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Anderthalb Kompakte, Nikon-Updates und Historisches – Fotonews der Woche 21/2025
Mehr Retro hatten wir in dieser Kolumne noch nie – kein Wunder, der Sommer kommt bald, und da wollen bezahlbare Kameras für unterwegs verkauft werden. Und die ziehen seit Jahren besonders, wenn sie sich an Klassikern orientieren. Dabei sind einige Hersteller sogar erfrischend mutig und setzen nicht nur auf das Design der 1960er bis 1980er Jahre.
Geradezu exotisch fallen dabei die Funktionen der X-HF1, alias „X half“ von Fujifilm aus. Sie ist zwar eine Digitalkamera, hat aber einen Transporthebel, obwohl im Inneren kein Platz für eine Filmrolle ist. So simuliert sie die Bedienung einer analogen Kamera, wenn man den „Filmmodus“ einschaltet. Dann muss man nach jedem Bild den Hebel betätigen und sich für einen Look für einen ganzen virtuellen Film mit bis zu 72 Aufnahmen entscheiden. Die Zahl, der Name des Geräts deuten es an: Die Fuji macht Bilder im Halbformat, das manche Analoge boten, um auf einem 35-Millimeter-Frame zwei Fotos unterzubringen.
Die sind dann auch bei X half im Seitenverhältnis von 3:4, was grob dem Hochformat mancher Smartphones entspricht. Fuji zieht das durch, auch das Display auf der Rückseite ist hochkant ausgeführt. Den Rest der Technik haben wir bereits gründlich beschrieben, daher hier der Blick auf die Einschränkungen, denn die sind erheblich. Mit nur JPEGs, nicht Raw-Dateien, könnte man angesichts des 1-Zoll-Sensors ja noch leben. Der ist zudem nicht das, was man üblicherweise als „Halbformat“ bezeichnet, also die Hälfte eines Vollformat-Sensors, sondern die Hälfte eines APS-C-Sensors, wie er sonst bei der X-Serie verbaut wird.
X half macht Analog-Feeling zum teuren Spaß
Noch schwerer wiegt jedoch der Preis von rund 800 Euro, denn damit ist die Fuji kein Einstiegsmodell mehr, das man etwa unbeschwert dem Nachwuchs gibt, damit dieser das analoge Fotografieren lernen kann. Das gilt vor allem mit Blick auf die Pentax 17, eine tatsächliche und analoge Halbformat-Kamera für 35mm-Filme, die mit 550 Euro zwar auch kein Schnäppchen ist, aber 250 Euro Aufpreis für die digitale Fuji lassen sogar Raum für eine Handvoll Filme samt Entwicklung.
So darf man wohl ruhig rechnen, denn die X half bietet außer dem analogen Charme eben keine besondere Funktion, eingebaute Filter und 2-in-1-Kombination beherrscht auch ein Smartphone. Eine „Lernkamera“ ist die Fuji also kaum, eher ein Exot, der für ein bisschen Entschleunigung sorgen kann. Und für ein Gefühl von Exklusivität. Ihr Look, der sich an klassischen Messsucherkameras wie denen von Leica orientiert, tut sein Übriges für einen Hauch von Luxusspielzeug.
Ricoh kündigt APS-C-Kompaktkamera GR IV an
Zwar auch kompakt, aber mit Fotofunktionen auf der Höhe der Zeit, ist die Ricoh GR IV. Sie kommt erst im Herbst auf den Markt, bis dahin soll der beliebte Vorgänger GR IIIx weiter erhältlich sein. Der kostet aktuell um 1100 Euro, was Ricoh für die GR IV verlangt, behält das Unternehmen vorerst noch für sich. Allzu groß sollte ein eventueller Aufpreis nicht werden, denn die Eckdaten bleiben fast unverändert: Ein festes 28mm-Objektiv ab f/2.8 und ein APS-C-Sensor mit nun 25,7 statt 24,4 Megapixeln sind geboten. Durch diese Kombination zeichnete sich die GR-Serie schon immer durch ordentliche Bildqualität im kleinen Formfaktor aus.
Trotz neuem Bildprozessor bleibt aber die Videoauflösung bei Full HD mit immerhin bis zu 60 fps – 4K wären aber durch den Sensor wohl möglich. Da bietet die Konkurrenz auch bei den Systemkameras im gleichen Preisbereich inzwischen mehr. So bleibt wohl auch die GR IV, jetzt mit erweiterter App-Anbindung, vor allem die Taschenkamera für unterwegs. Von Smartphones hebt sie sich durch den großen, in fünf Achsen stabilisierten Sensor ab. Trotz der Abstriche bei Video ist es erfreulich, dass es bei den in den letzten Jahren rar gewordenen Kompaktkameras noch neue Modelle gibt. Und ein bisschen Retro ist die neue Fuji auch, denn das Design der GR-Serie hat sich nun seit 20 Jahren kaum verändert.
Bugfixes für Nikons Z6 und Z7
Szenenwechsel zu den ausgewachsenen Systemkameras. Hier hat sich in den letzten Jahren bei Modellpflege vor allem Nikon hervorgetan. Nun wird auch klar, dass das nicht nur für neue Kameras gilt, bei denen die kleineren Modelle oft Funktionen der größeren erhielten. Auch Bugfixes nimmt Nikon offenbar ernst, denn in dieser Woche ist neue Firmware für die ersten Vollformat-Spiegellosen Z6 und Z7 des Unternehmens erschienen. Die kamen bereits 2018 auf den Markt. Was war da so lange wohl kaputt?
Eigentlich nicht viel: Bei gewissen Rahmenbedingungen können in den Belichtungsmodi „Time“ und „Bulb“ falsche Werte für die Belichtungszeit in den EXIF-Daten landen. Das kann vor allem bei professionellen Fotografen schon für Ärger sorgen, wenn etwa eine Nachtaufnahme so hell aussieht, als wäre sie stark bearbeitet worden. Die folgenden Links führen zu den Downloadseiten für die Z6 und die Z7, bei beiden Kameras lautet die Versionsnummer der aktuellen Firmware 3.80. Dass Nikon hier beide Kameras mit der gleichen Version zeitgleich aktualisiert, deutet wieder einmal auf den vor allem bei diesem Hersteller umgesetzten Plattformgedanken in der Kameraentwicklung hin.
Neuer Fotoschatz aus San Francisco
Vor zwei Jahren machten zuvor unbekannte dokumentarische Fotos aus dem San Francisco der 1960er Jahre Furore – sie waren in einer Kiste auf der Straße gefunden worden. Der Urheber, ein ortsansässiger Lehrer, ließ sich ermitteln. Noch ungewöhnlicher und sogar von viel höherer Qualität ist ein anderer Fund, bei dem der oder die Urheberin bisher unbekannt ist. Wieder handelt es sich um Fotos aus San Francisco, diesmal aber mit Schwerpunkt auf die Gegenkultur der späten 1960er Jahre. Konzerte der Band Grateful Dead, Proteste gegen den Vietnamkrieg, bunt bemalte Autos, fast schon ein Klischee. Aber: Die nun erstmals entwickelten Bilder sind von großem handwerklichen Geschick, sehr kreativ und einfach schön anzusehen.
Statt einem einzelnen Link für einen Long Read zum Wochenende laden wir diesmal zum Besuch eines echten Rabbit Hole ein, denn die Geschichte hat viele Aspekte. Da ist zum einen der Fund selbst, und wie einige der nicht entwickelten Filme per Crowdfunding der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Die Webseite lohnt auch weiteres Stöbern. Der Kurator des Projekts, Fotograf und Filmemacher Bill Delzell, hat zudem CBS ein Interview gegeben und zeigt darin auch die noch unberührten Filmdosen, die nun professionell entwickelt werden sollen.
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Zum Anderen bleibt die große Frage: Wer hat sich da von 1966 bis 1970 überall in San Francisco herumgetrieben, so gute Fotos gemacht – und sie dann nicht einmal selbst gesehen? Die Identität des Fotografen oder der Fotografin ist wohl das größte Geheimnis. Nur ein einzelnes Bild der bisher entwickelten Filme gibt einen kleinen Hinweis. Dort ist in einer Fensterscheibe eine Spiegelung einer Person zu sehen, die möglicherweise eine junge Frau sein könnte. Die Detektivarbeit hat erst begonnen, einige noch lebende Personen haben sich auf den schon veröffentlichten Fotos erkannt, sodass sich vielleicht durch die Orte und Zeitpunkte der Aufnahmen herausfinden lässt, wer sie gemacht hat.
(nie)
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