkurrenzprodukt mit starker KI-Einheit gegen Qualcomms Snapdragon X zu haben. Der immanente Nachteil: Wenn Hersteller eine einzelne Chipgeneration früher als geplant auf den Markt bringen, gilt das nicht auch für deren jeweilige Nachfolger, die noch in früheren Entwicklungsstufen stecken. Die werden sogar eher ausgebremst, falls dort Ressourcen abgezogen werden.

Intels aktueller Stand

So hatte Intel auf der Computex 2025 zwar ein Prototypensystem mit Panther Lake dabei, der sowohl Lunar Lake (Core Ultra 200V: dicke NPU, wenig CPU) als auch Arrow Lake (Core Ultra 200H: viel CPU, aber keine NPU für Copilot+) beerbt und erstmals Intels nagelneuen Fertigungsprozess 18A nutzt. Die Spatzen pfiffen aber schon vor der Messe von den Dächern, dass im Jahr 2025 statt des versprochenen Verkaufsstarts wohl nur noch die Massenproduktion startet. Von da an dauert es noch einige Monate, bis fertige Notebooks im Handel ankommen.

Intel Panther Lake

(Bild: c’t / chh)

Vielleicht steht kurz vor Weihnachten wie damals bei Meteor Lake in manchen Regionen bei manchen Händlern ein erstes Notebook in den Regalen, aber en masse geht es erst 2026 los. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Panther Lake wie Lunar Lake für Notebookhersteller extrem unattraktiv ist: Schon Lunar Lake erfordert spezielle Mainboards, die weder die vorherige noch die nachfolgende Generation aufnehmen können und daher besonders teuer in der Entwicklung sind. Panther Lake bringt wieder eine neue Plattform mit, die nicht für dessen Nachfolger Nova Lake taugen wird.

AMD: Refresh in Sicht

AMD konnte mit Strix Point alias Ryzen AI 300 im vergangenen Jahr den Achtungserfolg erzielen, die erste x86-CPU für Copilot+ zu verkaufen. Doch in den ersten Monaten gab es nur wenige Chips, die größtenteils Asus erhalten hat. Die Situation besserte sich im Herbst – und wiederholte sich im Frühjahr: Der kleinere Ableger Krackan Point (ebenfalls Ryzen AI 300) mit maximal acht statt zwölf Zen-5(c)-Kernen und einer kleineren Grafikeinheit debütierte im Januar zur CES, ist aber erst dieser Tage bei uns in Notebooks anzutreffen. Laut Notebookherstellern ist Krackan Point schlicht zu teuer, sodass sie lieber zum Hawk-Point-Refresh Ryzen 200 greifen.

Zur Computex 2025 hatte AMD keinen Nachfolger für den nun schon ein Jahr alten Strix Point in petto. In der Gerüchteküche geistert dafür der Name Gorgon Point herum. Dahinter versteckt sich angeblich ein eher unspannender Refresh, der marketingtechnisch mit der neuen Bezeichnung Ryzen AI 400 aber voll ausgeschlachtet werden soll. Das braucht AMD für das Produktjahr 2026, weil die nächste technische Weiterentwicklung noch in weiter Ferne liegt: Erst Medusa Point bringt Zen-6-Kerne und eine Grafikeinheit mit frischer RDNA4-Architektur mit. Letztere nutzen die gerade erst erschienenen Desktop-Grafikkarten der Radeon-9000-Serie und erstere wurden speziell für TSMCs Fertigungsprozess N2 ausgelegt. Damit ist der gesamte Chip wohl eher was für die nächste Computex in einem Jahr … oder noch später.

Notebookplatine mit AMDs Krackan Point

(Bild: c’t / mue)

Qualcomm macht auf Snadragon-X-Nachfolger neugierig

Bis dahin hat dann nicht nur Intel etwas Neues im Portfolio, sondern sicherlich auch Apple und wohl auch Qualcomm. Die einzig nennenswerte Ankündigung des Firmenchefs Cristiano Amon auf seiner Computex-Keynote-Ansprache war nämlich, dass im September der Nachfolger des Snapdragon X auf der Hausmesse Snapdragon Summit enthüllt wird. Und ein Pressesprecher versprach, dass Interessierte solche Notebooks dann auch zügig kaufen könnten – das klingt nach Vorweihnachtszeit beziehungsweise Jahreswechsel.

Bei Nvidia alles im grünen Bereich?

Wo wir gerade beim Jahresende und ARM-Prozessoren sind: Nvidia hat schon zur CES im Januar seine Mini-Workstation DGX Spark samt eigenem Kombiprozessor GB10 enthüllt, der aus zwei Chiplets besteht. Den GPU-Teil hat Nvidia selbst entwickelt, während der CPU-Teil, der auch alle anderen SoC-Funktionen von USB über RAM-Controller bis Netzwerk mitbringt, von Mediatek stammt.

Nvidia-Chef Jensen Huang betonte immer wieder auf verschiedenen Veranstaltungen, die er als Haupt- oder Gastredner bestritt, wie toll die Kooperation sei, dass der komplexe Chiplet-Verbund schon im ersten Ansatz lauffähig gewesen sei und die Massenproduktion anlaufen würde.

Da Journalisten als Berufspessimisten bei überschwänglichstem Lob hellhörig werden und wir obendrein bei Nvidia generell eine gewisse Grundskepsis an den Tag legen, haben wir uns mal in Taiwan umgehört. Verdächtig war schon, dass Nvidia auf der parallel zur Computex stattfindenden Hausmesse GTC zahlreiche DGX-Spark-Systeme mit GB10 ausgestellt hat, aber im Demobereich immer noch kein laufendes System zu sehen war – Monate nach der Enthüllung.

Nvidias Mini-Workstation DGX Spark in der Founders Edition (vorne) und von Partnern (hinten)

(Bild: c’t / mue)

Wie uns eine gut unterrichtete Quelle mitteilte, hat GB10 vermutlich einen kleinen, aber feinen Bug mit pikanten Auswirkungen. Der Chip läuft im Groben und Ganzen, aber der Displaycontroller ist offenbar im Eimer: Er soll nur eine Auflösung ausspucken. Und das ist nicht einmal eine von denen, die Monitore üblicherweise darstellen.

Im Gespräch brachte einer der Spark-Partner deshalb ein neues Narrativ ins Spiel: Er sehe DGX Spark wenig als überkandidelten Office-PC, sondern vielmehr als ein Zusatzgerät mit einer dedizierten Aufgabe – ähnlich wie ein Netzwerkspeicher (NAS), das vielleicht auf demselben Schreibtisch wie der Arbeits-PC steht. Daher würde man DGX Spark auch nicht wie andere Komplett-PCs mit Maus und Tastatur ausliefern. Klickt es da bei Ihnen auch? Genau: Ein NAS braucht keinen Monitor, weil man nur per Netzwerk darauf zugreift.

Doof für Nvidia: GB10 soll auch eng verwandte Ableger namens N1X und N1 bekommen, die dann in starken Gaming-Notebooks mit Windows on ARM stecken und Qualcomm die Exklusivität nehmen. Da wäre aber ein funktionierender Displaycontroller praktisch. Der oben erwähnte Fehler erfordert einen Schritt zurück ans Reißbrett und ein überarbeitetes Chipdesign, was mindestens ein halbes Jahr kosten dürfte. Eine Verzögerung in dieser Größenordnung für N1X und N1 wurde uns von mehreren Seiten zugetragen, ohne dass diese wiederum die genauen Hintergründe kannten. Damit halten wir eine offizielle Enthüllung noch in diesem Kalenderjahr mittlerweile für ausgeschlossen; sie würde aber gut zur CES Anfang 2026 passen.

Nvidias starker Kombiprozessor GB10

(Bild: c’t / mue)

Für DGX Spark mit GB10 hoffen alle Firmen weiterhin auf einen schnelleren Start (wahrscheinlich mit obigen Einschränkungen). Mal hieß es auf der Computex unbestimmt „im dritten Quartal“, mal spezifischer „wir planen mit Ende August“. Die einzige Zusage, der wir mit jahrelanger Nvidia-Erfahrung zu 100 Prozent trauen, ist allerdings „wenn Jensen es erlaubt“ – und ja, auch das ist ein Zitat von einem Partner.

Fast notebooktauglich

Wäre der blöde Bug nicht, brächte GB10 schon in der jetzigen Form alles mit, was für Notebooks relevant ist. Nvidia bestätigte etwa integriertes WLAN und Bluetooth. Bei anderen Aspekten mussten wir tiefer bohren, da es weiterhin kein offizielles Blockschaltbild gibt, das alle Baugruppen von GB10 benennt.

Ohne eine NPU, die für Copilot+ taugt, braucht Nvidia bei hochpreisigen Windows-Notebooks gar nicht anzutreten. Nvidia selbst wich der Frage geschickt mit „we’re not exposing an NPU on DGX Spark“ aus: Nur weil es keine Programmierschnittstelle gibt, da DGX Spark im anvisierten Marktsegment alles an KI-Berechnungen sinnigerweise auf die viel stärkere GPU schiebt, kann trotzdem eine NPU im Chip schlummern.

Aus dritter Hand wurde uns zugetragen, dass es eine NPU auf Basis von NVDLA gebe. Solche verwendete Nvidia schon früher, etwa im Prozessor des Jetson Xavier. Alternativ könnte auch Kooperationspartner Mediatek eine KI-Einheit beigesteuert haben.

Mit solchen Rechenwerken hat Mediatek bereits reichlich Erfahrung: In Mediateks Smartphone-Prozessor Dimensity 9400(+) und dessen Chromebook-Ableger Kompanio Ultra 910 sitzt eine 50 TOPS starke NPU. Auch sonst bringt der Prozessor mit einem Cortex-X925, drei Cortex-X4 und vier Cortex-A720 alles für alltagstaugliche Rechenleistung in Nicht-KI-Anwendungen mit. Die GPU (Mali Immortalis G925) gehört ebenfalls zum neuesten und Stärksten, was Designlieferant ARM derzeit im Angebot hat.

Chromebook-Prototyp mit Mediateks Kompanio Ultra 910

(Bild: c’t / mue)

Pikante Randnotiz: In den Fußnoten des Prozessordatenblatts erwähnt Mediatek, dass man GPU-Features wie Raytracing unter ChromeOS gar nicht nutzen könne. Nun ja: Uns fällt auf Anhieb ein anderes Betriebssystem ein, das damit keine Probleme hat und dem auch eine so dicke NPU schmecken würde. Dem schob das Standpersonal im Gespräch freundlich, aber bestimmt den Riegel vor: Kompanio Ultra sei für Chromebooks, für Windows-Notebooks sei erst mal „nur das mit Nvidia“ in Arbeit.

Zuliefern oder mitmischen?

Wie so oft spielen externe Faktoren dabei eine wichtigere Rolle als interner Wille. Mediatek entwickelt die in seinen Chips verwendeten CPU- und GPU-Architekturen nicht selbst, sondern nimmt das, was ARM all seinen Lizenznehmern bereitstellt. Somit ist die Firma auch auf deren Unterstützung angewiesen, was (Grafik-)Treiber angeht; und für Windows sind solche aktuell nicht verfügbar.

Die Betonung im letzten Satz muss auf „aktuell“ liegen, denn wie uns ein Vögelchen in Taiwan zwitscherte, wird sich das ändern: ARM arbeitet an Windows-Treibern für die Mali-GPUs. Der Stand der Dinge ist uns nicht bekannt. ARMs bisher ausgebliebene Ankündigung erklärt allerdings Mediateks derzeitigen Fokus auf Chromebooks.

2026 ahoi

Mit all diesem Wissen hat die einzige Frage, die wir während der Messe nicht sicher klären konnten, nur noch akademische Natur: Unklar ist, wann genau das Exklusivabkommen zwischen Microsoft und Qualcomm zu Windows on ARM ausläuft. Die beiden Firmen haben es nie öffentlich zugegeben. Es gilt aber als offenes Geheimnis, dass Windows on ARM aktuell nur auf Geräten mit Qualcomm-Prozessor laufen darf. Spätestens 2026 wird es mehr als nur die drei Firmen AMD, Intel und Qualcomm geben, die Prozessoren für Notebooks anbieten.

(mue)

Dieser Link ist leider nicht mehr gültig.

Links zu verschenkten Artikeln werden ungültig,
wenn diese älter als 7 Tage sind oder zu oft aufgerufen wurden.

Sie benötigen ein heise+ Paket, um diesen Artikel zu lesen. Jetzt eine Woche unverbindlich testen – ohne Verpflichtung!