Von der Semperoper sind es nur ein paar Minuten Fußweg, dann lugen die weißen Stahlbügel des neuen Heinz-Steyer-Stadions in Dresden schon aus der Umgebung heraus. Neben der Sportstätte fließt gleich die Elbe, ein Stadion könnte wahrlich schlechter liegen als hier in Dresden. Und wenn es nach den Stadtvätern geht, darf sich das gerne herumsprechen: Nicht nur Ballsport betreiben sie hier auf hohem Niveau, auch die Leichtathletik will sich wieder einen Namen machen, mit einem wiederbelebten Meeting. Das an sich ist schon eine Seltenheit: An eine Leichtathletikveranstaltung von großem Format trauen sich in Deutschland nicht mehr viele heran.

Aber in Sachsen glauben sie an den Aufschwung in Sachen Laufen, Springen, Werfen. Am Sonntag tummeln sich in Weitspringerin Malaika Mihambo, Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye und der US-amerikanische Diskuswerferin Valarie Allman gleich drei Olympiasiegerinnen an der Elbe, dazu zeigen sich viele weitere nationale und internationale Gesichter, die bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr auf sich aufmerksam machten. Sogar eine Liveübertragung in der ARD wird es geben. Es ist der ganz große Aufschlag, klar: 58 Millionen Euro hat der Umbau des im vergangenen Jahr wieder eröffneten Stadions gekostet, das Geld soll irgendwann wieder reinkommen. Mit der Leichtathletik ist das mitunter ein ambitioniertes Unterfangen.

Dresden denkt jetzt größer: an Stars und TV-Zeiten

International sind die deutschen Athleten bei den namhaften Events der Vergangenheit der Konkurrenz vermehrt hinterhergelaufen, aber die Lust auf Leichtathletik hat in Dresden Tradition: Große Geschichten ranken sich um den Sport im Heinz-Steyer-Stadion, ab 1919 fanden hier regelmäßig Wettbewerbe statt, samt aussagekräftiger Ergebnisse. Über ein Dutzend Weltrekorde wurden an dieser Stelle in Dresden in der Leichtathletik aufgestellt. Durch das Elbe-Hochwasser 2002 trug es gravierende Schäden davon. Doch nach dem Umbau ist in diesem Sommer noch einiges geplant: Ende August finden in Dresden die Finals statt, darin inbegriffen auch die deutschen Meisterschaften der Leichtathleten.

Den Namen „Goldenes Oval“ bekam das Meeting schon früher, im vergangenen Jahr wurde es erstmals wiederbelebt mit der Einweihung des neuen Stadions und zog so kurz nach den Olympischen Spielen in Paris gleich mal 10 000 Zuschauer an. „Das war überwältigend“, sagt Erik Haß, der das Ereignis als Meeting-Direktor damals mit ermöglicht hatte und beim größten Leichtathletikverein der Stadt, dem Dresdner SC, als Lauftrainer arbeitet.

Auch in Dresden dabei: Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye.Auch in Dresden dabei: Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye. (Foto: Andrej Isakovic/AFP)

Für die kommenden zwei Jahre richtet der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) das Meeting aus, die Stadt holte sich den Verband ins Boot, weil man jetzt in größeren Dimensionen denkt. An Fernsehpräsenz und an Stars. Mehr als 800 000 Euro beträgt der Etat pro Jahr, 300 000 Euro werden allein für die Sportler fällig. „Ziel aller Maßnahmen ist eine nachhaltige Entwicklung der Leichtathletik in Dresden und in der Region“, teilt der DLV auf Anfrage mit.

Die Stadt Dresden lässt sich das Ganze pro Jahr 300 000 Euro an Zuschüssen kosten. Gerne wäre auch der DSC in diesem Jahr wieder als Veranstalter dabei gewesen, aber es kam anders. „Das hat uns schon sehr überrascht“, sagt Erik Haß, der sich mehr Abstimmung gewünscht hätte, „finanziell ist es ein herber Rückschlag.“ Mit dem Geld von der Stadt hätten sie Stellen schaffen können, „das hätte uns auch geholfen bei der Organisation anderer Events vor Ort“, sagt er. Der DLV teilt auf Anfrage mit, dass er schon vor der Stadioneröffnung 2024 für die Ausrichtung angefragt wurde.

Fehlen Namen in Deutschland, wird es schwierig mit den Sponsoren

Und so soll in Dresden jetzt auch die Freude überwiegen. „Dass wieder was passiert in der Leichtathletik in Dresden, stimmt uns alle positiv“, sagt Lauftrainer Haß. Das Meeting hat vom Weltverband World Athletics den Silber-Status bekommen – ein Etikett, das für die Attraktivität und lohnenswerte Preisgelder stehen soll. Nur vier andere Veranstaltungen in Deutschland außer Dresden tragen in diesem Jahr diesen Status, es sind alles Traditionsmeetings, über Jahre gewachsen. Und die Organisation solcher Veranstaltungen wird nicht gerade leichter.

Noch eine Olympiasiegerin für das „Goldene Oval“: die US-amerikanische Diskuswerferin Valarie Allman.Noch eine Olympiasiegerin für das „Goldene Oval“: die US-amerikanische Diskuswerferin Valarie Allman. (Foto: Andrew Nelles/USA Today/Imago)

Das Anhalt-Meeting in Dessau in Sachsen-Anhalt etwa – ein Meeting mit Bronze-Status – findet Ende Juni zum 27. Mal statt, über Zuschüsse von der Stadt wie in Dresden kann man dort nur träumen. „Das haben wir in 20 Jahren hier nicht bekommen“, sagt Meeting-Direktor Ralph Hirsch. Als Konkurrenz sieht er das Dresdner Event aber nicht: „Jede dieser Veranstaltungen hilft, den Sport voranzubringen.“ 70 Partner und Sponsoren hat Hirsch von einer Unterstützung in Dessau überzeugt, sie sind der wichtigste Faktor bei der Finanzierung. „Aber wenn ich vor allem neuen Sponsoren keine Stars mehr nennen kann, weil wir in Deutschland einfach keine mehr haben, wird es immer schwieriger, Firmen zu gewinnen“, sagt er. Mit Gina Lückenkemper und Malaika Mihambo als Teilnehmerinnen konnte er in den Vorjahren regelmäßig werben – Glücksfälle für das Event in der 80 000-Einwohner-Stadt. Auch, um Leute ins Stadion zu locken: „Der Ticketverkauf wird der Weltklasse auf dem Feld leider oft nicht gerecht“, sagt Hirsch.

In Dresden hoffen sie mit der Ausrichtung des „Goldenes Ovals“ nun auf eine dauerhafte Etablierung. Die Namen in diesem Jahr haben jedenfalls gezogen: 7400 der verfügbaren 9000 Tickets waren zuletzt schon verkauft.