Erst im vergangenen August hat Jacqueline Charlier ihr Amt als Kommunalreferentin angetreten, nun wechselt sie als Staatsrätin nach Hamburg. Die grün-rote Rathauskoalition verliert damit eine ihrer Stadtministerinnen. Von Mitte Juli an ist das Spitzenamt, das unter anderem die städtischen Immobilien, Märkte und den Abfallwirtschaftsbetrieb verantwortet, vakant.

Das Kommunalreferat sei ihr ans Herz gewachsen, sagte Charlier in einem Statement am Freitag, umso schwerer sei ihr die Entscheidung gefallen. Das Angebot aus Hamburg, die Position der Staatsrätin für Stadtentwicklung und Wohnen zu übernehmen, habe sie aber nicht ausschlagen können. Es sei für sie eine Möglichkeit, in ihre Geburtsstadt zu ihrer Familie zurückzukehren und gleichzeitig eine „großartige berufliche Chance“ wahrzunehmen. Sie werde die neue Stelle am 15. Juli antreten und bis dahin „wie bisher mit vollem Einsatz die Interessen des Kommunalreferats vertreten“.

Staatsräte in Hamburg sind politische Beamte, die die Landesregierung beraten und unterstützen. Das Amt entspricht dem des Staatssekretärs in Flächenländern. Staatsräte sind zwar nicht Teil der Landesregierung selbst, aber sie nehmen an den wöchentlichen Senatssitzungen teil und können so direkt Einfluss auf die Politik nehmen. In der Hierarchie folgen sie direkt nach dem Senator beziehungsweise dem Ersten Bürgermeister.

Mit Jacqueline Charlier verliere München „eine kompetente und hoch qualifizierte Juristin und weibliche Führungskraft“, sagte Grünen-Fraktionschefin Mona Fuchs. Die Zusammenarbeit sei immer „gut und vertrauensvoll“ gewesen. Eine kleine Spitze konnte Fuchs sich indes nicht verkneifen: Dass ein so wichtiges Referat nur so kurzzeitig besetzt gewesen sei und nun zunächst interimsmäßig geleitet werden müsse, sei freilich „sehr schade, zumal auch die Vorgängerin für das Amt weiter zur Verfügung gestanden hätte“.

Um den Posten der Kommunalreferentin hatte Charlier im vergangenen Jahr mit der damaligen Amtsinhaberin Kristina Frank (CSU) konkurriert. Frank, deren Amtszeit im Sommer auslief, hätte gern weitergemacht. Doch das Vorschlagsrecht für solche Spitzenposten haben die Fraktionen von Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt, wie es üblich ist, in ihrem Koalitionsvertrag untereinander aufgeteilt. Das Kommunalreferat sollte eigentlich der SPD zufallen; im Zuge einer Rochade bei den Vorschlagsrechten wurde es aber auf neutral geschaltet.

Frank genoss bei Grün-Rot und sogar bei der linken Opposition Anerkennung für ihre sachorientierte und überparteiliche Amtsführung. Auch die parteilose Charlier, die seit 2014 als Stellvertreterin von Stadtbaurätin Elisabeth Merk fungierte, hatte über die Fraktionen hinweg einen guten Ruf. Wochenlang hatten Grüne und SPD um die Besetzung gerungen. Die SPD-Fraktionsspitze wollte Frank nicht wiederwählen, die Grünen hingegen konnten sich dies vorstellen.

Obwohl die SPD sich damals für Charlier starkgemacht hat, nimmt sie ihr den Wechsel nun nicht übel. Die Entscheidung der Kommunalreferentin sei „nachvollziehbar“, findet Fraktionschefin Anne Hübner: „Das ist eine tolle Stelle in ihrer Stadt, da kann man ihr nur alles Gute und viel Erfolg wünschen.“

Hübner plädierte dafür, die Stelle bis zur Kommunalwahl im Frühjahr 2026 nicht neu zu besetzen. Das eröffnet die Chance, nach dem Kulturreferenten einen weiteren Spitzenposten mit der Amtszeit des Stadtrats zu synchronisieren. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat vorgeschlagen, dass möglichst bis spätestens 2032 alle 14 Referentinnen und Referenten – anders als bisher – unmittelbar nach der Kommunalwahl gewählt werden. Ihre Dienstzeit von sechs Jahren würde sich dann mit der Amtszeit des Stadtrats decken.

Die Opposition im Rathaus kritisierte den angekündigten Wechsel von Charlier. „Es ist für die Stadt und das Kommunalreferat schwierig, wenn die neue Führung nach nicht mal einem Jahr wieder geht“, sagte Manuel Pretzl, Fraktionschef von CSU/Freie Wähler. „Höchst bedauerlich, dass dafür eine erfahrene und leidenschaftliche Referentin wie Kristina Frank aus dem Amt gedrängt wurde.“

Linken-Fraktionschef Stefan Jagel bezeichnete den Weggang als „weiteren Tiefpunkt der Regierungskoalition, die organisatorisch wie inhaltlich am Ende ist“. Angesichts der angespannten Haushaltslage brauche man nun eine tragfähige und verantwortungsvolle Lösung für den Rest der Amtszeit. „Die Stadt kann sich weiteres Chaos nicht leisten.“