Phase zwei des „Bürger*innenbudgets“ fand statt, und die öffentliche Kür der „Top 30“ verstand sich dezidiert auch als ein Stück praktische Demokratie. Was nützt dem Gemeinwohl? Rund 200 Bürger erprobten in Kleingruppen, wie diese Frage sich angehen lässt.
Gut für die Stadt, zumindest für möglichst viele Menschen: Das war (neben anderem) Bedingung für die Projektideen gewesen, die über drei Wochen im März hatten eingereicht werden können. Maximal 50 000 Euro durfte jede kosten, wie viele am Ende Geld bekommen, wird davon abhängen, wie oft hohe Summen ausgeschöpft werden. Nach einer ersten Prüfung durch die Verwaltung gelangten 100 davon in Phase zwei, um nun in den Räumen der Gesamtschule Barmen in den kritischen Blick des „Gemeinwohl-Checks“ zu kommen.
Nutzen für viele, Bezug auch zu Benachteiligten, verbindende Wirkung und Dauerhaftigkeit: Das waren die Leitgedanken, die Moderatorin Mara Brinkmann dem voll besetzten Saal vorab an die Hand gab. Um 20 Tische gruppierten sich die rund 200 Bürger, die ihre Einflusschance wahrnehmen wollten. Jede dieser Zehner-Gruppen hatte über vier mal fünf Ideen zu befinden – mit Stickern von je 1 bis 5 Punkten. „Wer jetzt meint, das ist aber kompliziert: Ja, ist es“, kommentierte Brinkmann das Regelwerk ehrlich – und brach so selbstironisch das Eis. Alles wirkte geordnet, aber nicht streng, wer wie saß, war Zufall, ins Gespräch kamen also Fremde – sicher günstig fürs Ziel, sich im Debattieren zu üben.
Austauschfreudig und rücksichtsvoll war der Gesamteindruck jedenfalls am von der WZ exemplarisch begleiteten Tisch. Eine „grüne Oase an der Pina-Bausch-Schule“ fand einer der Teilnehmer „zu elitär“; zu einem Vorschlag zu einem künftigen „Tag des guten Lebens“ bemerkte eine Frau, die ihren Namen nicht nennen wollte: „Es ist doch ein Problem, wie viele Leute an diesem einen Tag überhaupt kommen.“ Nachdem alle die Entwürfe aus dem ersten Umschlag studiert hatten, wurde per Handzeichen entschieden: Eine Idee zu „vertikalen Gärten“ bekam den Sticker mit der Fünf.
Yasmine Bisimwa sprach sich später für ein Hip-Hop-Angebot für Jugendliche aus, auch weil es ihnen Selbstbewusstsein vermittle, fand aber wenig Gleichgesinnte. Zu einem Plan für die Unterstützung der Wuppertaler Tafel hatte Dominik Eickholz eine klare Meinung: „Ich finde, dafür sind andere Stellen zuständig“, das sei kein Fall fürs Bürgerbudget.
Recht fix musste es in jeder Runde gehen, bis die zwanzig Minuten vorbei waren und das nächste Fünfer-Paket dräute. Die Lesedauer bei umfangreichen Entwürfen könnte je nach Umschlag zu unterschiedlichen Bedingungen führen, äußerte eine Teilnehmerin einen grundsätzlichen Einwand zum Procedere.
Auch gegen gute Ideen
gab es oft gute Argumente
Es konnte vorkommen, dass eine Intention zwar als sinnvoll, der Gesamtplan aber dennoch verworfen wurde: Ein Abstellplatz für E-Scooter schien vielen gut gemeint gegen das Wildparken, erhielt aber letztlich nur einen Punkt. Eine Position dazu: „Die Idee ist gut, aber wenige zentrale Flächen bringen doch nichts.“ Was wie gemeinnützig ist, blieb manchmal strittig.
Am Ende wurde im Plenum das frisch ausgezählte Ergebnis verkündet – hieß: alles ab 14 insgesamt eingeheimsten Punkten. „Fahrradständer in Stadtvierteln mit engen Straßen“ war dabei, „Mit dem Garten der Religionen in Wuppertal unterwegs“ hatte an vier Tischen zusammen 18 Punkte erhalten, und die Saal-Höchstzahl von 20 galt unter anderem der Idee für ein „Zentrum für mentale Gesundheit“.