Im Strafprozess um manipulierte Dieselabgaswerte sind
vier frühere Führungskräfte des deutschen Autoherstellers Volkswagen wegen Betrugs schuldig gesprochen
worden. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Braunschweig verurteilte
zwei Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen, zwei weitere ehemalige Mitarbeiter
erhielten Bewährungsstrafen.

Die Verteidigung kündigte an, Revision einzulegen. „Das Urteil ist falsch“, sagte
Rechtsanwalt Philipp Gehrmann nach der Urteilsverkündung am Landgericht
Braunschweig. Besonders für seinen Angeklagten sei die Kammer mit dem
Strafmaß weit über das Ziel hinausgeschossen. Der frühere Leiter der
Antriebselektronik soll zwei Jahre und sieben Monate in Haft.

Ein ehemaliger Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung muss für
viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Der ranghöchste Angeklagte,
ein Ex-Entwicklungsvorstand, erhielt ein Jahr und drei
Monate auf Bewährung. Ein ehemaliger Abteilungsleiter wurde zu einem Jahr und
zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.

Das Urteil fiel nach einem langen Prozess vor dem
Landgericht in Braunschweig. Es waren mehr als 170 Verhandlungstage angesetzt, etwa 150
Zeugen wurden einem Gerichtssprecher zufolge vernommen. Die Staatsanwaltschaft
hatte für drei Angeklagte drei beziehungsweise vier Jahre Gefängnis
gefordert. Den vierten Angeklagten sahen die Strafverfolger eher als Gehilfen.
Für ihn forderten sie zwei Jahre auf Bewährung, während seine Verteidigung sich
für eine Verwarnung aussprach. Die übrigen Verteidiger hatten Freisprüche gefordert.

Weitere Verfahren stehen noch aus

Das Urteil ist nicht rechtskräftig und die juristische
Aufarbeitung ist auch nach diesem Schuldspruch nicht beendet. Denn in Braunschweig
sind nach dem ersten Prozess und dem Verfahren gegen den ehemaligen Konzernchef Martin Winterkorn noch vier
weitere Strafverfahren gegen insgesamt 31 Angeklagte offen, wie ein Sprecher
des Landgerichts sagte. 

Der Dieselskandal wurde vor fast zehn Jahren bekannt, als
die US-Umweltbehörde EPA im September 2015 über Manipulationen bei Abgastests
von Dieselautos informierte. VW hatte in den USA eine illegale
Abschalteinrichtung in seinen Dieselautos verwendet, um Grenzwerte zu umgehen.
Der Europäische Gerichtshof erklärte die verwendete Software zur Schönung von
Abgaswerten bei Zulassungstests Ende 2020 für illegal. Im Mai des Jahres
entschied der Bundesgerichtshof zudem, dass Käufer manipulierter VW-Dieselautos
Anspruch auf Schadensersatz haben. Betroffen vom Abgasskandal sind neben VW
auch die Konzerntöchter Audi, Škoda und Porsche.

Wenige Tage nach Bekanntwerden des Skandals war
VW-Konzernchef Winterkorn zurückgetreten. Auch gegen den ehemaligen
Konzernchef läuft ein Verfahren, das wegen seines Gesundheitszustands jedoch
getrennt geführt wird. Ob es in diesem Prozess noch zu einem Urteil kommt, ist
unklar
.

Abgasskandal

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