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Ich bin ein Bergmensch. Während andere es beim Blick auf das Meer kaum erwarten können, sich in die Fluten zu stürzen, überlege ich, sobald ich einen Berg sehe, wann und wie ich ihn wohl erklimmen könnte.

Die armenische Hauptstadt Eriwan, wo ich diese Woche für den Yerevan Dialogue war, ist für solche Gedankenspiele ein perfekter Ort. Denn der Ararat thront als ultimatives Wahrzeichen über der Ein-Millionen-Stadt.

Blick auf den Ararat von der armenischen Hauptstadt Eriwan.

© imago/imagebroker / imago stock

Auf diesem Berg landete laut biblischer Überlieferung nach der Sintflut die Arche Noah. Für viele Armenier ist der Fünftausender, der auf türkischem Staatsgebiet liegt, ein emotionaler Sehnsuchtsort.

Vor dem Gipfel im nächsten Jahr EU muss zwischen Armenien und Aserbaidschan Frieden schaffen Frieden im Südkaukasus?

Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot sieht Armenien und den Südkaukasus als „die Schlüsselregion, die die EU mit dem Osten verbindet“. Doch angesichts der Territorialstreitigkeiten zwischen Armenien und Aserbaidschan ist die Region seit vielen Jahren von Gewalt und Konflikt gezeichnet.

Bei unserer Diskussion in Eriwan forderte Barrot beide Länder auf, zügig das Friedensabkommen zu unterzeichnen, über das derzeit verhandelt wird. Es bilde die Grundlage für Sicherheit und Stabilität in der Region. Sein armenischer Amtskollege Ararat Mirzoyan signalisierte seine Bereitschaft und warnte: „Wenn der Zeitpunkt jetzt verpasst wird, kann ich mir kaum vorstellen, wann wir den Friedensprozess wieder aufnehmen können.“

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Mirzoyans Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Es ist die pro-westliche Regierung, die derzeit den Friedensprozess vorantreibt, während die pro‑russische Opposition versucht, ihn zu blockieren. Auch in Armenien gibt es einen Lagerkampf, wie er aktuell in vielen Ländern zu beobachten ist: zwischen denjenigen, die eine stärkere Hinwendung nach Europa befürworten, und denen, die dies ablehnen.

Willkommen im Club: Premiere für Alice Weidel

Wie gut die Feinde der EU weltweit vernetzt sind, ließ sich diese Woche in Budapest beobachten. Dort trafen sich rechtspopulistische Kräfte von Argentinien bis Österreich bei der europäischen Ausgabe der CPAC – der amerikanischen Conservative Political Action Conference.

Gastgeber Viktor Orbán präsentierte einen „Patrioten-Plan für Europa“. „Wir wollen Europa von den Migranten zurückerobern“, hetzte der ungarische Ministerpräsident. Er forderte ein Ende der gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzpolitik der EU. Eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine lehnte er kategorisch ab – denn dadurch würde Europa eine „neue Ostfront“ aufmachen. Von Donald Trump erbat Orbán Hilfe im „europäischen Kampf“. Der US-Präsident wird es zweifellos mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben.

Für AfD-Chefin Weidel ist Viktor Orbán ein „Leuchtfeuer der Freiheit“ und Ungarn ein „großes Vorbild“ für patriotische Politik in Europa. 

© dpa/Noemi Bruzak

Zum ersten Mal durfte mit Alice Weidel eine Vertreterin der AfD bei der Konferenz sprechen. Die AfD-Chefin bezeichnete Orbán als „Leuchtfeuer der Freiheit“ und Ungarn als „großes Vorbild“ für patriotische Politik in Europa. Die AfD sei „die kommende Regierungspartei“. Dann werde Deutschland dem Pfad von Ungarn folgen. Dazu zähle auch, die Beziehungen zu Ländern wie den USA, Russland und China „deutlich zu verbessern und zu reparieren“.

Karlspreis für … Donald Trump?

Offenkundiger könnten die Widersprüche, die Europa derzeit prägen, kaum sein: Während man in Budapest plante, wie man die EU am besten spalten und schwächen könnte, wurde in Aachen Ursula von der Leyen dafür ausgezeichnet, dass sie genau das zu verhindern sucht. Sie erhielt am Donnerstag den Karlspreis. In seiner Laudatio nannte Bundeskanzler Friedrich Merz die EU-Kommissionspräsidentin „eine starke Vertreterin eines starken Europas“.

Karlspreis für EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen fordert „unabhängiges Europa“

Die Preisträgerin warnte vor „Großmächten, die bereit sind, alle lauteren und unlauteren Mittel einzusetzen, um sich einen Vorteil zu verschaffen“. Noch in diesem Jahrzehnt werde es eine neue internationale Ordnung geben. Und die müsse von Europa gestaltet werden.

„Trump is making Europe great again“, konstatierte Ann Mettler, ehemalige Generaldirektorin des EU-Thinktanks European Political Strategy Centre, bei der phänomenalen TECH-Konferenz, die unsere Handelsblatt-Kollegen diese Woche in Heilbronn auf die Beine gestellt haben. Ob Donald Trump für seine Bemühungen um die europäische Einheit auch irgendwann einmal den Karlspreis verliehen bekommt?

Showdown in Polen

Für oder wider ein starkes Europa – das ist die Frage, die an diesem Sonntag in Polen eigentlich auf dem Wahlzettel steht. In der Stichwahl um die Präsidentschaft treten für das Regierungslager der Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski und für die PiS der Historiker Karol Nawrocki gegeneinander an. Das Ergebnis wird zeigen, ob die Polen hinter dem pro-europäischen Kurs von Ministerpräsident Donald Tusk stehen oder ob sie erneut die rechts-nationalistische PiS stärken wollen.

Polen wählt einen neuen Präsidenten „Das deutsche Überlegenheitsgefühl ist komplett unangemessen“

Wohl kaum ein Zufall, dass die CPAC am Dienstag vor ihrer Konferenz Ungarn ihr erstes Treffen in Polen abhielt. Aus ihrer Wahlempfehlung machte die US-Heimatschutzministerin Kristi Noem dort keinerlei Hehl.

Sie nannte Trzaskowski eine „absolute Katastrophe als Anführer“. Nawrocki dagegen würde Polen „auf ähnliche Weise wie Trump“ regieren. „Er muss der nächste Präsident von Polen werden. Habt Ihr mich verstanden?“, fragte sie die Anwesenden – unmissverständlich.

Verliert der liberale Kandidat Rafal Trzaskowski, „droht dem politischen Projekt der Regierung Tusk ein bitteres Ende“, prognostiziert Piotr Buras vom European Council on Foreign Relations in Warschau. Lesen Sie hier die Analyse meines Kollegen Christoph von Marschall. 👇

Stichwahl um Präsidentenamt Polen und Europa zittern um die Wette

Als leidenschaftliche Europäerin freue ich mich umso mehr, ab Sonntag meine Europareise fortsetzen zu dürfen. Beim Women, Peace and Security Summit im Kosovo werde ich mit Jessica Smith, Adrijana Bećirović, Özge Genç, Aigul Kulnazarova und Zillur Rahman über Freiheit in Zeiten von Unsicherheit diskutieren.

Wie viel Integration braucht es in Europa und wie viel Souveränität ist möglich? Darüber werde ich mich mit Wolfgang Schüssel, Gabriel Felbermayr, Othmar Karas, Katrin Praprotnik und Hubert Patterer beim Pfingstdialog des Club Alpbach Steiermark austauschen. Den Livestream können Sie hier verfolgen.

Das war’s von mir für heute. Alles Gute und ein schönes Wochenende.

Herzlich

Ihre Anja Wehler-Schöck

P.S.: Vielen Dank an Johannes Altmeyer fürs Feedback und an Katrin Schuber für die Graphik!