Halle. Groß war die Erleichterung über die Rettung der Gesamtschule Halle und groß ist auch jetzt noch die Sorge um deren dauerhaften Bestand. Das zeigt ein Beschluss des Schulausschusses, der nun vom Stadtrat bestätigt wurde. Leidtragender ist der Schulträger Steinhagen, der Halles Entscheider wiederholt um Hilfe gebeten hatte. So soll Steinhagens Realschule eine dauerhafte Vierzügigkeit erhalten. Das aber kann nur klappen, wenn Halle mitzieht.

Damit vier Klassen langfristig von der Bezirksregierung Detmold akzeptiert werden, müssten die Kinder, die von Halle nach Steinhagen pendeln, um dort zur Schule zu gehen, künftig in der Schulentwicklungsplanung des Schnapsdorfes aufgeführt werden. In Form einer Beschulungsvereinbarung könnte ein solcher Wechsel vollzogen werden. Eigentlich nur eine Formalie, denn wo jemand eingeplant ist und wo jemand tatsächlich die Schulbank drückt, sind zwei paar Schuhe. Die eingeplanten Kinder sind dabei nur eine theoretische Größe, um Prognosen treffen zu können.

Diese theoretische Größe allerdings entscheidet darüber, wie viel kreativen Spielraum eine Schule beim Angebot an die eigenen Schüler hat. Gerade „ein breit gefächertes Kursangebot im Bereich der gymnasialen Oberstufe“ sehe die Verwaltung durch eine Beschulungsvereinbarung gefährdet.

Steinhagen bittet Halle mehrmals um Hilfe

Steinhagens Gesuch, das der Stadt Halle bereits seit dem 21. August vergangenen Jahres vorliegt und das nach dem Erfolg der Haller Gesamtschule erneuert worden war, wurde nun endgültig abgeschmettert. Keine übertriebene Formulierung angesichts der Eindeutigkeit, mit der sich die städtischen Vertreter entschieden haben. Damals, so die Verwaltung, habe man Steinhagen vorerst vertrösten müssen, da eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt unmöglich gewesen sei – schließlich sei der Fortbestand der Gesamtschule Halle fraglich gewesen.

Die Rettung der Gesamtschule: Sensationelle Anmeldezahlen: Echtes Statement für die Gesamtschule Halle

Dieses Argument gilt nun nicht mehr. Denn auch wenn laut Verwaltung keine dauerhafte Bestandsgarantie für die Gesamtschule seitens der Bezirksregierung vorliegt, so doch die Zusage, dass ihre Zukunft auch bei rückläufigen Anmeldezahlen nach dem jüngsten, so erfolgreichen Durchgang nicht sofort infrage gestellt werde. „Wir alle sind von der Zukunftsfähigkeit der Haller Gesamtschule überzeugt“, stellte Bürgermeister Thomas Tappe klar.

Dennoch will die Verwaltung offenbar nichts riskieren. Auch kein Zugeständnis über 15 Haller Schüler, die die Steinhagener Realschule besuchen und in den Schulentwicklungsplan von Steinhagen überschrieben würden. So viele sind es nämlich ab diesem Sommer ganz konkret noch. Es wäre ein Zugeständnis, das zwar mindestens fünf Jahre lang gilt, aber keineswegs in Stein gemeißelt ist.

Steinhagen hat bereits eine Vereinbarung mit Bielefeld

Harald Stützlein, alleiniger Vertreter der FDP in Halle, zeigte sich bestürzt angesichts der breiten Ablehnung, die dem Anliegen der Nachbarkommune entgegenschlug: „Der Elternwille steht im Schulgesetz an vorderster Stelle“, gab er entrüstet zu bedenken. „Bis auf die CDU – die meint, sich in einem Dilemma zu befinden – hat hier keine Partei auch nur ein Wort darüber verloren“, setzte er nach.

Harald Stützlein deckt der Steinhagener FDP-Fraktion den Rücken. Seinen Kollegen im Stadtrat wirft er "Kirchturmdenken" vor. - © FDP Halle

Harald Stützlein deckt der Steinhagener FDP-Fraktion den Rücken. Seinen Kollegen im Stadtrat wirft er „Kirchturmdenken“ vor.
(© FDP Halle)

Er kritisierte die Uneinigkeit der Parteien, deren Stadtverbände in Steinhagen und Halle unterschiedliche Ansichten hätten, als „Kirchturmdenken“ – die FDP hingegen sei sich über Ortsgrenzen hinweg einig. „Wir brauchen eine Ablehnung zum Schutze unserer Gesamtschule nicht“, schloss er.

Jörg Witteborg von der SPD sieht das anders. Für ihn sei der Haller Elternwille nicht beeinträchtigt, es erhielten schließlich alle Kinder einen Platz. Zur Not müsse Steinhagen Abstriche bei der Aufnahme von Kindern aus Bielefeld machen. „Steinhagen darf per Vereinbarung keine Kinder aus Bielefeld ablehnen“, entgegnete Stützlein daraufhin.

SPD aus Halle will sich nicht unter Druck setzen lassen

„Dann frage ich mich, was Steinhagen da in der Schulentwicklungsplanung getrieben hat“, entgegnete Witteborg trocken. „Wir sollen dadurch jetzt in Zugzwang kommen? Das finde ich nicht richtig.“ Tatsächlich, das teilte Steinhagens Bürgermeisterin Sarah Süß auf HK-Nachfrage mit, habe Steinhagen zwar eine Vereinbarung mit Bielefeld, die ein gegenseitiges Aufnehmen der Schüler grundsätzlich vorsehe. Dennoch könne Steinhagen auch Kinder aus Bielefeld ablehnen, stellt sie klar.

Jörg Witteborg will sich stellvertretend für die SPD nicht von den Plänen des Schulträgers in Steinhagen unter Druck setzen lassen. - © SPD Halle

Jörg Witteborg will sich stellvertretend für die SPD nicht von den Plänen des Schulträgers in Steinhagen unter Druck setzen lassen.
(© SPD Halle)

Anders verhalte es sich mit Haller Kindern, die die Steinhagener Realschule besuchen wollen – schließlich gebe es eine solche in Halle gar nicht. Dass Steinhagener Kinder zugunsten von Hallern auf einen Platz an der heimischen Realschule verzichten müssten, wäre also im Härtefall nicht ausgeschlossen. „Da müssten wir im Zweifelsfall losen“, erklärt sie. Das aber würde sie gerne vermeiden, genauso wie sie gerne alle Kinder aus Bielefeld annehmen würde, die denn wollen. Dafür aber müsste die Vierzügigkeit dauerhaft gesichert sein. „Das war unsere letzte Option – abseits einer Klage – die Vierzügigkeit zu erreichen“, sagt Süß. „Mit der Ablehnung im Stadtrat ist sie jetzt auch begründet.“

Die Vorgeschichte: Realschule in Steinhagen erkämpft Mehrklasse: Nun steht eine Klage im Raum

Eine solche Klage hatte die Steinhagener Verwaltung in weiser Voraussicht und fristwahrend bereits im Vorfeld beim Verwaltungsgericht eingereicht – schließlich hatte sich der Haller Schulausschuss schon gegen die Vereinbarung ausgesprochen und den Ausgang im Rat dadurch absehbar gemacht.

Vierzügigkeit in Steinhagen für kommendes Schuljahr gesichert

Steinhagens Bürgermeisterin Sarah Süß hofft weiterhin auf eine dauerhafte Vierzügigkeit der Steinhagener Realschule. - © Gemeinde Steinhagen

Steinhagens Bürgermeisterin Sarah Süß hofft weiterhin auf eine dauerhafte Vierzügigkeit der Steinhagener Realschule.
(© Gemeinde Steinhagen)

Für das kommende Schuljahr war der Steinhagener Realschule schon im Frühjahr bewilligt worden, vier Klassen zu bilden. Die erneute Prüfung einer langfristigen Vierzügigkeit wurde Steinhagen für 2026 in Aussicht gestellt.

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