Viele neue Radrouten wurden in Stuttgart geschaffen, aber der Anteil am Verkehr stieg lediglich von acht auf neun Prozent. Foto: Lichtgut
Die Mobilität in Stuttgart wandelt sich: Weg vom Autoverkehr hin zu umweltfreundlichen Fortbewegungsmitteln. Allerdings hinkt der Radverkehr den Erwartungen deutlich hinterher.
Die Mobilität in Stuttgart wandelt sich – doch wohin führt der Weg? Bereits seit 1968 werden dazu in der Landeshauptstadt Erhebungen zum Verkehrsverhalten durchgeführt. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass der Schwerlastverkehr vor allem am Ortsrand auf einen historischen Tiefstwert abgesunken ist. Im gleichen Atemzug zeigt sich eine Verschiebung hin zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln. Allerdings hinkt die Steigerung beim Radverkehr den Erwartungen weiter hinterher.
Die Zahlen beruhen auf der sogenannten Markungsgrenz- und Kesselrandzählung an den wichtigsten Zufahrtsstraßen in Stuttgart, sowie aus der aktuellen Erhebung des bundesweiten Projekts „Mobilität in Deutschland“. Dabei wurden in Stuttgart rund 3000 Haushalte befragt. „Der Wandel hin zu nachhaltiger Mobilität geht weiter – auch in Stuttgart“, betont Stephan Oehler, der Leiter der Abteilung Verkehrsplanung und Stadtgestaltung im Stadtplanungsamt. Wenngleich nicht immer so, wie gewünscht.
Stuttgarts Topografie macht die Lage schwierig
Denn die Bilanz des Radverkehrs in der Landeshauptstadt fällt ernüchternd aus. Seit 2017 ist der Anteil von acht auf gerade einmal neun Prozent gestiegen. „Da hätten wir sicher mehr erwartet“, gesteht Oehler mit Blick auf die enormen Anstrengungen hinsichtlich des Baus zahlreicher, neuer Haupt- und Radrouten in der Landeshauptstadt. Aus Oehlers Sicht mit ein Grund sei die teils schwer zu verbessernde topografische Lage im Talkessel: „Da haben wir sicher noch nicht überall die optimale Situation geschaffen“. Weitere Erkenntnisse soll daher eine detailliertere Untersuchung bringen.
Generell ist der Anteil des Umweltverbunds – unter dem Begriff werden Rad-, Fußgänger- und öffentlicher Nahverkehr zusammengefasst – von 60 auf 64 Prozent gestiegen. Mitverantwortlich dafür sind vor allem die Fußgänger. Der Anteil ist gestiegen von 29 auf 32 Prozent. Die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs stagnierte, trotz der anhaltenden Streckensperrungen und Verspätungen bei der S-Bahn und im Zugverkehr. Der Grund liegt wohl in der Wertschätzung der Stuttgarter Straßenbahnen AG, die mit 92 Prozent besonders hoch ausfällt.
Schwerlastverkehr auf historischem Tiefstwert
Passend dazu hat auch der Autoverkehr nicht weiter zugenommen, sondern verharrt auf dem seit der Pandemie deutlich gesunkenen Niveau. Besonders belastet am Kesselrand ist dabei nach wie vor die Cannstatter Straße/B 14 mit rund 80 000 Fahrzeugen am Tag. Diese Zählungen sind durch ihre Lage besonders entscheidend mit Blick auf die Feinstaubbelastung und somit die innerstädtische Luftqualität. Aber auch auf der wichtigsten Nord-Süd-Verbindung in Stuttgart seien die Zahlen „seit 2013 um 20 000 Fahrzeuge gesunken“, betont Oehler. Eine weitere Verbesserung erhofft sich der Verkehrsplaner durch die geplante Umgestaltung der B 14 im Zuge des Baus des neuen Nesenbachkanals, die 2026 starten soll.
Noch erfreulicher sieht die Bilanz beim Schwerlastverkehr (mehr als 3,5 Tonnen) aus. An der Stuttgarter Markungsgrenze sank die Zahl der Lastwagen von 41 000 auf 36 000 um 12 Prozent, am Kesselrand von 11 000 auf 9000 gar um stolze 18 Prozent. „Ein neuer historischer Tiefstwert“, betont Oehler. Ob dafür wirtschaftliche Faktoren oder die zunehmende Umstellung bei Lieferungen auf Kleintransporter verantwortlich zeichne, ist aus seiner Sicht nicht verlässlich zu beantworten. Ebenso wenig, ob die deutlich abnehmende Fahrtdauer der Stuttgarter der nach wie vor hohen Quote an Homeoffice Rechnung trägt.
Verwunderlich ist hingegen, dass die Stuttgarter gerade in der Freizeit öfters wieder vom Fahrrad auf das Auto umsteigen. Immerhin liegt der Wert am Wochenende – ob zum Einkaufen oder auf dem Weg zu Sport- und Kulturaktivitäten – um acht Prozent höher als an Werktagen. Es gibt als noch genügend Ansatzpunkte auf dem Weg der Stuttgarter Mobilität hin zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln.