Oerlinghausen / Berlin. Große Vorfreude, begeistertes Mitfiebern, zwischenzeitliches Bangen und Hoffen, ein bisschen Enttäuschung aber am Ende auch viel Dankbarkeit und Zufriedenheit über ein grandioses Fußballerlebnis und eine herausragende Saison: Die Fans von Arminia Bielefeld haben beim DFB-Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart eine Achterbahn der Gefühle erlebt. Unter ihnen waren auch viele Oerlinghauser, die mit anderen rund 100.000 Anhängern des Aufsteigers in die 2. Liga mit nach Berlin gereist waren, oder beim Public Viewing der Thekentaucher der Oerlinghauser Schützen in der Schützenhalle den DSC anfeuerten.

Viele Arminia-Fans waren bereits einige Tage vor dem Endspiel in die Hauptstadt gereist und hatten Berlin in Schwarz-Weiß-Blau getaucht. Dazu gehörte unter anderem der Arminia-Freundeskreis Oerlinghausen, der neben den Fanfest-Besuchen auf dem Alexanderplatz eine Schifffahrt über die Spree gebucht hatte. „Eine grandiose Tour für ein einmaliges Erlebnis. Die Stimmung war super“, berichtet Jochen „Obi“ Oberdieck, der unter anderem mit Jochen Schneider, Marco Strunk, Lutz Gronemeyer und Udo Grothklags mit von der Partie war.

„Atmosphäre ist elektrisierend“

Eine andere Gruppe aus Oerlinghausen bestand aus Bastian Dawitz, Frank Dawitz und Mandy Burzlaff. Sie waren ebenfalls frühzeitig angereist und genossen die Stunden vor dem Anpfiff im schwarz-weiß-blauen Menschenmeer auf dem Alexanderplatz. An jeder Straßenecke wehten Fahnen, erklangen Fangesänge, wurde gemeinsam gelacht und sich aufs Spiel eingestimmt. „Das ist ein historisches Ereignis, ein Erlebnis, das in 120 Jahren Vereinsgeschichte so noch nie da war. Einfach klasse“, schwärmte Frank Dawitz.

Auf dem Fanfest trafen sie diverse andere Oerlinghauser – unter anderem Ex-Schützenkönig Dirk Ciesla, seine Frau Britta sowie deren Schwester Jana Meyer und ihren Mann Stefan. „Ich bin total emotional, das ist einfach so unfassbar schön, die ganze Atmosphäre ist elektrisierend“, berichtet Jana Meyer. Und noch etwas war ihr an dem Tag sehr wichtig: Mit dabei hatte sie mehrere Fotos von leider bereits verstorbenen Freunden, allesamt Arminia-Fans. „Ihre Bilder kommen an die Gedenkwand, die Arminia zur Erinnerung an die Fans im Olympiastadion aufgestellt hat, die dieses Erlebnis heute nicht mit uns teilen können. Aber in unseren Gedanken und Herzen sind sie dennoch bei uns“, sagte Jana Meyer.

Stundenlanges Schlangestehen

Insgesamt war die Stimmung vor dem Spiel ausgelassen und fröhlich. Für den einzigen Unmut sorgte lediglich die chaotische Einlasssituation vor dem Olympiastadion. Manche Fans standen knapp zwei Stunden und länger in der Schlange, ehe sie es endlich durch eins der engen Drehkreuze geschafft hatten – und waren dadurch teilweise erst mit dem Anpfiff auf ihren Plätzen.

Auf den Rängen aber herrschte pure Leidenschaft. „Ich habe Gänsehaut bekommen, als unsere Mannschaft eingelaufen ist“, erzählte Bastian Dawitz später. „Dass wir überhaupt hier stehen – das hätte doch niemand gedacht.“

Das Spiel selbst war ein Auf und Ab der Gefühle. Jeder Zweikampf, jeder Pass, jede Torchance wurde von den mitgereisten Fans frenetisch begleitet. Spannung, Hoffnung, Verzweiflung waren die beherrschenden Emotionen – vor allem nach den frühen Gegentoren.


Freude auf das Spiel: Passend gekleidet jubeln Arminia-Fans im Schützenhaus vor dem Spiel, das sie gemeinsam mit mehr als 200 Oerlinghausern verfolgen. - © Sibylle Kemna

Freude auf das Spiel: Passend gekleidet jubeln Arminia-Fans im Schützenhaus vor dem Spiel, das sie gemeinsam mit mehr als 200 Oerlinghausern verfolgen.
| © Sibylle Kemna

Nicht nur im Stadion, auch in der gut gefüllten Schützenhalle fieberten 210 Arminia-Fans leidenschaftlich mit. „Die Stimmung war richtig klasse“, berichtete Sören Grote von den Thekentauchern der Oerlinghauser Schützen. Er und sein Team hatten mehrere Leinwände aufgebaut, auf denen die Fans das Spiel verfolgten. Frenetisch wurden natürlich die beiden Arminia-Tore am Ende des Spiels bejubelt. Und auch wenn das nicht mehr als Ergebniskosmetik war und der Pokal am Ende nicht nach Ostwestfalen ging, war die Stimmung nicht von Enttäuschung geprägt.

„Arminia Bielefeld – Ein Verein mit Herz und Charakter“

„Natürlich hätten wir ihn gerne geholt, den Pokal“, sagte Sören Grote. „Aber was zählt, ist, dass wir im Finale waren. Dass wir gezeigt haben, wer wir sind. Arminia Bielefeld – ein Verein mit Herz und Charakter.“ Sowohl in der Schützenhalle als auch in den Fanblöcken wurde nach Abpfiff nicht geweint, sondern gesungen und die Mannschaft gefeiert. Für viele war das Spiel nur der Höhepunkt einer unglaublichen Saison. Eine Saison, in der sich die Arminia mit Leidenschaft, Teamgeist und einer gehörigen Portion Überraschungskraft bis ins Finale gekämpft hatte, die Meisterschaft in der 3. Liga geholt hatte und den Aufstieg perfekt gemacht hatte.


Die Mitglieder der „Vümften Kompanie“, Jochen Schneider (v. l.), Jochen „Obi“ Oberdieck und Udo Grothklags feiern in Berlin. - © Oerlinghauser Schützengesellschaft

Die Mitglieder der „Vümften Kompanie“, Jochen Schneider (v. l.), Jochen „Obi“ Oberdieck und Udo Grothklags feiern in Berlin.
| © Oerlinghauser Schützengesellschaft

Das zeigten viele Oerlinghauser auch einen Tag danach zurück in Bielefeld, wo das Team um Trainer Mitch Kniat am Rathaus feierlich empfangen wurde. Viele Fans sprechen von der „Reise ihres Lebens“, einem Erlebnis, das sie ihren Enkeln noch erzählen werden. „Und auch wenn der Pokal nach Stuttgart ging – das Herz dieses Finales schlug schwarz-weiß-blau“, sagte Jochen Oberdieck.