Verwilderte oder verlassene Orte, die in Vergessenheit geraten sind: so definiert das Lexikon den Modebegriff Lost Place. Nach dem auch innen mit Moos gepolsterten Sinn-Leffers-Gebäude auf der Alleestraße widmete sich die CDU-Ratsfraktion am Montagabend einem weiteren Exemplar dieser Gattung. Auf dem Gelände des schon länger geschlossenen Freibads Eschbachtal gab Sportamtsleiter Martin Sternkopf den Politikern einen Ausblick auf die Zukunft des ältesten Binnenfreibads in Deutschland.
Ursprünglich waren Schutzhelme für die Besuchergruppe vorgesehen gewesen, der Weg von der Straße hinunter auf die Ebene der Schwimmbecken gab schnell den Blick auf dunkelgrün schimmernde Wasserflächen, Steinbrocken, munter sprießendes Grün und Rudimente eines Sprungturms frei. Hobbyfotografen kommen hier voll auf ihre Kosten. Die Ruhe, die über dem idyllisch gelegenen Grundstück liegt, wird allerdings bald vorbei sein. Vor wenigen Tagen hat die Stadt einen weiteren Förderbescheid bekommen. Nun kann bald mit den Ausschreibungen für die Erdarbeiten und den Abriss der beiden Gebäude begonnen werden, erklärte Sternkopf. Erdarbeiten werden unter anderem nötig, weil der bislang in Rohren unter dem Gelände verlaufene Eschbach an die Oberfläche geholt wird. Zudem wird der Verlauf des Gewässers die Seite wechseln. Künftig fließt er unterhalb der unter Naturschutz stehenden Liegewiesen offen übers Gelände. Die ursprüngliche Idee, das Kinder im Bach planschen können, wurde aus Sicherheitsgründen wieder verworfen, erklärte Sternkopf den Politikern. Ein Zaun soll künftig verhindern, dass die Kleinsten sich dem Bach nähern. Eine Brücke übers Fließgewässer sorgt in der Zukunft dafür, dass die im Volksmund auch „Liebesinseln“ genannten Wiesen-Flächen erreichbar sind.
Der Grund für die Renaturierung des Eschbachs ist nicht nur ein ästhetischer. Mehrfach in der Vergangenheit hatte der unterirdische Bach bei Starkregen das Wasser nicht schnell genug abtransportieren können. Das in einer Senke liegende Grundstück war wie eine Badewanne vollgelaufen – mit fatalen Folgen für den Badebetrieb. Schützen vor möglichen Hochwasserschäden sollen künftig auch die höheren Beckenränder. Sie ermöglichen den Gästen zudem einen einfacheren Zugang zu den Wasserflächen. Diese Neuerung ist teuer, hilft der Stadt aber auch, um zügiger in die Badesaison zu starten. Früher hätten nach einem Winter bis zu 500 Fliesen ausgewechselt werden müssen, berichtete Sternkopf. Das falle künftig weg.
CDU-Fraktionschef Markus Kötter interessierte an diesem Abend vor allem die Frage, wie man die Nutzungsdauer des Bades verlängern kann. Immerhin investiert die öffentliche Hand insgesamt über 40 Millionen Euro, um an der Stadtgrenze zu Wermelskirchen ein runderneuertes Freibad zu schaffen. Ein Zeitfenster von Mitte Mai bis September, wie es Sternkopf als bislang typische Dauer einer Freibadsaison beschrieb, erscheint der Fraktion zu kurz für das Millionenprojekt. Eine Öffnung schon früher im Jahr, wie Kötter sie nun anregte, sei technisch künftig umsetzbar. „Generell ist die Technik so ausgelegt, dass das möglich ist“, sagte Sternkopf. Um das Wasser dann bereits auf angenehme Temperaturen zu bringen, sei dann alles vorhanden.
Nutzen will die Stadt das Freibad-Gelände künftig auch wieder für Veranstaltungen. Unter anderem das „Eschtival“, bei dem unter anderem die Höhner auftraten, hat gezeigt, dass Open-Air-Partys hier funktionieren. In der Nähe der Straße, ungefähr in Höhe des Hauptgebäudes, ist eine Veranstaltungsfläche geplant. Der langjährige Vorsitzende des Personalrates der Stadt, Klaus Ellenbeck, der das Projekt als technischer Berater begleitet, präsentierte den Gästen aus der Politik weitere Ideen zur Erschließung neuer Zielgruppen. Eine Wintersauna-Veranstaltung mit Lagerfeuer könne ebenso Gäste locken wie eine mobile Welle, auf der geritten werden kann ähnlich wie im Münchner Eisbach.