Dani Sophia ist die Neue in Till Lindemanns Live-Band. Wohlgemerkt nicht bei Rammstein, sondern in Lindemanns Solo-Projekt. Am 13. Juni werden die Lindemann-Fans sich in Finnland beim Rockfest in Turku einen ersten Live-Eindruck von der jungen Gitarristin machen können. Schon jetzt ist sie sehr aktiv auf Social Media. In den Kommentaren insbesondere zu ihren Video-Posts auf Instagram erhält sie viele positive bis euphorische Reaktionen.

Kürzlich aber wurde auch Kritik laut: „Nichts für ungut“, schrieb ein User unter einen ihrer Posts, „aber das sind zu viele Arpeggios“. Zur Erklärung: Arpeggien sind gebrochene Akkorde. Die drei (oder potenziell auch mehr) Akkord-Töne werden also nicht, wie üblich, gleichzeitig gespielt, sondern nacheinander, meistens von unten nach oben.

Arpeggios sind ein beliebtes Stilmittel im Metal, aber auch in der Klassik

Tatsächlich fällt in Sophias Spiel der exzessive Einsatz von Arpeggios auf. Besonders das sogenannte Sweeping: eine spezielle Technik, in der sie in einer einzigen flüssigen Bewegung über alle Saiten streicht, wobei die nicht benötigten Töne abgedämpft werden. Insgesamt ist das allerdings keineswegs so sonderbar: Arpeggios sind ein beliebtes Stilmittel im Metal; nicht nur im neoklassischen, sondern auch im Progressive-Metal, Power-Metal und im Death-Metal.

Sophia allerdings gerät mit dem User, der die Kritik geäußert hat, in der Kommentarspalte aneinander: „Schon gut, Alter, bleib einfach bei dem simpleren Kram, den du verstehst“, schreibt sie adressiert an ihn. Der meint daraufhin: „Das werde ich tun“. Heutzutage würde jeder auf Arpeggios setzen – ihm sei das überkomplex. Dazu muss man sagen: Besonders im Progressive- und Death-Metal können Arpeggios wahrlich rhythmisch anspruchsvoll und hochkomplex sein.

Interessanterweise bezieht sich Sophia in ihrer Replik auf die Kritik allerdings gar nicht auf die Metal-Tradition, sondern auf die Klassik im aller weitesten Sinn, von Barock bis Romantik: „Ja, Bach, Mozart, Vivaldi, Schönberg, Wagner, Satie, diese Arpeggio-Nutzer, Mann, die sind das Problem“, schreibt sie, mutmaßlich mit ironischem Unterton.

Soll wohl heißen: Arpeggios sind kein neumodischer Schnickschnack, sondern tief verankert in der westlichen Musikgeschichte. Von Bachs Cembalo- und Violinstücken über Alberti-Bässe in der linken Hand in Mozarts Klaviersonaten bis hin zu pompösen Orchester-Arpeggios in Wagners Opernszenen und ruhigen, repetitiven frühimpressionistischen Figuren in Saties „Gnossiennes“ und „Gymnopédies“.

Dani Sophias Slogan „Make Music Simple Again“, mit dem sie ihren Post schließt – garniert mit einer US-Flagge und einem Weißkopfseeadler, in Anlehnung an Donald Trumps „Make America Great Again“ – kann im Kontext all dessen wohl nur Satire sein. Zumal sie als transsexuelle Kämpferin für Queer-Rechte mit Trumps Agenda sicher nichts zu schaffen hat.