Stand: 28.05.2025 08:05 Uhr
Was hätten die Menschen vor 100 Jahren wohl gedacht, wenn man ihnen erzählt hätte, dass es in der ganzen großen Speicherstadt 100 Jahre später genau einen Speicher gibt, der innen noch so aussieht wie damals alle. Ein Museum mit Kautschuk, Tee und Kaffee.
Knapp 50.000 Besucherinnen und Besucher freuen sich jährlich, dass es da ist, kaufen vielleicht noch eine Postkarte bei dem freundlichen älteren Herren – ohne zu ahnen, wer das ist. „Das ist mein Museum, ganz einfach“, sagt Henning Rademacher. Er war knapp über 40 Jahre alt und Seemann mit Kapitänspatent, als er in Hamburg an Land blieb. Die Speicherstadt kannte er sozusagen von der Seeseite. Ein Stück echter Hafen hinter dem Zaun Anfang der 1980er-Jahre wurde durchaus noch genutzt für das weniger werdende Stückgut, vor allem Tee und Kaffee.
Die Speicherstadt war ein Stück Freihafen, aber nicht mehr so lukrativ – wo sollte man hier Container stapeln? „Dass die klassische Aufgabe der Speicherstadt verloren ging“, erinnert sich Rademacher, „das sah man. Es wurde zum Teil durch den Teppichhandel aufgefangen, aber es war klar: Die klassische Lagerung war nicht mehr da. Da muss was anderes hin.“
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Museum mit Herzen für die Stadt
Im neuen „Museum der Arbeit“ fand Rademacher einen Platz, volontierte mit Mitte 40 und konnte im Mai 1995 das 1. Speicherstadtmuseum in St. Annen eröffnen, ohne jede Förderung – unmöglich ohne den Kunsthistoriker Ralf Lange. „Ich habe die kaufmännische Sache gemacht und den täglichen Betrieb. Ralf hat die inhaltliche Sache bearbeitet“, erklärt Rademacher und Ralf Lange unterbricht ihn: „Das hört sich jetzt sehr schön an. Am Ende haben wir beide Tee gekocht, kassiert und die Klos geputzt.“ Und beide lachen.
Es dauert ein, zwei Jahre, dann erobert das Museum die Herzen der Stadt, meint Rademacher: „Wir wollten einen Ort zeigen, der nicht im Bewusstsein der Hamburger war.“ Dazu gehört das Hafen-Werkzeug. Eine Sonderausstellung 2001 mit dem Peekhaken. Den „Peekhaken“ brauchte man früher in Hamburg nicht zu erklären. 2011 folgte schließlich der Umzug in Speicher L im Sandtorkai – auch der gehört der HHLA, die die Besonderheit des Museums erkennt.
„Hier muss man eben herkommen“
Es ist mehr Platz für die gleichen alten Geschichten. Der Peekhaken der Ewerführer – hier hängt er im Original. Aber die Welt drumherum hat sich geändert, Hafencity, Elbphilharmonie und die Museen haben jetzt Audioguide und Touchscreen. Das Speicherstadtmuseum bleibt analog. „Wir haben immer den Anspruch, dass wir ein Museum zum Anfassen sind“, meint Ralf Lange.
Wer hier mehr wissen will, der sollte am Tresen fragen und nichts anklicken. „Das kann man auch zu Hause machen. Hier muss man eben herkommen“, sagt Rademacher. Geplant ist aber die Umwandlung in eine GmbH. Henning Rademacher wird die alleinige Führung abgeben. Sein Museum ist nach 30 Jahren so sehenswert – und so schützenswert wie die Speicherstadt selbst.
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Hamburg Journal |
27.05.2025 | 19:30 Uhr