Immer mehr Menschen greifen in der Natur zur Kamera – nicht alle halten sich an Regeln. In Schutzgebieten häufen sich Störungen.
Fotos und Videos von Wildtieren erfreuen sich in den sozialen Medien großer Beliebtheit. Für viele Menschen gehört es dazu, dass Erlebte und Gesehene mit dem Smartphone zu dokumentieren. Doch genau das kann für die Natur und die Wildtiere zum Problem werden. Manche Menschen nehmen beim Fotografieren von Tieren oder Pflanzen keine Rücksicht auf den Naturschutz: Sie stören Birkhühner während ihrer Balz, durchqueren empfindliche Biotope auf der Suche nach einer schönen Orchidee oder lassen Drohnen über Storchennestern fliegen. Fachleute warnen vor den möglichen Folgen, manche Naturschutzgebiete ziehen bereits Konsequenzen.
Fotografie gefährdet seltene Vogelarten
Bei seltenen Vogelarten kann die Störung durch Fotografen zum Verlust der Brut führen. Bei Felsbrütern wie dem Uhu sind zum Beispiel Fälle bekannt, in denen die Vögel die Brut abgebrochen haben. Ähnliches wurde auch bei Nisthöhlen des Raufußkauzes beobachtet. Um die Vögel zu schützen, wurde auf der Vogelbeobachtungsplattform Ornitho.de die Veröffentlichung von Beobachtungen der Sumpfohreule während der Brutzeit ausgesetzt – um Belagerungen durch Fotografen zu verhindern. Auch der seltene Fischadler ist gefährdet: Ihm wurde sogar mit Drohnen nachgestellt. In mehreren Fällen kam es nachweislich zu Brutverlusten. Auch das Balzverhalten von Arten wie dem Birkhuhn gerät zunehmend in den Fokus der Fotografen. Diese dringen für ihre Bilder teils gezielt in Brutgebiete vor – ein klarer Verstoß gegen Schutzvorgaben, warnt Henning Werth, Ranger in den Allgäuer Hochalpen.
Doch nicht nur Tiere sind betroffen. Auch landschaftliche Fotomotive sorgen für Probleme. Besonders der Frauenschuh, eine geschützte Orchideenart, zieht viele Besucher an. Statt vom Weg aus zu fotografieren, laufen manche querfeldein – mit sichtbaren Folgen: Es entstehen Trittschäden, es kommt zur Erosion, und die empfindliche Vegetation an den steilen Hängen wird gestört.
Naturfotografen kennen die Problematik
Auch die Gesellschaft für Naturfotografie (GDT) ist sich der Probleme bewusst, die Hobbyfotografen verursachen können. „Seltene oder besonders attraktive Arten liegen schon lange hoch im Kurs, allerdings ist mit einem Foto dieser Arten oft ein hoher Aufwand verbunden.“ Bestimmte Orte würden mittlerweile regelrecht überrannt, da alle dasselbe Motiv ablichten möchten. Auch dieser Trend wird in der GDT heiß diskutiert. Jedoch hat laut Satzung die Achtung vor dem Leben bei der fotografischen Arbeit Vorrang: Geltende Gesetze im Natur- und Artenschutz seien im In- und Ausland einzuhalten. Zudem arbeitet ein neuer Arbeitskreis derzeit an ethischen Leitlinien.
Maßnahmen zum Schutz der Tiere
Um der Entwicklung in der Naturfotografie entgegenzuwirken, setzen Gebiete wie der Müritz-Nationalpark auf regulierte Führungen. Das sogenannte Kranichticket soll Besucherströme zu den Rastplätzen der Kraniche besser lenken. Sichtschirme und Aussichtstürme helfen dabei, Tierbeobachtungen zu ermöglichen, ohne die Tiere zu stören. Auch in den Alpen hat man sich ein Konzept überlegt: Dort führen die Alpinium-Ranger im zweitgrößten Naturschutzgebiet Bayerns Führungen zu den „Big Five“ durch. Dabei stehen statt afrikanischem Großwild die fünf großen Charakterarten der Alpen – Steinadler, Gams, Steinbock, Murmeltier und Alpenschneehuhn – auf dem Programm.
Trotz einzelner Verstöße zeigt sich die Mehrheit der Naturfotografen verantwortungsvoll und hält sich an die Regeln. Die Naturfotografie ist ein Risiko, aber auch eine Chance. Wenn sich die Fotografen so verhalten, dass sie nicht stören, tragen sie mit ihren Bildern zur Wertschätzung der Natur bei. Der Wunsch nach dem perfekten Bild darf jedoch nie zulasten der Natur gehen. Ein gelungenes Naturfoto entsteht dann, wenn es mit Abstand und Respekt gemacht wird – zum Wohl der Tiere, Pflanzen und Lebensräume.