Dresden. Vorher waren Schotter und ein paar Birken. „Dass die hier überhaupt überlebt haben und gewachsen sind, ist ein Wunder“, sagt Sebastian Sowa. Der Landschaftsarchitekt führt gemeinsam mit seinem Freund Gianluca Torini das Landschaftsarchitekturbüro Sowatorini (Berlin/Bochum). Das hat in Zusammenarbeit mit den Landschaftsarchitekten LA21 aus Dresden und vielen weiteren Partnern den Innenhof des Deutschen Hygiene-Museums Dresden zu einem Garten umgestaltet.

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Maximal 15 Zentimeter hoch sei die Erdschicht gewesen, in der die Birken wurzeln konnten. So wuchsen die Wurzeln unterirdisch extrem in die Breite. „Wir hatten befürchtet, dass wir die Birken nicht retten können, wenn wir den Boden entsiegeln, einen großen Teil der Wurzeln kappen und hier alles verändern“, so Sebastian Sowa weiter.

Birkenexperiment geglückt

Doch das Experiment ist mit Schnittmaßnahmen, hormoneller Wurzelbehandlung und viel Pflege geglückt. Die Birken sind grün und bilden das Grundgerüst für den neuen Museumsgarten im Innenhof.

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Dieser ist insgesamt 3000 Quadratmeter groß und in der Mitte geteilt. Wenn man aus dem Entree des Museums den Innenhof betritt, steht man auf einer Terrasse – dem Dach des hochwassersicheren Museumsdepots. Hier gibt es jetzt Tische und Stühle für die Museumsgastronomie. Zudem säumen auf insgesamt 650 Quadratmetern Staudenbeete – bepflanzt mit rund 10.000 Stauden und 10.000 Blumenzwiebeln – das Plateau.

Dickicht mit 850 Gehölzen auf 1000 Quadratmetern

Von dort geht es über eine normale Treppe, große Sitzstufen oder auch eine Rampe hinunter in den eigentlichen Garten. Sowatorini hat bewusst auf einen Kontrast zu den klaren Linien der Architektur des von Wilhelm Kreis entworfenen Museumsbaus gesetzt. Denn der Garten ist – zugegeben unerwartet – ungewöhnlich üppig bepflanzt.

Auf 1000 Quadratmeter Pflanzfläche wurden 850 Gehölze wie Kornelkirsche, Feldahorn, Hartriegel, Mehlbeere und auch Samthortensie gepflanzt. Hinzu kommen verschiedene Stauden als Unterpflanzung, so dass ein Dickicht entstehen wird. Genau das ist die Absicht. Dafür wurden mehr als 100 Kubikmeter Substrat in den Hof eingebracht.

Dickichtstudien für die Gartenplanung

„Das ist eine wirklich verrückt-experimentell, mutige Art, mit Pflanzen umzugehen“, so Sebastian Sowa über das Projekt. Es sei ein ganz besonderes, „was auf ewig in der Schmuckschatulle unserer Projekte bleiben wird“. Für den Museumsgarten haben die Landschaftsarchitekten als Grundlage für die Art der Bepflanzung in der freien Natur Dickichtstudien gemacht. „Tunnel, Schneiden, Halle, all das steckt in diesem Garten“, verspricht Sebastian Sowa. Nur wachsen muss es jetzt noch.

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Dafür werden ein sondengesteuertes Bewässerungssystem sowie Nebeldüsen sorgen. Das Regenwasser zur Bewässerung wird von den großen Dachflächen des Hygienemuseums gewonnen.

„Pfadfinder“ im Garten

Natürlich ist das Dickicht des Gartens nicht undurchdringlich. Es gibt gewundene Wege und Pfade, in Kniehöhe aufgeständerte rote Balken zerschneiden das Grün. „,Pfadfinder‘ haben wir die Skulptur getauft, um Neugier zu provozieren“, erklärt Sebastian Sowa. Er hofft, dass die Balken die Besucher ins Dickicht ziehen, dass auf ihnen herumgeturnt, gespielt, gesessen oder auch gelegen wird. Als figürliche Skulptur ist die Hygieia im Innenhof verblieben und bietet durch den Blätterwald schöne Fotomotive.

Mit dem Museumsgarten hat sich der Innenhof von einem bei Sommerhitze geradezu lebensfeindlichen Ort – 50 Grad waren hier keine Seltenheit – in eine grüne Oase mit Aufenthaltsqualität verwandelt. Der Umbau wurde gleich genutzt, um hitzebedingte Schäden an der Gebäudesubstanz zu beseitigen. Denn unter der ursprünglichen Asphaltdecke der Terrasse hatten sich im Dach des Depots Risse gebildet, so dass Wasser eindringen konnte.

Neuer Veranstaltungsort

Zudem hat das Hygiene-Museum einen neuen Veranstaltungsort gewonnen. Durch die Sitzstufen und eine kleine Fläche im Garten ist eine Art Bühnensituation entstanden. Am 23. Mai war Premiere für das interaktive Spiel „Garten am Ende der Zeit“. Die Dresdner Lesebühne Sax Royal tritt am 14. August auf und am 22. August gibt es Sommerkino im Innenhof.

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Die Finanzierung des Innenhofgartens wurde im Rahmen des Bundesprogramms „Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Deutschland“ gefördert.

DNN