Immer sich selbst im Sucher: In Stuttgart gibt es jetzt ein Selfie-Museum. Foto: Lichtgut/Julian Rettig
Die Wow Gallery will ihren Gästen möglichst viele Wows entlocken. Das Selfie-Museum ist von Berlin nach Stuttgart gezogen. Eine farbenfrohe Erlebniswelt feiert klickreich Eröffnung.
Wo zuletzt Kunden stylische Jeans des Labels Diesel anprobiert haben, werden nun Smartphones emporgereckt. Im Dorotheen-Quartier hat das Berliner Selfie-Museum mit dem NamenThe Wow Gallery am Mittwochabend Pop-up-Eröffnung gefeiert und den geladenen Gästen viel Spaß dank Handyklicks bereitet. Die interaktive Erlebniswelt soll auf zwei Etagen zum Hotspot der Generation Instagram werden, die immer neue Kulissen für ausgefallene Selfies sucht.
In Berlin hat sich die Galerie bei ihrer Eröffnung vor fünf Jahren auf 1000 Quadratmeter ausgebreitet und nach dem Boom nun der Hauptstadt Lebewohl gesagt, weil dort die Konkurrenz der Nachahmer von immersiven Hotspots für Selfie-Fans immer größer geworden sei. In Stuttgart will Kreativdirektor und Wow-Macher Torsten Künstler, ein Filmregisseur und Filmset-Bauer, ein neues Publikum erreichen. Im DoQu stehen dem Selfie-Museum zwar nur noch 320 Quadratmetern zum Austoben zur Verfügung, doch diese Art von Entertainment sei hier bisher noch nicht bekannt. Die Anbieter rechnen deshalb trotz eines relativ hohen Eintrittspreises von 19 Euro bzw. 14 Euro (ermäßigt) mit großem Zuspruch.
Beim Opening zeigt sich: Vor allem junge Menschen aus der Generation Instagram fahren voll drauf ab. Influencerinnen wie hey_tatjana (17.000 Follower) und miss.talina (66.000 Follower) klicken und filmen eifrig am ersten Abend. Aber auch die Älteren – darunter Gudrun Nopper, die Frau des Oberbürgermeisters, und Wirtin Sonja Merz – machen erfreut mit, laden sich lächelnd und beglückt Videos mit sich selbst über den QR-Code herunter. In 20 begehbaren Sets – inklusive Bällebad für Erwachsene – laden Installationen in grellen Farben und vor fantasievollen Kulissen dazu ein, sich selbst in Szene zu setzen – damit ein perfektes Selfie oder Video für Instagram oder TikTok entsteht.
Foto auf dem Halmond. Foto: Lichtgut/Julian Rettig Beliebt ist das Selfie-Museum auch beim Kindergeburtstag
Mal sitzt man auf einem Thron, mal in der Business Class eines Flugzeuges, mal setzt man sich auf dem pinkfarbenen Teppich dem Blitzlichtgewitter der Paparazzi aus oder räkelt sich auf dem Halbmond. Obendrein kann man ein perfekt eingerichtetes Fotostudio mieten – für private oder geschäftliche Aufnahmen. In Berlin hat sich gezeigt: Die Wow-Location wird gern für Kindergeburtstage gebucht oder für schräge Partys. Auch Promis wie Kai Pflaume oder Barbara Schöneberger haben hier Content für ihre Insta-Storys erzeugt.
Die zunächst in Stuttgart auf ein Jahr geplante Galerie ist eine Erlebniswelt, in der die Grenzen zwischen Kunst, Selbstdarstellung und sozialer Interaktion verschwimmen. Jede Besucherin und jeder Besucher wird zum Teil des digitalen Entertainments, das die Macht der soziale Medien widerspiegelt. Posts bei Insta oder Facebook prägen die Wahrnehmung von Realität, den Selbstwert der User. Likes, Shares und Kommentare wirken wie kleine Belohnungen, denen sich viele nicht mehr entziehen wollen oder können.
Ist die Generation Selfie oberflächlich?
In einer Welt, in der Bilder mehr als tausend Worte sagen, dienen Internetportale dazu, Träume, Freude, aber auch Ängste zu teilen. Was oft oberflächlich und eitel erscheint, lässt tief blicken – auf Sehnsüchte unter dem Smiley-Gesicht, auf Selbstliebe, mit der man sich stärker fühlt. Und so kann ein Besuch in der Wow Gallery selbst zu einer Philosophie-Stunde werden. Aber sogleich wird wieder gelacht, wenn man das Selfie-Ergebnis auf dem Handy anschaut.
Öffnungszeiten der Pop-up-Galerie, Eduard-Breuninger-Straße 6: montags bis samstags von 10 bis 20 Uhr, sonntags von 12 bis 17 Uhr. Reservierungen unter: booking@thewowgallery.de oder telefonisch unter: 0711 – 90734115