Gonorrhö, umgangssprachlich als „Tripper“ oder „the clap“ bekannt, breitet sich seit Jahren wieder verstärkt aus. 2023 wurden laut UK Health Security Agency (UKHSA) über 85.000 Fälle registriert – so viele wie seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1918 nicht mehr. Besonders alarmierend: Die Zahl antibiotikaresistenter Stämme steigt rapide, wodurch herkömmliche Therapien zunehmend an Wirkung verlieren.

Schwule und bisexuelle Männer besonders betroffen

Zielgruppe des neuen Impfprogramms sind laut NHS „Personen mit besonders hohem Risiko“ – konkret: schwule und bisexuelle Männer mit einer jüngeren Vorgeschichte multipler Sexualpartner oder bakterieller STIs. Damit reagiert das Gesundheitssystem auf eine demografische Realität: Laut Public Health England entfielen bereits in den Jahren vor der Pandemie über 50 Prozent der Gonorrhö-Diagnosen auf Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) – obwohl sie einen deutlich geringeren Anteil an der Gesamtbevölkerung ausmachen.

„Dieses Impfprogramm ist ein Gamechanger für queere Gesundheit“, so Richard Angell, Geschäftsführer der Terrence Higgins Trust, der größten britischen Sexualgesundheitsorganisation. „Allein diese Maßnahme könnte bis zu 40 Prozent der Neuinfektionen verhindern.“

Bekanntes Mittel, neue Anwendung

Verwendet wird der Impfstoff 4CMenB, bislang Teil des britischen Standard-Impfplans für Kinder zum Schutz vor Meningokokken-B-Infektionen. Studien zeigen, dass diese Impfung auch einen teilweisen Kreuzschutz gegen Gonorrhö bieten kann. Nun wird das Vakzin erstmals gezielt Erwachsenen verabreicht – ein Novum in der globalen Impfpolitik.

Neben dem Gonorrhö-Schutz erhalten Teilnehmende auf Wunsch auch Impfungen gegen HPV, Hepatitis A und B sowie Mpox (vormals Affenpocken) – Krankheiten, die besonders unter queeren Menschen überproportional verbreitet sind.

Rückblick

Noch vor wenigen Jahrzehnten galten Gonorrhö und Syphilis als „Krankheiten aus dem viktorianischen Zeitalter“, doch die Realität sieht anders aus: Auch Syphilis ist auf dem Vormarsch. Die UKHSA verzeichnete 2023 9.513 Syphilis-Fälle, ein Anstieg um über neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr – und der höchste Wert seit 1948.

„Wir sehen besorgniserregende Entwicklungen, die dringend neue Strategien erfordern“, betont Sema Mandal, leitende Epidemiologin beim UKHSA. Der Fokus auf Impfung statt bloßem Behandeln ist aus Sicht vieler Expert*innen daher überfällig. *Quelle: AFP