Jugendlichen, die in den Sommerferien vielleicht nicht die Möglichkeit haben, in den Urlaub zu fahren, möchte Ulrike Schönherr eine schöne und vor allem kostenfreie Alternative bieten: das Lesen von Büchern. Deshalb macht die Leiterin der Kinder- und Jugendabteilung der Delmenhorster Stadtbibliothek auch in diesem Jahr wieder beim Julius-Club mit. „Es ist viel zu organisieren“, gesteht Schönherr. Nichtsdestotrotz lohne sich der Aufwand. „Mir ist es wichtig, dass die Kinder wissen, dass es einen Ort gibt, wo sie sein können“, sagt sie.
Eine Jury wählt die Bücher aus
Es ist bereits das neunte Mal, dass sich die Delmenhorster Stadtbücherei an dem Sommerleseklub der niedersächsischen Stadt- und Gemeindebüchereien beteiligt. Den Julius-Club an sich, der sich an Kinder zwischen elf und 14 Jahren – also die Klassenstufen fünf bis acht – richtet, gibt es bereits seit 19 Jahren. „Für Niedersachsen ist es eine Erfolgsgeschichte“, ist Schönherr überzeugt. Das Besondere sei, dass die 100 Bücher, Hörbücher und E-Books, die die Kinder im Rahmen des Julius-Clubs über einen Zeitraum von zwei Monaten kostenlos ausleihen können, zuvor von einer Jury ausgewählt wurden. Neben Fachleuten, wie etwa Ulrike Schönherr, sitzen auch Jugendliche in dem Gremium. Und deren Meinung hat Gewicht. „Wenn die Kinder Nein sagen, dann wird ein Buch nicht genommen“, sagt Schönherr. Die Jugendlichen hätten die letzte Entscheidungskraft.
Die Auswahl der Bücher erfolgte entsprechend dem diesjährigen Motto „Julius mischt mit!“. Es soll um Demokratie und Teilhabe gehen. „Die Jugendlichen sollen wissen, dass sie Teil der Gesellschaft sind und eine Stimme haben“, erklärt Schönherr die Idee hinter dem Motto. Sie seien die Zukunft. „Darauf müssen wir sie vorbereiten“, ergänzt sie. Diese Auffassung teilt auch Gabriele Mesch, Geschäftsführerin der Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherung Oldenburg, die den Sommerleseklub in Delmenhorst finanziell mit insgesamt 2000 Euro unterstützt: „Die Demokratien sind weltweit gefährdet. Wir müssen die Kinder befähigen, sich damit auseinanderzusetzen.“ Der Austausch, den der Julius-Club fördert, sei meinungsbildend. „Das finden wir toll und begleiten es gern“, so Mesch.
Das Angebot an Lektüre beim Julius-Club ist bunt gemischt – es reicht von Sachbüchern über Mangas und Comics bis hin zu sogenannten Leicht-zu-lesen-Büchern. Mittels Letzteren versuche der Julius-Club, auch all diejenigen abzuholen, denen das Lesen schwerer fällt. „Wir richten uns an alle Schulformen“, betont Schönherr. Für jedes gelesene und bewertete Buch gibt es einen Stempel im Lesepass, den jedes teilnehmende Kind bekommt. Wer am Ende des zweimonatigen Projektes, das in diesem Jahr vom 20. Juni bis 20. August läuft, zwei Stempel hat, erhält sein „Lesediplom“. Ab fünf Stempeln gibt es das „Viellesediplom“. „Wir haben teilweise Kinder, die drei bis vier Stempelkarten vollmachen“, erzählt Schönherr. Das seien echte Leseratten. Diese Leistung sei toll, dennoch versuche sie, diese nicht besonders hervorzuheben: „Ich freue mich über jeden, der zwei Bücher schafft.“ Besonders stolz ist Schönherr, dass die Delmenhorster Schulen diese Leistung honorieren, und zwar in den Halbjahreszeugnissen.
Zwölf Veranstaltungen stehen auf dem Programm
Doch das Lesen ist nur das eine beim Julius-Club. „Wir machen auch wieder viele Veranstaltungen und zeigen damit, was unsere Stadt kann“, erklärt Schönherr. Das Motto habe ihr eine „bunte Wundertüte“ an Möglichkeiten geboten. Herausgekommen sind insgesamt zwölf sehr unterschiedliche Angebote, aus denen die Teilnehmer des Julius-Clubs auswählen können. Eine vorherige Anmeldung ist notwendig.
Den Anfang – und zugleich die Eröffnung des diesjährigen Sommerleseklubs – macht am Sonnabend, 21. Juni, die Buch-Show von Tina Kemnitz. Sie werde sechs Bücher vorstellen – und das auf eine andere Art, als man es sonst kennt, kündigt Schönherr an: „Es ist ein bisschen schauspielerisch.“ An den spannendsten Stellen höre sie auf. „Es ist ein Genuss, ihr zu lauschen“, schwärmt die Delmenhorster Leiterin der Kinderbuchabteilung.
Darüber hinaus können die Kinder an einem Comic-Workshop mit Illustrator Patrick Wirbeleit teilnehmen, dessen Werk „Ich und Tod Detektei“ eines der von der Jury ausgewählten Bücher ist. Auch ein Ausflug in den Niedersächsischen Landtag zum SPD-Abgeordneten Deniz Kurku, ein Workshop zum Thema „Wie funktioniert Kommunalpolitik“, ein Abstecher zum Amtsgericht, wo eine Verhandlung nachgestellt wird, sowie ein Siebdruck-Workshop stehen auf dem Programm. Auf besonderen Wunsch der Kinder darf in diesem Jahr auch das Vorlesen im Kindergarten – dieses Mal in der Awo-Kita Hasport – nicht fehlen. „Das ist zauberhaft“, sagt Schönherr. Diese Ansicht teilen offenbar auch die Kinder. Jedes Jahr zum Abschluss des Julius-Clubs frage die Organisatorin sie, welche Veranstaltungen sie sich im nächsten Jahr wünschen. Stets werde der Wunsch geäußert, Kindergartenkindern vorzulesen. „Ich werde zehn Jugendliche mitnehmen“, kündigt Schönherr an. Bei vielen anderen Angeboten sei die Platzanzahl weniger begrenzt. Zum Teil seien bis zu 30 Teilnehmer möglich, wie etwa beim K-Pop-Dance-Workshop.
Der Julius-Club ist komplett kostenlos. Der Abschluss wird am Sonnabend, 23. August, im Maxx gefeiert – finanziell unterstützt vom Rotary Club Delmenhorst. „Statt einer Verlosung wie in den Vorjahren laden wir dieses Mal alle Kinder ins Kino ein“, sagt Schönherr. Es werde einen spannenden Überraschungsfilm zu sehen geben.
Info
2025 findet der Julius-Club vom 20. Juni bis zum 20. August in 46 Bibliotheken in Niedersachsen statt. Anmeldungen sind online unter www.julius-club.de oder direkt in der Delmenhorster Stadtbücherei möglich. Dort gibt es auch Infomaterial zu den Veranstaltungen.