1. Retro-Fieber und Fernproduktion – die Fotonews der Woche 22/2025

Die Fotografie erlebt derzeit eine Renaissance des Analogen im Digitalen, und diese Woche liefert gleich mehrere Beispiele dafür, wie Hersteller versuchen, die Magie klassischer Kameras in moderne Technik zu übersetzen – mit überraschenden Produktionswegen.

Das Titelbild der Ausgabe 01 2025 des Foto-Magazins c't Fotografie

Fuji X-Half: Produziert von „Canon“, aber nicht dem Canon

Die kürzlich vorgestellte Fujifilm X-Half sorgt für Verwirrung in der Fotoszene: Sie wird nicht von Fujifilm selbst produziert, sondern von einem Unternehmen, das in China tatsächlich den Namen „Canon“ trägt. Doch der japanische Kamera-Riese Canon hat nichts damit zu tun.

Bei genauerer Betrachtung handelt es sich um das taiwanesische Unternehmen „Ability Enterprise Co., Ltd.“, das früher als Verkaufsvertreter von Canon in Taiwan fungierte und den chinesischen Namen 佳能股份有限公司 führt – was tatsächlich mit „Canon“ übersetzt wird. Dieses Unternehmen gehört inzwischen zum Auftragshersteller Pegatron, der unter anderem auch iPhones produziert.

Die Auslagerung der Produktion ist in der Konsumgüter-Branche längst Alltag, selbst bei Premiummarken. Für Fujifilm bringt es zwei entscheidende Vorteile: Kosteneinsparung und flexible Anpassung der Produktionskapazitäten. Anders als bei der X100VI, bei der Kunden monatelange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, könnte die X-Half dank der ausgelagerten Fertigung schneller verfügbar sein.

Für uns Fotografen bleibt entscheidend: Solange die Qualität stimmt, spielt es keine Rolle, wer das Gehäuse zusammenschraubt. Die Kamera selbst wurde ja von Fujifilm entwickelt – und das ist es, was zählt.

Yashica FX-D: Der Film-Hebel kehrt zurück (ohne Film)

Während Fujifilm mit der X-Half bereits für Aufsehen sorgte, setzt auch die wiederbelebte Marke Yashica auf Retro-Charme. Die neue Yashica FX-D ist eine rein digitale Kamera, die dennoch mit einem „Film-Advance-Lever“ – also einem Filmtransporthebel – ausgestattet ist. Ähnlich wie bei Fujis X-Half soll dieser mechanische Hebel Fotografen dazu bringen, bewusster zu fotografieren und jeden Schuss zu überlegen.

Die FX-D, die auf der historischen FX-3 35mm SLR basiert, kommt in zwei Varianten: die FX-D 300 mit 50-Megapixel-Sensor und optischem Bildstabilisator sowie die FX-D 100 mit dem kleineren 13-Megapixel-Sensor Sony IMX458. Beide Modelle bieten sechs Film-Simulationen mit klangvollen Namen wie „Ruby 60s“ oder „Golden 80s“.

Wie so oft bei Yashica-Neuauflagen erfolgt der Verkauf über Kickstarter. Mit einem Preis von 339 Dollar für die FX-D 300 und 239 Dollar für die FX-D 100 sind die Kameras überraschend günstig. Ob sie halten, was sie versprechen, wird sich zeigen müssen – die Auslieferung ist für August geplant.

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David Lynchs Kamerasammlung unterm Hammer

Für Sammler und Fans des kürzlich verstorbenen Regisseurs David Lynch gibt es eine seltene Gelegenheit: Seine persönliche Sammlung wird versteigert. Vom 16mm Canon Scoopic (aktuell bei 3.500 Dollar) über eine Sony a7R/a7S-Kombination (2.500 Dollar) bis zu einer Hasselblad H3D-39 (1.250 Dollar) – Lynch besaß eine beeindruckende und eklektische Sammlung.

Besonders kurios: Eine mit Schlangenleder überzogene Montanus Montana Kamera aus den 1950er Jahren, für die bereits 2.250 Dollar geboten wurden. Die Versteigerung findet am 18. Juni in Los Angeles statt, Online-Gebote sind bereits möglich.

Abschied von Sebastião Salgado

Die Fotowelt trauert um einen ihrer größten Meister: Sebastião Salgado ist am 23. Mai im Alter von 81 Jahren in Paris verstorben. Der brasilianische Fotograf, der ursprünglich Ökonom war, hinterlässt ein monumentales Werk, das die Menschheit in all ihren Facetten dokumentiert.

Seine ikonischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Arbeitern, Migranten und der unberührten Natur („Genesis“) haben die Fotografie nachhaltig geprägt. Neben seiner künstlerischen Arbeit engagierte sich Salgado gemeinsam mit seiner Frau Lélia für den Umweltschutz und pflanzte auf dem verwüsteten Landgut seiner Familie über drei Millionen Bäume.

Mit Salgado verliert die Fotografie nicht nur einen ihrer größten Künstler, sondern auch einen leidenschaftlichen Humanisten, dessen Bilder uns die Schönheit und die Wunden unserer Welt vor Augen führen. Sein Vermächtnis wird Generationen von Fotografen inspirieren.

Fotografische Zeitreisen und Ausblick

Diese Woche zeigt einmal mehr, wie die Fotografie zwischen Nostalgie und Innovation pendelt. Während neue Kameras wie die X-Half und die Yashica FX-D die Ästhetik und Haptik analoger Fotografie in die digitale Welt übertragen, erinnert uns der Verlust von Sebastião Salgado daran, dass es letztlich nicht auf die Technik ankommt, sondern auf den Blick des Fotografen.

Die Auslagerung der Produktion bei Fujifilm mag manche überraschen, ist aber ein Zeichen dafür, wie global die Fotoindustrie heute aufgestellt ist. Hauptsache, die Kameras kommen in die Hände von Fotografen – und die machen dann hoffentlich Bilder, die uns berühren und bewegen, ganz im Sinne von Sebastião Salgado.

Ob mit Film-Hebel oder ohne, mit eigenem oder fremdem Produktionsstandort – am Ende zählt nur das Bild.

(tho)

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