Kritik kann manchmal einfach leise in einem Nebensatz auftauchen. So wie in der Vorlage des Leipziger Finanzdezernats „Aktualisierung Investitionsprogramm 2025/2026ff.“. Diese Vorlage war notwendig geworden, weil Leipzigs Doppelhaushalt für die Jahre 2025/2026 haarscharf an der Genehmigungsfähigkeit entlang schrammt. Die laufenden Aufwendungen im Haushalt sind drastisch gestiegen. Investitionen kann Leipzig nur noch mit hohen Kreditaufnahmen stemmen. Aber die Genehmigungsbehörde, die Landesdirektion Sachsen, will auf dem Papier Anstrengungen sehen, dass Leipzig seine Ausgaben trotzdem kürzt.
Und das betrifft auch die geplanten Investitionen. Investitionen haben es an sich, dass sie viele Jahre Vorlauf haben, meist von Fördergeldern abhängig sind und einen enorm langen Genehmigungsweg haben. Da passiert es fast automatisch, dass sie dann, wenn sie endlich genehmigt sind, deutlich teurer wurden als ursprünglich geplant.
Ein Effekt davon ist, dass Stadt und Stadtrat zwar durch mühsame Arbeit hinbekommen, ein Investitionsprojekt nach dem anderen zur Genehmigungsreife zu bringen. Doch viele dieser Projekte stecken dann auf einmal im Stau. Mal fehlen Baufirmen. Mal fehlen Fördermittel, mal sind andere Bauprojekte wichtiger.
Da kann Leipzig zwar mit glänzenden Investitionszielen ins Jahr starten. Am Ende aber werden viele der geplanten Projekte in diesem Jahr nicht umgesetzt und in die Folgejahre verschoben. Es entsteht der Effekt der berühmten Haushaltsausgabenreste, die Finanzbürgermeister Torsten Bonew Jahr für Jahr bilanziert.
Weshalb für den Haushalt 2025/2026 nun erstmals beschlossen wurde, die ganzen Investitionsvorhaben unterm Aspekt ihrer Umsetzbarkeit unter die Lupe zu nehmen und – wo möglich – Investitionen zu vertagen und damit die notwendigen Kreditermächtigungen zu reduzieren.
Investitionsprogramm unter der Lupe
Das Finanzdezernat beschreibt das in seiner Vorlage so: „Zur Reduzierung der notwendigen Kreditermächtigungen und damit verbundenen Kreditfinanzierung als Beitrag zum freiwilligen Haushaltssicherungskonzept wurde verwaltungsintern nochmals das Investitionsprogramm der Stadt Leipzig hinsichtlich realistischer Mittelabflüsse und tatsächlicher Mittelbedarfe geprüft. Ein wesentlicher Kritikpunkt der Rechtsaufsichtsbehörde aus den Vorjahren war die enorme Abweichung zwischen den geplanten Auszahlungsansätzen, dem tatsächlichen Ist und den Mittelübertragungen. Das führte u. a. zu aufschiebenden Bedingungen der Genehmigung der Kreditermächtigung 2024, deren Freigabe erst am 03.12.2024 erfolgen konnte.“
Die Rechtsaufsichtsbehörde – also die Landesdirektion Sachsen – schaut sich dabei eben nicht an, wie dringend notwendig die Investitionen sind. Ihr geht es nur um das Ziel der Schuldenvermeidung. Ob da der Freistaat nun mit Fördermitteln hilft oder auch nicht. Und schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Freistaat bei Fördermitteln in den nächsten Jahre regelrecht knausern wird.
Weshalb in der Vorlage des Finanzdezernats auch der ziemlich deutliche Passus steht: „Die im Haushaltsplanentwurf 2025/2026ff. enthaltenen Investitionsvorhaben basieren auf teilweise überholten Annahmen. Zahlreiche Maßnahmen haben dabei nicht den Stand erreicht, der die geplanten Auszahlungsansätze ermöglicht.
Dazu kommen weitere Verzögerungen, die sich aus den Restriktionen der vorläufigen Haushaltsführung bis zur Genehmigung und Auslegung des Haushaltsplanes ergeben. Gleichzeitig ist erkennbar, dass unterstellte Einzahlungen aus Fördermitteln nicht in den prognostizierten Größenordnungen eintreten werden oder Mehrkosten anfallen.“
Gerade im letzten Satz steckt eine veritable Kritik an der Knauserpolitik des Freistaats, der seine Fördermittel drastisch reduzieren will.
Da hört man zwar die Hoffnungen des OBM auf das Sondervermögen der Bundesregierung, mit dem 500 Milliarden Euro für Investitionen ins Land gepumpt werden sollen. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass dieses Geld letztlich nur die Löcher stopft, die durch Haushaltskürzungen an anderer Stelle erst erzeugt werden.
Man kann das alles auch finanzielle Nonsens-Politik kennen.
Verschoben in künftige Haushalte
Für Leipzig bedeutet das, dass die Stadt im Jahr 2025 rund 85 Millionen Euro weniger investieren wird, als noch im Haushaltsplanentwurf für 2025 angegeben, 2026 werden es rechnerisch rund 65 Millionen Euro sein.
Was vor allem dadurch passiert, dass eigentlich geplante Vorhaben schlicht in die Folgejahre verschoben werden, teilweise völlig aktualisiert werden müssen, weil sich die Rahmenbedingungen verändert haben. Der Vorlage hing eine lange Liste mit diesen zu konkretisierenden Vorhaben an.
Und die Linke-Fraktionsvorsitzende Franziska Riekewald mahnte in der Ratsversammlung am 21. Mai zu Recht an, dass diese Verschiebung der Maßnahmen nicht bedeuten darf, dass diese dann gar nicht umgesetzt werden. Etwas, was Finanzbürgermeister Torsten Bonew zusagte.
Insgesamt wurden die Planansätze für 2025, 2026 und die Folgejahre um rund 150 Millionen Euro verändert – was im Wesentlichen bedeutet: abgesenkt. Die theoretischen Möglichkeiten der Stadt, Geld auszugeben, sind dadurch wesentlich enger geworden. Viele eh schon immer wieder verschobene Projekte werden weiter in die Zukunft verschoben.
Leipzig kommt mit diesem Konsolidierungspaket, das am 21. Mai mit zehn Enthaltungen vor allem aus der Linksfraktion beschlossen wurde, einer Haushaltsgenehmigung ein Stück näher.
Aber es zeichnet sich jetzt schon ab, dass damit der Investitionsstau, den auch Leipzig vor sich herschiebt, noch viel langsamer abgebaut wird als in den letzten Jahren. Die völlig verfehlte deutsche Fiskalpolitik schlägt nun mit voller Wucht bis in die Kommunen durch. Und das viel gepriesene 500-Milliarden-Sondervermögen ist schlicht nur ein schlechter Witz, der den Blick darauf verstellt, dass Deutschland sich mit einer falschen Steuerpolitik zum Sanierungsfall gespart hat.