Wenn das Leben besonders unverständlich wirkt, hilft die Literatur – manchmal. Einer, der komplexe Sachverhalte durchdringen und erklären kann, ist jedenfalls Yishai Sarid. Der israelische Schriftsteller hat kluge Romane wie etwa „Monster“ über die Problematik der Holocaust-Erinnerungskultur geschrieben. Dass der ehemalige Nachrichtenoffizier und Rechtsanwalt nun in München Einblicke in sein Denken und Schreiben geben wird, ist zweifellos ein Ereignis.
Sarid wird an der LMU in diesem Semester die Amos-Oz-Dozentur innehaben. In einem auf Englisch gehaltenen Blockseminar soll es dort um Israels Identität zwischen alten und neuen Mythen gehen. Bei einem Abend im Literaturhaus am 4. Juni wird es zudem neben Auszügen aus Sarids Romanen auch Antworten auf schmerzliche aktuelle Fragen geben: Wie erlebt er den derzeitigen Krieg vor der eigenen Haustür, die nicht endende Spirale der Gewalt? Und kann Literatur wirklich helfen, neue Wege zu finden?
Ob sein Kollege Dror Mishani auf diese Frage ähnliche Antworten geben wird? Er kommt am 18. Juni ins Jüdische Gemeindezentrum und stellt seine Tagebücher vor, die er in Tel Aviv seit dem Überfall der Hamas vom 7. Oktober 2023 führt: „Fenster ohne Aussicht“. Und da es so viele Fragen gibt, auf die Antworten schwierig sind, sei zwischendurch noch ein Abend in den Kammerspielen empfohlen: Michel Friedman wird am 6. Juni dort mit SZ-Redakteur Ronen Steinke über das große Thema „Gerechtigkeit“ sprechen.
Das spielt auch in jenem Krieg eine Rolle, den Putin der Ukraine aufgezwungen hat. Der Publizist Marko Martin hat sich intensiv damit auseinandergesetzt, warum dessen Propaganda auch hierzulande so gut verfängt und warum überhaupt – man denke an die AfD-Erfolge – autoritäre Tendenzen derzeit eine solche Sogkraft entwickeln. Am 29. Mai ist Martin im Werkraum der Kammerspiele zu Gast. Und wer sich dem Thema „Demokratie verteidigen“ etwas spielerischer stellen möchte: In der Stadtbibliothek im Motorama eröffnet der Schriftsteller Timur Vermes am 28. Mai eine Ausstellung mit politischen Comics und Cartoons.
Veranstaltungen zum 150. Geburtstag
:Wie Thomas Mann in München gefeiert wird
Am 6. Juni steht der 150. Geburtstag von Thomas Mann an. München, wo er lange mit seiner Familie lebte, würdigt den Schriftsteller mit einem Crescendo an Veranstaltungen.
Ein bisschen Leichtigkeit will jedenfalls der Tukan-Kreis in den Sommer bringen. Helga Beck hat die Leitung von ihrem verstorbenen Mann, dem Verleger Hans Dieter Beck, übernommen und mit dem Tukan-Team ein hervorragend besetztes Sommerfest in der Seidlvilla organisiert. „Vom Klang des Lesens“ wollen dort am 6. Juni unter anderen Nora Gomringer, Fiston Mwanza Mujila, Uwe Timm und Pierre Jarawan künden. Die Literatur feiern will auch die Bayerische Akademie des Schreibens: Wer neue Stimmen der Szene kennenlernen möchte, die in Seminaren im Literaturhaus an ihren Sätzen gefeilt haben, ist hier am 3. Juni richtig.
Literatur als Wort-Ping-Pong zu präsentieren, ist die Idee von Autor und Kabarettist Thomas Steierer. In der Reihe „Immer weiter“ im Heppel und Ettlich spricht er mit dem Schriftsteller Thomas Lang und der Lektorin Katrin Sorko über die Tücken des Schreibens – und am Ende können sich die Besucher beim Tischtennis-Spielen an einer Mini-Platte lockermachen (3. Juni).
Der Abschluss gebührt dem omnipräsenten Thomas Mann: An seinem 150. Geburtstag am 6. Juni lädt das Volkstheater zu einem ebenfalls spielerischen Event: Michael Sommer bringt das Gesamtwerk des Schriftstellers an nur einem Abend auf die Bühne – mit Playmobil-Figuren. Die Literatur macht eben immer wieder Unmögliches möglich.