Düsseldorf/Essen – Deutschlands Industrie-Ikone Thyssenkrupp steht vor der Zerschlagung, Tausende Arbeitsplätze sind bedroht. Am Montag bestätigte Thyssenkrupp den BILD-Bericht über die bevorstehende Aufspaltung. Besonders groß ist die Sorge in NRW.

Auch interessant

Anzeige

Auch interessant

Anzeige

Die SPD keilt gegen das Management und Ministerpräsident Hendrik Wüst (49, CDU).

Jochen Ott (51), SPD-Fraktionschef in NRW, rechnet mit den Konzernbossen ab: Thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez (60) sei „der schlechteste Manager, den es in Deutschland gibt“. Und: Thyssenkrupp sei „bei ihm nie in guten Händen“ gewesen.

„Er hatte die Lage nie im Griff. Der Aufsichtsrat hätte ihn längst vor die Tür setzen müssen“, sagt Ott deutlich.

Und der Oppositionsführer wettert auch gegen NRW-Ministerpräsident Wüst. Ott: „Hendrik Wüst hat sich in der gesamten Entwicklung um Thyssenkrupp als vollkommen hilflos erwiesen.“ Ihm fehlten „Wille und Idee“. Das Land NRW hätte – so meint die SPD – beim Industriekonzern einsteigen sollen, um einen Kahlschlag zu verhindern.

Jochen Ott (51, SPD) rechnet knallhart mit Thyssenkrupp-Management und Landesregierung ab

SPD-Fraktionschef Jochen Ott rechnet knallhart mit Thyssenkrupp-Management und Landesregierung ab

Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Der Ruhrkonzern will nach Stahl und Schiffbau auch die verbliebenen Firmenteile, Autozulieferer und Handel, ausgliedern. Alle Geschäftsbereiche sollten „schrittweise“ verselbstständigt und für eine Beteiligung durch Dritte geöffnet werden, bestätigte das Unternehmen eine BILD-Recherche.

Vorbild für das weitere Vorgehen ist die Stahlsparte. Die hat Vorstandschef Lopez bereits zum Teil an den tschechischen Oligarchen Daniel Křetínský (49) verkauft. Im nächsten Schritt soll der Investor seine Beteiligung von 20 auf 50 Prozent erhöhen. „Letztlich wird er die Stahlsparte wohl ganz übernehmen“, heißt es in Kreisen des Konzerns.

Mit dem Umbau wird Thyssenkrupp in eine Finanzholding umgebaut. Unter dem Dach einer schlanken Zentrale sind dann die Restbeteiligungen an den einzelnen Geschäften aufgehängt.

Da alle Bereiche betroffen sind, wird die neue Strategie auch alle 98.000 Menschen im Unternehmen betreffen. Einige Stellen dürften dabei den Kreisen zufolge verloren gehen. Ein Beispiel: Die Belegschaft der Zentrale soll demnach von 500 auf 100 sinken; weitere Einschnitte sind in der rund 1000-köpfigen Belegschaft geplant. Zum Stellenabbau machte Thyssenkrupp keine Angaben.

Bedrohlich für das Land Nordrhein-Westfalen ist das Thema nicht nur wegen der Arbeitsplätze: Gemeinsam mit dem Bund hatte das Land Fördermittel von zwei Milliarden Euro zugesagt, um die Produktion von „grünem Stahl“ zu ermöglichen. Ob die Produktion jemals profitabel läuft – unklar!

Lesen Sie auch

Auch deshalb verlangt die SPD jetzt Aufklärung. Am Mittwoch sollen im Wirtschafts- und im Arbeitsausschuss des Landtages Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (47, Grüne) und Arbeitsminister Karl-Josef Laumann Stellung (67, CDU) zum „Geheimplan Abwicklung“ nehmen.

NRW-Ministerpräsident Wüst selbst äußerte sich offiziell bislang nicht zu den Umbau-Plänen. Ein Regierungssprecher teilte mit, dass „die Landesregierung in engem Austausch sowohl mit der Unternehmensseite als auch mit der Arbeitnehmerseite“ sei. Im Mittelpunkt stehe „die Sicherung der Arbeitsplätze“. ABER, so der Sprecher weiter: „Am Ende bleiben Restrukturierungsmaßnahmen und Entwicklungsstrategien immer Entscheidungen, die von den Unternehmen selbst getroffen und verantwortet werden.“

Unruhe wegen der Pläne gibt es aber auch in der CDU. Eine Zerschlagung von Thyssenkrupp sei eine Bedrohung für die gesamte Stahlindustrie in Deutschland, warnte Dennis Radtke (46), Vorsitzender des CDU-Arbeitnehmerverbands CDA. Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) müsse „das Thema zur Chefsache machen“, sagte der Europa-Abgeordnete dem „Stern“.

Lopez selbst hält an seinen Plänen trotz der Kritik fest. „Mit der strategischen Neuaufstellung von Thyssenkrupp setzen wir unseren eingeschlagenen Kurs entschlossen fort“, ließ der Konzernboss mitteilen.