Städtebauliche Entwicklung im Münchner Norden und NordostenSo steht’s im Koalitionsvertrag:
„Im Münchner Nordosten liegen inzwischen die Ergebnisse eines Ideenwettbewerbs vor. Wir wollen ein attraktives, klimaneutrales, ökologisches, lebendiges und soziales Quartier, von dem auch die heute dort ansässige Bevölkerung profitiert. Wir wollen durch kompaktes Bauen möglichst viel Natur erhalten, Landwirtschaft ermöglichen und ein neues Naherholungsgebiet schaffen.
Für eine gute Verkehrsanbindung und ein autoarmes Quartier setzen wir schwerpunktmäßig auf den ÖPNV. Unser Ziel ist es, hier bezahlbaren Wohnraum für 30.000 Einwohner*innen zu schaffen.
Dazu ist das Wettbewerbsergebnis hinsichtlich der zu schützenden Flächen zu überarbeiten. Deshalb wollen wir das Projekt so schnell wie möglich realisieren, ohne eine qualitative Planung und den Dialog mit der Bevölkerung zu vernachlässigen. (…)
Die bisherigen Vorarbeiten für die Entwicklung des Gebiets im Norden werden beschleunigt weiterverfolgt. Sie sollen – wie im Gesetz vorgesehen – dazu beitragen, zunächst eine kooperative Lösung zu finden. Als nächster Schritt folgt dann ein städtebaulicher Ideenwettbewerb. In beiden Gebieten sichern wir Landschaftsschutzgebiete rechtlich, im Nordosten insbesondere nördlich des Hüllgrabens.“
So ist der Stand: Es zieht sich. Um den geplanten Stadtteil im Nordosten realisieren zu können, muss die Stadt Grundstücke von Privaten übernehmen oder sie als Partner mit ins Boot holen. Ursprünglich wollte das Planungsreferat Ende 2024/Anfang 2025 einen Beschluss in den Stadtrat einbringen, wie man dabei vorgeht. Das hat sich auf das letzte Quartal 2025 verschoben. Für die Gespräche sind danach zwei Jahre veranschlagt.
Beim Münchner Norden ist der Prozess in einem noch früheren Stadium. Es gab eine Ideenwerkstatt. Außerdem hat ein Gericht die Vorkaufssatzung gekippt, mit der die Stadt sich Grundstücke sichern wollte.
Klar ist schon jetzt: Während der laufenden Amtszeit des Stadtrats werden weder im Nordosten noch im Norden neue Wohnungen gebaut.
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Die zwei langfristig angelegten SEM-Projekte (Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen) waren im Wahlkampf hochumstrittene Themen, weil es sowohl im Nordosten (600 Hektar östlich der Stadtteile Daglfing, Englschalking, Johanneskirchen) als auch im Norden (900 Hektar rund um den Ortskern Feldmoching) erheblichen Widerstand gegen das SEM-Verfahren und teils auch gegen die Siedlungspläne gibt. Die CSU als größte Oppositionspartei lehnt das Instrument der SEM ab. Doch Grün-Rot wollte die Projekte in den sechs Jahren ihrer Regierungszeit entscheidend voranbringen.
Gemäß dem Stadtratsbeschluss vom Frühjahr 2022 wird der neue Stadtteil im Nordosten auf Basis des Siegerentwurfs aus dem Ideenwettbewerb geplant, den das Architekturbüro Rheinflügel Severin aus Düsseldorf mit BBZ Landschaftsarchitekten aus Berlin im Jahr 2020 gewonnen hatte. Der Stadtrat beschloss auch das Ziel, Wohnraum für 30 000 Menschen zu schaffen. Die zuvor ebenfalls verfolgten kleineren Varianten mit 10 000 und 20 000 Bewohnern sind damit aus dem Rennen.
Im Frühjahr 2024 sprach Stadtbaurätin Elisabeth Merk von einem „Projekt für die Kinder und Enkelkinder“, für das man aber jetzt schon die Grundlagen schaffen müsse. In diesem Jahr sollen mehrere Gutachten fertig werden, etwa zum Verkehr und der Klimaneutralität. Außerdem starten Ende Juni Zwischennutzungen, die das SEM-Projekt bekannter machen sollen. Ende dieses Jahres soll der Stadtrat den Startschuss für Verhandlungen mit privaten Grundeigentümern geben, das dürfte für die SEM Nordost in dieser Amtszeit der letzte politische Beschluss werden. Der laut Planungsreferat noch vage Zeitplan sieht den Abschluss des Planungsprozesses für 2031 vor, danach könnte der Bau von Wohnungen beginnen.
Zum Münchner Norden hat die Stadt im März 2025 die Ergebnisse einer Ideenwerkstatt vorgestellt, in der fünf Teams Konzepte entwickelt haben. Sie waren sich einig, dass der hohe Grundwasserspiegel in dem Gebiet zu beachten sei. Im April 2025 wurde bekannt, dass die Stadt eine Niederlage vor Gericht hinnehmen musste. Es geht dabei um eine Vorkaufssatzung, die sie erlassen hat, um an Grundstücke zu kommen. Ein Eigentümer hatte dagegen geklagt. Das Verwaltungsgericht erklärte die Vorkaufssatzung daraufhin für ungültig, weil die Planungsziele im Münchner Norden noch zu unbestimmt seien. Nun prüft die Stadt, ob inzwischen die Voraussetzungen für eine neue Vorkaufssatzung gegeben sind.
Sebastian Krass