Während die Welt über Frieden diskutiert, kämpfen sie ums Überleben – und um Gerechtigkeit. Drei ukrainische Soldaten sprechen mit BILD über ihre Erfahrungen, ihre Hoffnung – und ihre Wut. Ihre Botschaft an den Westen ist klar: Es darf keinen Frieden um jeden Preis geben.
Oberstleutnant Alexander Kindsvater (59) kennt den Krieg seit zehn Jahren – und seinen Preis
„Ich habe fast jede denkbare Katastrophe an der Front erlebt. Aber niemals hätte ich mir vorstellen können, dass ein Rückzug oder eine Kapitulation infrage kämen.“
Kindsvater hat in der Region Mariupol gekämpft – dort, wo Russland eine Stadt mit 100.000 Zivilisten in Schutt und Asche legte.
Auch interessant
Anzeige
Auch interessant
Anzeige
„Vielleicht wünsche ich mir mehr als jeder andere, dass dieser Krieg endet – aber zu welchem Preis? Wenn wir Gebiete aufgeben, die Waffen niederlegen, die Kämpfe einstellen und Russland so die Chance geben, stärker zurückzuschlagen – warum sind dann unsere Jungen und Mädchen gestorben, deren Tod wir miterlebt haben?“
Seit 2015 kämpft er – zuerst an der Frontlinie bei Mariupol, später beim Großangriff 2022.
► „Wir waren unterlegen, schlecht ausgerüstet, ohne Lufthoheit. Aber wir dürfen psychisch nicht zusammenbrechen. Aufgeben ist keine Option.“
Alexander Kindsvater steht vor einem durch Bombenangriffe beschädigten Gebäude in der Ukraine. Den genauen Ort darf er aus Sicherheitsgründen nicht nennen
Foto: Privat
Er schöpft Hoffnung – auch durch Deutschland:
„Die Aufhebung der Waffenbeschränkungen durch den Westen war ein Hoffnungsschimmer. Eine mögliche Taurus-Lieferung wäre für uns ein zweiter Aufschwung.“
Sein Blick auf Russland ist klar:
„Krieg gegen Russland heißt, mit dem Tod zu spielen – aber wir haben uns daran gewöhnt. Schmerz und Überlebenswille verbinden uns.“
Seine Botschaft an den Westen – und an Donald Trump:
„Putin wird nicht aufhören – und wir auch nicht. Die Ukraine braucht jetzt alles: Waffen, Ausrüstung – und vor allem moralische Unterstützung. Wir dürfen diesem Monster nicht allein gegenüberstehen. Lasst uns nicht allein.“
Oleh Melnytschuk kämpft in der Region Mykolajiw
Oleh Melnytschuk (29, Name zu seinem Schutz von der Redaktion geändert): „Meine Frau und meine vierjährige Tochter warten zu Hause. Bei jedem russischen Raketenangriff bete ich: Wenn jemand sterben muss, dann ich – nicht sie.“
Er schildert die Erschöpfung, die alle trifft:
„Viele Kämpfer um mich herum sind ausgelaugt. Auch unsere Familien kämpfen – jeden Tag. Ich würde meine Waffe sofort niederlegen, um zurück nach Hause zu gehen. Aber das ist unmöglich. Wenn wir jetzt aufgeben, verlieren wir die Gebiete, für die so viele gestorben sind.“
„Niemand möchte einen Frieden um jeden Preis.“
Oleh Melnytschuk (29) ist ein studierter Ingenieur und ein Infanteriesoldat
Foto: Privat
Drohnen-Spezialist Konstantin Pavliuk (34) ist wütend über die weltweite Diskussion zur Beendigung des Krieges
„Seit über eine angebliche Kriegsbeendigung gesprochen wird, hat sich für uns nichts verändert. Wir hatten anfangs falsche Hoffnungen. Während der US-Präsident auf der Weltbühne schöne Worte spricht, steigen die Angriffe auf Zivilisten. Die Lage in unserer Armee ist unverändert – aber unsere Familien sind jetzt noch verwundbarer.“
Konstantin Pavliuk (34, l.), von Beruf Rechtsanwalt, ist an der Front als Drohnenspezialist im Einsatz
Foto: Privat
Ein Waffenstillstand – für Pavliuk unvorstellbar:
„Es ist absurd, den Krieg einzufrieren, um später stärker zurückzuschlagen. Russland wird sich erholen – die Ukraine nicht. Jeder, der kämpfen kann, kämpft bereits.“
Konstantin Pavliuk: Hinter ihm ist seine Drohne zu sehen
Foto: Privat
Und seine rote Linie ist glasklar:
„Wir legen die Waffen nicht nieder. Notfalls führen wir einen Guerillakrieg. Wir hören erst auf, wenn Russland sich vollständig zurückzieht – auf die international anerkannten Grenzen von 1991.“
Seine letzte Frage ist ein Stich ins Herz der Weltgemeinschaft:
„Wie kann man von Frieden sprechen, wenn Russland Frauen und Kinder entführt und unsere Gefangenen unter unmenschlichsten Bedingungen festhält?“