Gut 32 Jahre ist es her, dass Berlin mit einer Olympiabewerbung scheiterte. Krachend und mit Ansage. Gerade einmal neun der damals 88 Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees hatten bei der Entscheidung am 23. September 1993 für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2000 in Berlin gestimmt. Bereits in der zweiten Runde war für die Berliner Schluss. Den Zuschlag erhielt das australische Sydney. Spätere, eher zaghafte Olympia-Initiativen Berlins ab dem Jahr 2000 blieben in einem Anfangsstadium stecken und wurden nicht verfolgt.

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Die Erinnerung an die Pleite von 1993 wirkte lange nach. Unerwartet war das Aus seinerzeit nicht gekommen. Die Bewerbung war von Pannen, Affären und einer lautstarken Anti-Olympia-Bewegung bestimmt und ist ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte.

Von Beginn an gab es Negativschlagzeilen: Das Finanzgebaren der Olympia-Werber und allzu üppige Gehälter standen zunächst in der Kritik. Zum Skandal wurde es, als mögliche Pläne bekannt wurden, private Vorlieben der IOC-Mitglieder, darunter auch sexuelle Präferenzen, in Dossiers zusammenzustellen. Die Olympia-Gegner machten mit kämpferischen Aktionen von sich reden. Geschäftsführer der die Bewerbung tragenden Gesellschaften mussten gehen.

Die „NOlympia“-Bewegung war in der Stadt 1993 stark präsent.

© imago/Seeliger

Dass hier eine Stadt, gar ein Land, etwas Großes erreichen wollte, war nicht zu spüren. Nicht ansatzweise hätte man sich solche glanzvollen Bilder vorstellen können, wie sie im vergangenen Jahr von Paris aus um die Welt gingen. Die Idee eines überragenden, weltweiten Sportereignisses, das von einem ganzen Land getragen wird und Nationen zusammenbringt, spielte quasi keine Rolle.

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Eine olympische Philosophie war in der Bewerbung kaum zu entdecken. Berlin bemühte vor allem politische Symbolik, die beim IOC nicht verfing. Die Verantwortlichen setzten auf die Geschichte der Mauerstadt in der Zeit des kalten Krieges, der Überwindung der Teilung hin zur Hauptstadt eines zusammenwachsenden Deutschlands. Dabei taten sich die Bundesrepublik und die Stadt in diesen Jahren mit dem Zusammenwachsen so schwer. Die Euphorie des Mauerfalls war längst verlogen; längst kämpfte die Stadt mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Anstrengung, die Lebensverhältnisse anzugleichen.

Keine Einigkeit zwischen Berlin und dem Bund

Bei den Olympiaplänen überwogen auf allen Ebenen Missstimmung. Die großen Sportorganisationen – damals noch der Deutsche Sportbund und das Nationale Olympische Komitee, die erst 2006 zu einer Organisation verschmolzen – zogen nicht unbedingt an einem Strang. Die Funktionäre sparten immer wieder nicht mit Kritik aneinander. Auch nicht mit Kritik an der chaotischen Berliner Bewerbung.

Wesentlich aber war es, dass es zwischen Bund und Berlin keine Einigkeit gab und dies unverhohlen gezeigt wurde. Olympia war keine nationale Aufgabe. Im Bundesgebiet fremdelten noch viele mit der Stadt. Die Bundespolitik hatte nur wenig bis verhaltenes Interesse an den Ambitionen Berlins. Lange zögerte etwa die Bundesregierung, Vertreter aus den damals noch in Bonn ansässigen Ministerien in den Aufsichtsrat der Olympia-Gesellschaft zu schicken. Das wiederum führte zu Unverständnis in Berlin.

Den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2000 hatte damals Sydney (Australien) bekommen. (Symbolbild von 2021)

© dpa/Dean Lewins

Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hielt nicht viel von der Bewerbung und engagierte sich nicht dafür. Dass er sich beim IOC für Berlin einsetzen könnte, stand nicht zur Diskussion. Das war bei den Mitbewerbern anders. Beispielsweise gehörte der damalige britische Premierminister John Major zum Komitee, das vor der IOC-Vollversammlung die Bewerbung Manchesters präsentierte. Gleiches galt für den australischen Regierungschef Paul Keating, der selbstverständlich und erfolgreich für Sydney warb.

Der langjährige IOC-Präsident Thomas Bach, der im Juni nach zwölf Jahren aus diesem Amt ausscheidet, gehörte 1993 der Berliner Delegation an. Erst zwei Jahre zuvor war Bach in das IOC gewählt worden. Damit begann seine steile Karriere als Funktionär hin zum einflussreichsten Mann im internationalen Sport. Einige Jahre später, 1999, sagte Bach in der Rückschau auf Berlins Scheitern in einem Tagesspiegel-Interview: „Das IOC hatte nicht den Eindruck, die Stadt wolle die Spiele wirklich, getragen von einer Welle der Begeisterung.”