Nach einem ungewöhnlich trockenen Frühjahr regnet es im Norden nun endlich. Doch wie wappnet man sich gegen die nächste Dürre? Um die Stadt resilienter zu machen, soll in Hamburg das Nass wieder dort versickern oder aufbewahrt werden, wo es fällt. Und auch neue Bäume werden anders gepflegt.

Es ist ein Schauspiel, das magisch ist und zu jedem richtigen Sommer dazugehört wie die Pommes zum Freibadbesuch. Der erste Regen nach der Glut. Am Horizont, wo über Wochen unter der gleißenden Sonne die Landschaft flirrte, zieht eine schwarze Wand auf, Quellwolken vor sich hertreibend. In der Ferne grollt es, erste Regentropfen fallen. Vereinzelt erst, dann prasseln sie, bis das Wasser schließlich einem Vorhang gleich vom Himmel fällt.

Es bleibt aber nicht dort, wo es sehnlich erwartet wird. Es fließt über ausgetrocknete Flächen hinweg, über Grundstücke, folgt dem tiefsten Punkt, die Straßen hinunter, wo es gurgelnd in Gullys läuft und in der Kanalisation verschwindet. „Und genau hier offenbart sich, dass wir im Umgang mit Regen umdenken müssen“, sagt Bart Jan Davidse. Er ist stellvertretender Leiter der Stabsstelle Klimafolgenanpassung/Risa der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (Bukea). Salopp könnte man sagen, er managt Regenwasser.

„Bislang haben wir unsere Entwässerungssysteme so aufgebaut, dass wir Regenwasser immer schnell loswerden, schließlich gab es immer reichlich davon. Heute müssen wir Regen als Geschenk betrachten, die Stadt muss es halten wie ein Schwamm.“ Um Hamburg resilienter für Extremwetterereignisse zu machen, soll das Nass zunehmend dort gehalten werden, wo es fällt. Um dort zu versickern, und wenn dies nicht möglich ist, gespeichert zu werden.

Das ist notwendig, weil Klimaprognosen gleich zwei neue Entwicklungen vorhersagen. Zum einen gibt es eine Tendenz zu mehr und intensiveren Starkregenereignissen. Zum anderen verteilen sich die Niederschläge über das Jahr hinweg anders als noch vor Jahrzehnten. Die Winter werden feuchter, die Sommer trockener. Zudem nehmen Startregenereignisse zu. „Für deren Folgen trägt auch die Stadt Verantwortung“, sagt Bart Jan Davidse. Hamburg zählt zwar zu den grünsten Städten Europas. Aber trotz der vielen Parks und Grünanlagen sind hier in den letzten Jahrzehnten immer mehr Flächen unter Asphalt und Beton verschwunden. Durch fehlendes Grün, das Schatten spendet, kühlt und belüftet, heizen sich Fassaden, Dächer und Straßen immer mehr auf. Ein Mehr an versiegelter Fläche erhöht zudem das Starkregen-Risiko.

Ein erster Ansatz zeigt, dass Hamburg schon deutlich grüner geworden ist, zumindest aus der Vogelperspektive betrachtet. So schreibt eine neue Verordnung die Begrünung von Flachdächern vor. Um nachhaltig mit Regenwasser umzugehen, arbeiten Hamburg Wasser und die Umweltbehörde an der Initiative zur RegenInfraStrukturAnpassung – kurz Risa. Anhand verschiedener Projekte entwickelt sie neue Ansätze, um Niederschlag im Stadtgebiet zu halten.

Im Fischbeker Heidbrook, einem jungen Wohngebiet im Südwesten von Hamburg, wird Regenwasser etwa an der Oberfläche durch offene, in die Straßen eingelassene Rinnen in Mulden geleitet, wo es in den Boden gelangt. Eine Parkfläche wurde zudem so angelegt, dass Regenwasser an einer abschüssigen Fläche versickert und bei starken Niederschlägen auf einen Wasserspielplatz fließt, wo sich das Nass in flachen Bahnen und -becken sammelt.

In Hamburg-Billstedt hat man ein kleines Fußballstadion mit einer unterirdischen Speicher- und Versickerungsanlage versehen, um das Quartier vor Überflutungen zu schützen. Über Siele fließt Regenwasser auf das tieferliegende Gelände des Stadions, wo Rigolen, das sind unter der Erdoberfläche angeordnete Pufferspeicher, die Niederschlag aufnehmen und abgeben können.

Nach unten ins Grundwasser, aber auch nach oben, um die Rasenfläche zu bewässern. Eine weitere Besonderheit ist die Wirkung bei extremem Startregen: Wasser wird aus Überläufen nach oben gedrückt und so wird das Stadion zum Auffang- und Verdunstungsbecken.

Im Grunde seien dies Ansätze, die jeder Verbraucher im Kleinen umsetzen könne, um sich und seinen Garten für regenarme Zeiten besser zu wappnen, sagt Davidse. Angesichts anhaltender Trockenheit dürfen Menschen in der Region Hannover (Niedersachsen) ab dem 1. Juni tagsüber nicht mehr unkontrolliert ihre Böden künstlich bewässern, sobald die Temperaturen 27 Grad erreichen. Schon eine einfache Regentonne könne helfen, um Pflanzen länger zu gießen. „Was viele nicht wissen: Der Einbau von unterirdischen Zisternen wird von der Stadt gefördert. Dasselbe gilt für Fassadenbegründung und Grünflächen auf Dächern, die, auch das wissen nur wenige, den Wirkungsgrad von Fotovoltaik-Anlagen erhöhen. Durch die kühlende Wirkung des Grüns entwickeln sie eine höhere Leistung“, so der Behördenmitarbeiter.

Neben dem Speichern von Wasser ist noch ein anderer Schritt entscheidend, damit Hamburg gut durch Dürrephasen kommt. Torsten Melzer ist Stadtbaum-Experte und so blickt er schon seit Monaten mit Sorge aus seinem Bürofenster der Bukea auf eine Reihe junger Sumpfeichen. „Bäume in diesen Zeiten groß zu bekommen, ist eine Herausforderung“, sagt er. Ein besonders trockenes Frühjahr liegt hinter, ein heißer Sommer vor ihnen, für Jungbäume kann dies eine tödliche Kombination sein. Zwar werden sie regelmäßig gegossen und angesichts der zunehmenden Trockenheit auch länger. Reichten bislang drei bis fünf Jahre Entwicklungspflege und somit zusätzliche Bewässerung aus, verlängern Städte in südlicheren Regionen diese Spanne auf fünf oder bis zehn Jahre.

Den einen Superbaum gibt es nicht

Um Hamburgs Grün widerstandsfähiger zu machen, verfolgt die Stadt eine zweigleisige Strategie. „Wir suchen nach Arten, die besser mit anhaltender Trockenheit umgehen können und gleichzeitig frosthart sind, sodass längere Minusgrad-Perioden ihnen auch nichts anhaben. Und wir erhöhen die Artenvielfalt, denn die Mischung des Stadtgrüns entscheidet darüber, ob bzw. wie resilient es gegenüber extremen Ereignissen ist.“ Den einen Super-Baum, der allen Widrigkeiten trotzt, den gebe es nicht, stellt Melzer klar. Es gehe darum, das Artenspektrum zu erweitern, um Krankheiten, die ganze Populationen dahinraffen, etwas entgegenzustellen. Zu den jüngsten Neuzugängen zählt daher etwa der amerikanische Amberbaum, der selbst auf schwierigem Grund gut wurzelt und in widrigen Straßenräumen gut gedeiht. Als Stadtbaum ist ebenso die Platane beliebt, da sie robust ist und auch mit Luftschadstoffen zurechtkommt.

Hamburg stehe zwar vergleichsweise gut da, denn die Stadt blicke auf eine beachtliche Zahl an alten und besonders alten Bäumen, die zwischen 80 und über hundert Jahre alt sind. „Hat ein Baum ein solches Alter erreicht, dient er der Stadt als unersetzliche Klimaanlage. Die größte Herausforderung liegt für uns also darin, die alten zu schützen und die jungen Bäume groß zu bekommen bis sie sich selbst versorgen können“, sagt Melzer. Um das zu gewährleisten, investiert man bei der Pflanzung immer mehr in die Vorbereitung des Bodens. Und in intelligente Sensorik-Systeme zur Bewässerung, damit ressourcenschonender gewässert wird. Der Stadtbaum der Zukunft wird nämlich immer digitaler.

Eva Eusterhus berichtet seit 2006 für WELT und WELT AM SONNTAG aus Hamburg.