Bei einem Gletschersturz ist das Schweizer Dorf Blatten im südlichen Kanton Wallis zu großen Teilen mit Eis und Geröll bedeckt worden. Schweizer Medien zeigten Videos und Bilder von Geröllmassen in dem Dorf. Die Kirche in Blatten war nicht mehr zu sehen, die Einwohner dürften ihre Häuser verloren haben. In der Nacht zum Dienstag waren bereits große Mengen an Eis, Schnee, Wasser und Felsen talwärts gestürzt.

Nach Einschätzung örtlicher Behörden sind dabei mutmaßlich keine Menschen verletzt worden. Matthias Ebener, der Informationschef des regionalen Führungsstabs, teilte mit, eine Person sei vermisst. Details dazu konnte er nicht sagen. Dem Stab zufolge stürzte ein großer Teil des Gletschers um 15.30 Uhr zusammen mit großen Mengen an Schutt ab und erreichte die Siedlung. 

Bedrohtes Dorf schon vergangene Woche geräumt

Der Gletschersturz wurde bereits erwartet, deshalb wurde Blatten
vergangene Woche komplett geräumt. Rund 300 Einwohner mussten das Dorf
in der auch bei deutschen Touristen beliebten Region Lötschental bereits am
vergangenen Montag verlassen. Raphaël Mayoraz, der Leiter der Dienststelle für Naturgefahren des Kantons Wallis, schloss nicht aus, dass weitere Gebiete des Tals evakuiert werden könnten. Die Situation sei beispiellos, es sei zu einem „Worst-Case-Szenario“ gekommen, zitierte ihn der Schweizer Sender SRF. 

Der Kanton Wallis forderte laut Berichten der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und des SRF die Hilfe der Armee an. Demnach bat man die Streitkräfte um Pumpen zur Sicherung eines örtlichen Flussbetts, Räumungsgerät und Evakuierungsausrüstung. Auch seien Lufttransporte angefordert worden. Der NZZ zufolge sagte ein Armeesprecher, dass eine Erkundungseinheit in die Region entsandt worden sei. 

„Es ist eine totale Katastrophe, die weit über das hinausgeht, was die Menschen in der Region dachten“, sagte Franz Ruppen, der für Umwelt zuständige Staatsrat des Kantons Wallis, laut dem SRF. Sicherheitsstaatsrat Stéphane Ganzer sagte: „Wir hatten uns darauf vorbereitet, wir hatten die richtigen Maßnahmen ergriffen.“ Allerdings könne man „noch so gut antizipieren. Wenn die Ereignisse eintreffen, wird die Natur dominieren.“ 

© Lea Dohle

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Blattens Gemeindepräsident Matthias Bellwald zeigte sich bestürzt über die Zerstörung. „Das Unvorstellbare ist eingetroffen, das sichtbare Dorf verloren“, sagte er bei einer Pressekonferenz. „Ich bin froh, konnten wir die Menschen evakuieren. Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz.“ 

Mit Albert Rösti und Martin Pfister nahmen an der Pressekonferenz zwei der sieben Bundesräte teil, die in der Schweiz gemeinsam die Regierung bilden. Bundesrätin und derzeit turnusmäßig Bundespräsidentin Karin Keller-Stutter schrieb zuvor auf X: „Es ist schlimm, wenn man seine Heimat verliert. Ich fühle in diesen Stunden mit den Bewohnerinnen und Bewohnern von Blatten.“ 

Ursachen des Gletschersturzes noch unbekannt

Auslöser der Naturkatastrophe ist ein langsam verlaufender Bergsturz am Kleinen Nesthorn oberhalb des abgestürzten Gletschers. Bereits Anfang vergangener Woche teilten die örtlichen Behörden mit, dass sich die Geschwindigkeit des Gletschers von 0,8 Metern pro Tag auf 1,5 bis zwei Meter erhöht habe. Dadurch war Blatten in die Gefahrenzone geraten. 

Zu dem Zeitpunkt waren nach Schätzungen bereits bis zu drei Millionen Kubikmeter an Felsbrocken abgebrochen und auf den Gletscher gerollt. Die Ursachen des Bergsturzes sind noch nicht ganz geklärt. Der Geologe Fabian Reist sagte vergangene Woche, der Klimawandel, der weltweit zu schmelzenden Gletschern führt, sei dabei mutmaßlich nur ein Faktor. Auch andere geologische Prozesse sowie Wetterereignisse könnten dabei eine Rolle gespielt haben.

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