Es sind rund ein Dutzend Plakate, alle weiß, DIN-A4-groß und mit einer serifenlosen-Schrift in Schwarz bedruckt. Sie sind an den Metallzäunen der Münchner Feuerwehr befestigt, mit denen die Eisbachwelle am Haus der Kunst in München seit dem tödlichen Unfall einer 33 Jahre alten Surferin Mitte April abgesperrt ist.

Die Botschaften sind unterschiedlich, der gemeinsame Nenner aber ist schnell zu erkennen: Die Welle soll wieder für das Surfen geöffnet werden. Und das sofort.

„Untersuchst Du noch, oder surfst Du schon?“, so lautet eine der Botschaften, was sich offenbar auf eine Aussage von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bezieht. Er hatte den Surfern in einem offenen Brief mitgeteilt, dass eine Freigabe des Surf-Spots erst nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft möglich sei – aus juristischen Gründen: Denn im Falle eines ähnlich gelagerten Unfalls könnten städtische Angestellte sonst verantwortlich gemacht werden.

Surfer wollen zurück

:Eine Öffnung der Eisbachwelle jetzt käme zu früh

Sollten die Surfer die Eisbachwelle zurückerobern dürfen? Vier Wochen nach dem tödlichen Unfall an der weltbekannten Münchner Attraktion steigt die Ungeduld. Aber wenn es beim Sport nur um die Leidenschaft geht, wird es gefährlich.

SZ PlusEssay von René Hofmann

In der Surferszene überzeugt diese Argumentation offenkundig nicht alle. „Bergsteigen und Radfahren verbieten! Sicher ist sicher“, heißt es auf einem der Plakate. Reiter wird ebenso wie Markus Söder (CSU) auch direkt adressiert und kritisiert: „Reiter und Söder reden viel … und machen wenig“, so die Aussage eines Plakates.

Bayerns Ministerpräsident hatte bei der Vorstellung der Olympiakampagne für die Landeshauptstadt versichert, sich dafür einzusetzen, dass das Surfen im Englischen Garten dauerhaft möglich bleibt. Und nicht nur an der Eisbachwelle, die der Freistaat an die Stadt abgetreten hat, sondern auch an der etwas kleineren Welle E2, die sich weiter nördlich befindet und der staatlichen Schlösserverwaltung untersteht.

Die Verbotsschilder sind inzwischen deutlich in der Minderzahl: Am Einstieg zur Eisbachwelle wurden Plakate aufgehängt, auf denen die Sperrung kritisiert wird.Die Verbotsschilder sind inzwischen deutlich in der Minderzahl: Am Einstieg zur Eisbachwelle wurden Plakate aufgehängt, auf denen die Sperrung kritisiert wird. (Foto: René Hofmann)

Besonders groß ist das Vertrauen in der Surf-Szene auf dieses Versprechen aber wohl nicht. „Politiker und Staatsanwälte haben hier Surfverbot“, heißt es auf einem der Plakate. Ein anderes wendet sich auf Englisch an die internationalen Gäste, die an der Stelle auch gerne vorbeischauen: „Eisbach without surfers is like Oktoberfest without beer.“ Die Surfer gehörten zum Eisbach wie das Bier zur Wiesn.

Nicht nur an den Zäunen, die den Zugang zum Fluss blockieren, wurden Botschaften platziert. Auch das Schild, rund um das unmittelbar nach dem Unglück Blumen für die Frau abgelegt worden waren, deren Sicherheitsleine sich beim nächtlichen Surfen an einem bisher nicht identifizierten Gegenstand im Fluss verhakt hatte, wurde mit einer handschriftlichen Botschaft beklebt: „Surfing is not a crime“, steht dort. Also: Surfen ist kein Verbrechen.

„Surfen ist kein Verbrechen“, lautet die Botschaft an diesem Schild am Ufer.„Surfen ist kein Verbrechen“, lautet die Botschaft an diesem Schild am Ufer. (Foto: René Hofmann)Vor Kurzem war das gleiche Schild noch Blumen-gesäumt.Vor Kurzem war das gleiche Schild noch Blumen-gesäumt. (Foto: René Hofmann)

Die Plakate wurden am Samstag von vielen Schaulustigen wahrgenommen. Sie markieren die nächste Stufe der Eskalation. Nachdem im Laufe der Woche ein Mann beim Surfen auf der Welle fotografiert worden war, hatte Dominik Krause, Reiters Stellvertreter von den Grünen, erneut an die Geduld der Surfer appelliert: „Das ist auch eine Frage des Respekts gegenüber dem Opfer und den Einsatzkräften nach dem tragischen Unfall“, hatte Krause gesagt.

Die Sperre werde weiter von der Stadtverwaltung kontrolliert. Bei Verstößen werde sie die Polizei hinzuziehen, um Bußgelder zu verhängen. Deren Höhe: bis zu 50 000 Euro.