Streit in Ditzingen: „Das kann doch nicht sein!“ Eine einfache Fahrt nach Stuttgart kostet derzeit für alle Ditzinger 4,30 Euro. Fortan müssten die Heimerdinger 6,90 Euro bezahlen. Foto: Simon Granville

Bezahlen Heimerdinger künftig mehr für das VVS-Ticket als alle anderen Ditzinger? Diese Ungleichheit schien längst überwunden. Jetzt will die Verwaltung das Rad zurückdrehen.

Ditzingen Der Heimerdinger Ortsvorsteher ist nicht leicht aus der Ruhe zu bringen. Selbst in hitzigen Diskussionen ist Bernhard Arzt um Ausgleich bemüht. Doch von alledem ist wenig übrig in der Diskussion um die Bus- und Bahnanbindung von Heimerdingen an die Kernstadt. In der Debatte geht es schließlich auch darum, dass die Verwaltung die Gleichstellung Heimerdingens mit allen anderen Teilorten Ditzingens zunichte machen will. „Das kann doch nicht sein“, sagt Arzt.

Lange hatte der Gemeinderat mit dem Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) darum gerungen, Heimerdingen in dieselbe Zone zu verlegen wie Ditzingen, Hirschlanden und Schöckingen. Doch geht es nach der Verwaltung, soll die Zonenverschiebung rückgängig gemacht werden. Das hat vor allem für die Heimerdinger Konsequenzen. Eine einfache Fahrt nach Stuttgart kostet derzeit für alle Ditzinger 4,30 Euro. Fortan müssten die Heimerdinger 6,90 Euro bezahlen. „Das wäre ganz schwierig für Heimerdingen“, sagt der Ortsvorsteher. Er hat für den Verwaltungsvorschlag kein Verständnis. Vor wenigen Jahren habe man noch die Kreisreform 1973 gefeiert, die Zusammengehörigkeit der aus mehreren Teilorten entstanden Stadt beschworen und „heute treibt man bewusst einen Keil zwischen die Stadtteile“.

Haushaltssperre in Ditzingen zwingt zum Handeln

Die Gründe für den Antrag der Verwaltung liegen auf der Hand: Die Stadt muss sparen, nachdem die Gewerbesteuereinnahmen drastisch sinken. Inzwischen hat die Verwaltung deshalb eine temporäre Haushaltssperre verhängt. Mit der Verschiebung der Zonengrenze könnte die Stadt mehr als 30 000 Euro sparen.

Lange hatte der Gemeinderat mit dem Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) darum gerungen, Heimerdingen in dieselbe Zone zu verlegen wie Ditzingen, Hirschlanden und Schöckingen. Foto: Simon Granville

Um die durch die vergünstigten Tarife entstehenden Mindereinnahmen des VVS auszugleichen, übernimmt unter anderem die Stadt seit 2020 anteilige Ausgleichszahlungen. Für die Stadt Ditzingen beläuft sich dieser Betrag nach eigenen Angaben auf rund 32 000 Euro pro Jahr.

Mit der Zonenrandverschiebung wurde auch das Stadtticket möglich, weil sich Heimerdingen fortan in derselben Zone wie alle anderen Ditzinger Teilorte befand. Ziel war es laut der Verwaltung, „insbesondere Berufspendler durch reduzierte Ticketkosten zu entlasten“. Mit der Einführung des bundesweit gültigen Deutschlandtickets habe sich die Ausgangslage jedoch grundlegend verändert, so die Stadt. Mit dem Deutschlandticket kann der gesamte öffentlichen Nah- und Regionalverkehr bundesweit zu einem einheitlichen monatlichen Festpreis genutzt werden. „Insbesondere für Berufspendler, die regelmäßig auf den ÖPNV angewiesen sind, stellt dieses Angebot eine attraktive, umfassende und kostengünstige Alternative dar“, argumentiert die Verwaltung. Angesichts der hohen Akzeptanz und der zu erwartenden langfristigen Fortführung des Deutschlandtickets – wie von Seiten des Bundes angekündigt – empfehle sie die bestehende Tarifzonenregelung für Heimerdingen aufzuheben, so die Verwaltung. Voraussetzung hierfür ist, dass die gesetzliche Grundlage für das Deutschlandticket weiterhin bestehe.

Verwaltung empfiehlt Rückkehr zur alten Tarifzonenregelung

Die Empfehlung der Verwaltung beruht auf der Einschätzung, dass ein Großteil der regelmäßig pendelnden Fahrgäste inzwischen auf das Deutschlandticket umgestiegen ist oder umsteigen wird. Damit entfällt der ursprüngliche Anlass, durch eine lokal finanzierte Tarifzonenanpassung entlastend einzugreifen. Zum Jahresende besteht die Möglichkeit, die Vereinbarung zur Verschiebung der Zonengrenze auf Ende 2026 zu kündigen.

Heimerdingens Ortsvorsteher Bernhard Arzt macht zugleich für die Freien Wähler Politik im Gemeinderat. Er hat bereits angekündigt, dort erneut einen Vorstoß für das Beibehalten der Zoneneinteilung zu machen. Zumal quer durch die Fraktionen das Grummeln darüber lauter wird, dass es bisher kein Sparkonzept gibt. Ziel ist es, jährlich 2,2 Millionen Euro bei den laufenden Kosten einzusparen – wo und wie, das sei bisher nicht diskutiert worden, heißt es. Statt dessen, so die Räte, hätten sie sporadisch über Einzelmaßnahmen zu entscheiden. Der Gemeinderat tagt an diesem Dienstag. Die Entscheidung im Fachausschuss fiel mit sieben zu sechs Stimmen und einer Enthaltung denkbar knapp aus.